13.41

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben jetzt vier Jahre lang bewiesen, dass Sie es nicht können. Sie haben nämlich nicht nur die Probleme der Menschen nicht gelöst, sondern Sie haben durch Ihre Art, Politik zu machen, die Probleme der Menschen sogar laufend vergrößert, sehr geehrte Damen und Herren.

Damit meine ich jetzt nicht nur die Österreichische Volkspartei und die Grünen: Immer mit dabei, wenn es für die österreichische Bevölkerung richtig grauslich geworden ist, waren die Roten und die NEOS, egal ob das der Corona­wahnsinn war (Beifall bei der FPÖ – Abg. Schmuckenschlager: Selber immer ...!) – so viel im Übrigen zum Thema Rechtsstaat und Demokratie, das brauchen Sie in diesem Haus gar nicht mehr anzuschneiden (Abg. Erasim: Danke an die FPÖ für die Gesundheitsmilliarde! Danke an die FPÖ für die Gesundheitsmilliarde! Danke, danke!) – oder auch, wenn es sich um die Sanktionen dreht und darum geht, Österreich in einen Wirtschaftskrieg zu führen, und bei all den Punkten, die schlussendlich in die Teuerung münden.

Sehen Sie, sehr geehrte Damen und Herren, das ist dann auch der Grund, warum Ihnen die Menschen davonlaufen und sogar schon Ihre Kernwähler gegen Sie aufstehen, wie zum Beispiel gestern die Bauern, die gemeinsam mit ihren Familien vor dem Landwirtschaftsministerium gegen Ihre Politik (Abg. Michael Hammer: Die freiheitlichen Bauern! Schmiedlechner und seine Freunde!), gegen die Teuerung und gegen das Bauernsterben demonstriert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Und was machen Sie in Ihrer Panik? – Die ÖVP oder diese Regierung beginnt nicht, zu arbeiten und die Probleme in Angriff zu nehmen. Nein! Der Bundes­kanzler in seiner Rede, der Sozialminister in seiner Rede und Frau Kollegin Maurer beginnen, Herbert Kickl anzugreifen, und nicht damit, die Probleme, die die Bevölkerung längst hat, in Angriff zu nehmen. Das Ganze ist ja insofern noch nachvollziehbar, als Sie halt nicht damit umgehen können, dass Herbert Kickl dazu bereit ist, die Arbeit zu erledigen, bei der Sie seit vier Jahren versagen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Nehammer.)

Was aber – Herr Kanzler, danke, dass Sie gerade auf sich aufmerksam machen – dann nicht mehr zusammenpasst und für niemanden draußen, der das auf offener Bühne beobachtet, mehr nachvollziehbar ist, ist, dass Sie als Kanzler dann gleichzeitig selbst zum größten Fanboy von Herbert Kickl mutieren (Heiterkeit bei der ÖVP), zum größten Fan von Herbert Kickl – mehr sogar noch: Ja, Sie kopieren ihn, Sie wären gerne so wie Herbert Kickl, und Sie machen ihn nach und schreiben von ihm ab. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Der will ja selbst gar nicht so sein wie der Kickl, der mag sich ja selbst nicht! Der ist ja selber nicht zufrieden mit sich!)

Das ist für jeden draußen nachvollziehbar: kopieren, was die Mietpreisbremse betrifft, kopieren, was das Thema Zuwanderung betrifft, kopieren, was die Pflege betrifft, kopieren, was das Bargeld in der Verfassung betrifft und, und, und. – Kopieren, kopieren, kopieren, sehr geehrte Damen und Herren, es gelingt Ihnen nur nicht, das ist Ihr Problem, weil Sie immer dann aufhören und umfallen, sobald Sie irgendeine billige Schlagzeile produziert haben. Sehen Sie, Herr Nehammer, das ist der Unterschied zwischen Herrn Kickl und Ihnen (Heiterkeit bei der ÖVP): Er will die Probleme lösen, Sie wollen dampfplaudern und Schlagzeilen produzieren, mehr nicht, und das haben Sie jetzt vier Jahre lang bewiesen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Bundeskanzlers Nehammer und des Bundesministers Kocher. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller. – Abg. Michael Hammer: Die Blase tut schon weh, wo ihr drinnen seids!)

Da ist die Sozialdemokratie ehrlicher. Herr Babler hat sich wenigstens gleich von Anfang an als politischer Geisterfahrer geoutet, wenn er zum Beispiel die Teuerung durch neue Steuern und neue Belastungen lösen will. Da hilft es auch nichts, wenn Sie beginnen, rechtschaffene Unternehmer anzugreifen, weil Sie glauben, dann merken die Menschen nicht, was dort, wo die SPÖ regiert, los ist, zum Beispiel in Wien (Abg. Kucher: Was ist denn in Niederösterreich? Was ist denn in Niederösterreich?), wo sich fast niemand mehr die Mieten und, und, und leisten kann, sehr geehrte Damen und Herren.

Bei einem finden Sie sich aber beide: wenn Sie trotz Teuerung, um Ihre Privile­gien zu erhalten, den Zwangsbeitragszahlern in die Tasche greifen und ihnen das Geld aus der Tasche ziehen – Stichwort Wirtschaftskammer und Stichwort Arbeiterkammer. Alle kennen wir die Schlagzeilen: 100 Millionen Euro Mehrein­nahmen in der Wirtschaftskammer (Abg. Erasim: Da zeigen Sie, welch Geistes Kind Sie sind, bei diesen Themen! Da zeigen Sie Ihr wahres Gesicht!), 1,9 Milliarden Euro Rücklagen, gepaart mit Abgehobenheit und Luxusgagen, rückabge­wickelten Luxuspensionen (Abg. Erasim: Arbeiterverräterpartei FPÖ!) und, weil die SPÖ in der Arbeiterkammer das Sagen hat, natürlich mit Millionen an Spekulationsverlusten.

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt ist es Zeit für die Nagelprobe. Jetzt machen wir die Nagelprobe, ob Sie in der Österreichischen Volkspartei, aber auch in der Sozialdemokratie bereit sind (Zwischenruf des Abg. Zarits), während der Teuerung wenigstens auf Ihre eigenen Privilegien zu verzichten. Sie glauben immer, Sie können den Menschen draußen Sand in die Augen streuen.

Deshalb bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Privilegien, Parteipolitik, Spitzengagen und Zwangsmitgliedschaft in der Arbeiter- und Wirtschaftskammer!“ (Abg. Disoski: Wie ist das in Salzburg und in Niederösterreich mit den Spitzengagen? Und in Oberösterreich?)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Maßnahmen beinhaltet:

- Evaluierung und Senkung der Arbeiterkammerumlage und der Wirtschafts­kammerbeiträge

- Senkung der Gehälter und Funktionsgebühren für AK- und WKO-Präsidenten sowie AK- und WKO-Direktoren bzw. Generalsekretäre durch eine Angleichung an das Gehaltschema des öffentlichen Dienstes“ (Abg. Erasim: Die Zerschlagung der Arbeiterinteressenvertretung wird ganz vielen arbeitenden Menschen helfen, genau! Das ist Ihre Politik!)

„- Solidarbeitrag“, sehr geehrte Sozialdemokraten, „aus den Rücklagen der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer an ihre Mitglieder in Zeiten der Teue­rungswelle

- Entparteipolitisierung der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer und Weiterentwicklung zu einer tatsächlichen Service- und Vertretungseinrichtung

- Verankerung einer ‚Opting out‘-Möglichkeit“ (Abg. Herr: Die FPÖ gegen die Arbeiterkammer, das hilft den Beschäftigten, genau!) „von der Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer für Arbeitnehmer und Unternehmer“

*****

Somit könnten die Arbeitnehmer und Unternehmer wenigstens aussteigen, wenn sie nicht mehr bereit sind, Ihren Sumpf und Ihre Privilegien zu finanzieren. (Abg. Erasim: Jetzt zeigen Sie mit der Fackel in der Hand Ihr wahres Gesicht!)

Das ist die Nagelprobe, und heute können Sie zeigen, wie es um Ihre Privilegien wirklich steht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Herr: Die Arbeiterkammer ...! – Abg. Kickl: Ja, ja, die sozialistischen Fackelträger, Kinderfreunde, die Sozialistische Jugend, ach Gott! Alle mit Fackeln! Ich bringe Ihnen das nächste Mal die Bilder mit!)

13.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Peter Wurm 

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schluss mit Privilegien, Parteipolitik, Spitzengagen und Zwangsmitglied­schaft in der Arbeiter- und Wirtschaftskammer!

eingebracht im Zuge der Verhandlung über den Dringlichen Antrag der Abg. Jan Krainer und weiterer Abgeordneten betreffend Rekordteuerung für unsere Leute, Rekordgewinn für Konzerne und Sommerurlaub für die Regierung. Schluss damit! in der 228. Sitzung des Nationalrats am 30. August 2023.

Österreich befindet sich seit Frühjahr 2020 in Folge der Corona-Maßnahmen, der Sanktionspolitik im Zuge des Ukraine-Kriegs und einer im europäischen Vergleich Mega-Inflation in einer schweren Wirtschafts- und Konsumkrise. Durch eine anhal­tende Teuerungswelle bei Wohnen, Energie und den Konsumgütern des täglichen Gebrauchs können sich immer mehr Menschen das Leben nicht mehr leisten und befinden sich in einer ökonomischen Existenzkrise. Diese Entwicklung reicht von den kleinen Einkommensbeziehern über die Pensionisten und Familien bis hinein in den Mittelstand. Viele dieser Entwicklungen wurden und werden durch anhaltend falsche politische Entscheidungen der österreichischen Bundesregierung, etwa durch die CO2-Bepreisung, auch noch weiter befeuert.

Die österreichischen sogenannten „Interessensvertretungen“ mit Zwangsmitglied­schaft wie die Arbeiterkammer oder die Wirtschaftskammer verschweigen sich hier oder machen sich sogar in fortgesetztem Maße und über viele Jahre zum Handlanger der österreichischen Bundesregierung wie etwa bei den Corona-Maßnahmen, der Sanktionspolitik oder der CO2-Bepreisung. Sie stellen sich hiermit tatsächlich gegen die Interessen Ihrer Zwangsmitglieder und kassieren diese gleichzeitig auch noch kräftig ab. Und in der Tagespolitik agieren Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer immer wieder als parteipolitische Filialbetriebe ihrer Mehrheitsfraktionen Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (AK) bzw. ÖVP-Wirtschaftsbund (WKÖ).

Arbeiterkammer:  100 Millionen Euro Mehreinnahmen bis 2024 

Während Arbeitnehmer und ihre Familien unter der Inflation leiden, freut sich die SPÖ-dominierte Arbeiterkammer gleichzeitig über stark steigende Zwangsmitglieds-beiträge. Diese Zwangsmitgliedsbeiträge werden Monat für Monat mit den Sozialversicherungsbeiträgen von Löhnen und Gehältern abgezogen und profitieren von den Lohnanpassungen. Bis 2024 rechnet man mit Mehreinnahmen von bis zu 100 Millionen Euro – und somit insgesamt mit gut 700 Millionen Euro an Jahreseinnahmen. Die Mehreinnahmen fließen unter anderem in eine sogenannte „Rücklage“ für die Arbeiterkammerwahlen 2024. Diese Wahlkampf-Rücklage ist um die Hälfte höher als vor den letzten Wahlen im Jahr 2019.1

Spekulationsverluste mit Arbeiterkammergeldern – Spitzengage für Direktorin

5,3 Millionen Euro – diese gewaltige Summe verspekulierte die Arbeiterkammer in nur einem Jahr auf den internationalen Finanzmärkten. Die AK Wien vernichtete mit 2,9 Millionen Euro die größte Summe, gefolgt von der AK Niederösterreich mit 1,1 Millionen Euro, der AK Steiermark mit 1,0 Millionen Euro, der AK Burgenland mit 237.000 Euro und der AK Kärnten mit 119.000 Euro. Aktuell sollen immer noch 40 Millionen Euro an Arbeiterkammergeldern in Wertpapieren veranlagt sein. „Mono­poly-Geld“ aus Zwangsmitgliedsbeiträgen, mit dem weiter spekuliert werden kann.2 Gleichzeitig kassieren hauptamtliche AK-Spitzenfunktionäre wie die Wiener AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank laut Medienberichten nicht weniger als 19.300 Euro Monatsgehalt, wieder finanziert aus den Zwangsmitgliedsbeiträgen der Arbeitnehmer.3

Wirtschaftskammer sitzt auf Rücklagen von 1,9 Milliarden Euro

Die Rücklagen der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) haben 2022 einen Wert von 1,924 Milliarden Euro erreicht. Das ist deutlich mehr als die 1,3 Milliarden Euro an Aufwendungen. Im Jahr 2020 summierten sich die Rücklagen bereits auf 1,65 Milliarden Euro, im Jahr 2021 auf 1,78 Milliarden Euro. Diese Beträge sind deutlich höher ausgefallen, als die WKÖ mit Verweis auf ihre eigene Haushaltsordnung als vorzuhaltende Reserve angibt. Richtwert für die Höhe der sogenannten Ausgleichsrücklage wäre demnach lediglich der Jahresbedarf für Personal und Sachkosten. Und der liegt deutlich darunter.4

Mehrbelastungen durch inflationsbedingt steigende Kammerbeiträge

Die enorme und ständig steigende Teuerung, der die Österreicher seit vielen Monaten ausgesetzt sind, hat indirekt auch Auswirkungen auf die Wirt­schaftstreibenden und Unternehmer, die als Mitglieder der Wirtschaftskammern Zwangsbeiträge abliefern müssen. Durch die Teuerungen erhöhen sich auch die der Berechnung der Kammerumlagen zugrundeliegenden Bemessungs­grund­lagen, die unter anderem auf der dem Kammermitglied in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (KU1) bzw. der Lohnsumme (KU2) beruhen. Somit erhöhen sich mit jeder Teuerung auch die den Kammermitgliedern in Rechnung gestellten Kammerbeiträge.

Dies führt für die Unternehmer zusätzlich zu den derzeit bestehenden wirtschaft­lichen Unsicherheiten zu steigenden finanziellen Belastungen durch höhere Kammerbeiträge. Damit verdienen neben dem Finanzminister insbesondere auch die Wirtschaftskammern Österreich an der derzeit enormen Teuerung und Infla­tion, wie jüngst bekannt gewordene Zahlen eindrucksvoll bestätigen:5

Seit 2020 geht es besonders stark nach oben. (…) Die Einnahmen aus Pflichtbei­trägen der WK betrugen 2022 insgesamt rund 876 Millionen Euro. Laut Agenda Aus­tria wird erwartet, dass diese bis 2024 um mehr als 100 Millionen auf 980 Millionen Euro steigen. Die Einnahmen der WKO steigen damit laut Agenda Austria stärker als die Inflation.

Ein Antrag der FPÖ betreffend keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kam­merbeiträge wurde von den Regierungsparteien sowie der SPÖ im Nationalrat noch am 17. November 2022 abgelehnt.

Wie entsprechende Schlagzeilen eindrucksvoll bestätigen, werden diese Einnahmen von den Wirtschaftskammern auch dringend benötigt:6

Um deren standesgemäße Kontakte zu Wirtschaft und Politik in Metropolen wie Schanghai, Hongkong, Moskau oder New York und damit den Export zu fördern, steuerte die WKO im Jahr 2019 exakt 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Yacht- oder Sportvereinen bei. Auch die Zugehörigkeit zu Rotary-Vereinen wird unterstützt.

Wenn dann in einer Reaktion der Generalsekretär der WKO, Karlheinz Kopf, gegen­über der „Kleinen Zeitung“ vom 18. April 2021 mitteilte, dass es auch zweckmäßig sein könne, beispielsweise „Mitgliedschaften in Sportvereinen wie Golfklubs zu übernehmen“,7 so kann das nur als Schlag ins Gesicht der Unternehmer bezeichnet werden, die als Zwangsmitglieder jährlich enorme und durch die Teuerung weiter steigende Zwangsbeiträge an die Kammern entrichten müssen.

Diese Wortmeldung von Karlheinz Kopf veranlasste damals auch die Bundesvor­sitzende der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth, zu einer kritischen Reaktion in der Kleinen Zeitung vom 19. April 2021:8

Jungwirth stört die „Überheblichkeit“, mit der WK-Generalsekretär Karlheinz Kopf und WK-Präsident Harald Mahrer Kritik vom Tisch wischten, „als wäre das Bezahlen von Golfklubmitgliedschaften das Normalste der Welt. Kein Unternehmen kann so wirtschaften, warum eine Interessenvertretung?“, fragt Jungwirth. „Gerade wenn man weiß, wie letztes Jahr WK-Mitglieder, die jeden Cent umdrehen müssen, mit den Grundumlagen geknebelt wurden, während in der Kammer geklotzt wird.“

Sonderpension für WKO-Generalsekretär Kopf musste rückabgewickelt werden

Seit dem 1. Juli 2018 ist Karlheinz Kopf Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, zwei Monate zuvor wurde Harald Mahrer zum Präsidenten der Österreichischen Wirtschaftskammer ernannt. Bis November 2017 war Kopf Zweiter Präsident des Nationalrates, sein ÖVP-Parteikollege Harald Mahrer war bis Ende 2017 Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.

Nahezu zeitgleich haben die ehemals hohen Parteifunktionäre der ÖVP demnach ihre neuen Positionen als höchste Vertreter für die Interessen von 540.000 österreichischen Mitgliedsbetrieben der WKO angetreten.

Als eine der ersten Amtshandlungen hat Wirtschaftskammerpräsident Mahrer Kopf – noch vor „Dienstantritt“ – mit einer Sonderpension von 252.211 Euro bedacht, wie ein Vertrag, der in der „Kronen Zeitung“ vom 21.01.2023 abgedruckt wurde, zeigt.9 Im Zuge der Pensionsreform der WKO wurde per 1.1.2012 festgelegt, dass es für neu eintretende Mitarbeiter keine Pensionskassenzusagen – somit auch keine Sonder­pensionen – mehr gibt. „Sie erhalten somit ausschließlich die gesetzlichen Pensionsleistungen.“10

Die Sonderpension in Höhe von 252.211 Euro, die für Generalsekretär Karlheinz Kopf überwiesen wurde, hätte dementsprechend nicht gewährt werden dürfen. Wie die Wirtschaftskammer mittlerweile verlautbaren ließ, wurde der Deal 2021 bereits rück­abgewickelt, nachdem der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts die Ver­einbarung angezweifelt hatte.

Zwangsmitglieder finanzieren Gagenparadies in den Kammern

Die „Kronen Zeitung“ vom 15.08.2023 berichtete in diesem Zusammenhang unter dem Titel „Kammern zahlen üppige Gagen“ wie folgt:11

Die Direktoren bei Arbeiterkammer und WKO verdienen so viel wie ein Minister, im Durchschnitt zwischen 14.000 und 19.000 Euro im Monat

Dank der vollen Kassen lassen sich die Kammern auch nicht lumpen, was die Bezahlung ihrer führenden Mitarbeiter betrifft. Die Bezüge der Präsidenten (auch in den Bundesländern) sind zwar an die „Gehaltspyramide“ der Politiker gebunden und dürfen maximal 30% über einem Nationalrat liegen, also bei maximal 13.000 € brutto im Monat.

Anders sieht es bei den „Kammerdirektoren“ aus, also den höchsten Angestellten. Die AK veröffentlicht deren Gehälter sogar auf den Websites (nicht leicht zu finden), die WKO nicht. Doch es sind durchaus üppige Gagen, die einem Ministergehalt entsprechen: Silvia Hruska-Frank, Direktorin der AK Wien und der Bundeskammer, kommt auf 19.365 € brutto, ihre Kolleginnen aus OÖ und NÖ folgen mit je 18.742 € knapp dahinter. Sie fühlt sich nicht überbezahlt: „Wenn man das mit allen Unternehmen vergleicht, die vom Rechnungshof geprüft werden (Anm.: alle, die mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehen), liege ich im guten Mittelfeld.“

Bei der WKO ist Generalsekretär Karlheinz Kopf gleichzeitig Abgeordneter im Nationalrat (9300 € brutto), im Vorjahr kamen zwischen 8000 und 12.000 monatlich (erlaubt sind maximal 180% des Abgeordnetenbezugs) dazu. Ansonsten veröffentlicht nur das kleine Burgenland das Gehalt seines Kammeramts­direktors (ca. 14.000 €), die anderen Landeskammern schweigen sich offiziell aus. Die Größenordnung dürfte aber wie bei den AKs sein.

Arbeitnehmer und Unternehmer brauchen eine Interessensvertretung. Aber diese Interessensvertretung muss sich an den Bedürfnissen und der ökonomischen Situation ihrer Mitglieder orientieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die folgende Maßnahmen beinhaltet:

•          Evaluierung und Senkung der Arbeiterkammerumlage und der Wirtschafts­kammerbeiträge

•          Senkung der Gehälter und Funktionsgebühren für AK- und WKO-Präsidenten sowie AK- und WKO-Direktoren bzw. Generalsekretäre durch eine Angleichung an das Gehaltschema des öffentlichen Dienstes

•          Solidarbeitrag aus den Rücklagen der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer an ihre Mitglieder in Zeiten der Teuerungswelle

•          Entparteipolitisierung der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer und Weiterentwicklung zu einer tatsächlichen Service- und Vertretungseinrichtung

•          Verankerung einer „Opting out“-Möglichkeit von der Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer für Arbeitnehmer und Unternehmer“

1 https://kurier.at/politik/inland/arbeiterkammer-rekordhoehe-ruecklage-wahlen-teuerung/402558317

2 https://exxpress.at/absurd-hohe-gagen-millionen-verluste-rote-arbeiterkammer-verweigert-ruecktritte/

3 https://exxpress.at/19-300-euro-fuer-ak-direktorin-bereits-der-vierte-gagen-skandal-der-arbeiterkammer/

4 https://www.derstandard.at/story/3000000179704/ruecklagen-der-wirtschaftskammer-auf-rekordhoch

5 https://www.nachrichten.at/wirtschaft/arbeiter-und-wirtschaftskammer-einnahmen-steigen-staerker-als-die-inflation;art15,3869287

6 https://www.derstandard.at/story/2000125912058/kritik-an-ausgaben-der-wirtschaftskammer-blick-in-eines-der-letzten

7 https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5967446/WKOe-reagiert-auf-Kritik_Es-kann-zweckmaessig-sein-Kosten-fuer

8 https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5967989/Nach-Pruefbericht_Mitglieder-werden-geknebelt-waehrend-Kammer

9 https://www.krone.at/2909917

10 https://www.wko.at/service/oe/WK-Stellungnahme-zur-RH-Pruefung-der-Pensionsregelungen-der-.pdf

11 https://www.krone.at/3086255

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete.