9.50

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, ich freue mich. Ich freue mich tatsächlich und ich finde es erstaunlich, was in unserem schönen Land möglich ist, wenn die ÖVP in den Wahlumfragen ordentlich unter Druck gerät. (Beifall bei den NEOS.)

Man könnte auf die Idee kommen, dass Österreich wesentlich besser dastünde, würdet ihr in den Wahlumfragen noch mehr absandeln, denn offen­sichtlich wird der Faule am Abend fleißig: eine totale Trendwende, Trendumkehr gegenüber all dem, was wir in den letzten Jahren und Monaten erlebt haben. (Beifall bei den NEOS.)

Ich meine, die Zitate gibt es ja. Weil der Klubobmann der ÖVP August Wöginger Oberösterreich mit der hervorragenden Kinderbetreuungssituation so hervorgehoben hat (Zwischenruf des Abg. Wöginger): Oberösterreich ist absolutes Schlusslicht im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, was die Kinder­betreuungssituation angeht. Es sind in Oberösterreich deutlich weniger Kinder in der Betreuung, gerade Kinder unter drei Jahren, als in den anderen Bundes­ländern. Die Schließtage sind deutlich häufiger. Es gibt viel weniger Kindergärten, deren Öffnungszeiten tatsächlich mit einem Beruf daneben vereinbar sind. Aus oberösterreichischen Gemeinden hören wir seit Jahren Dutzende Hilferufe von Frauen, die sagen: Ich würde gerne mehr Stunden arbeiten, aber der Kindergarten hat nicht offen. Und was haben wir aus Oberösterreich gehört? Der Klubobmann der ÖVP in Oberösterreich hat tatsächlich gesagt, das können Sie nachlesen: „Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ist [...] der direkte Weg zur Zwangsarbeit junger Mütter [...]. (Abg. Herr: Wahnsinn!)

Das ist die Aussage gewesen, die die Politik der ÖVP der letzten Jahre bestimmt hat, auch die aktive Politik, denn: 50 000 zusätzliche Plätze, das ist ein Ziel, ansonsten haben Sie nur einmal vor, Geld auszugeben. Das ist natürlich in puncto Qualität und Ziel, wo wir eigentlich hinwollen, ein bisschen wenig. Aber: Konterkarieren Sie nicht gleichzeitig dieses Ziel mit Ihrer Politik, wie Sie sie in der Koalition mit der FPÖ beispielsweise in den anderen Bundesländern machen?

Auch wieder Oberösterreich: Da wird Geld ausbezahlt, wenn Mütter zu Hause bleiben. Damit konterkariert man ja eigentlich das eigene Ziel der Wahlfreiheit. (Beifall bei den NEOS.)

Oder auch in Salzburg: Die neue Koalition dort hat auch nichts im Koalitionsab­kommen drinstehen, dass jetzt ein Fokus auf Kinderbetreuung gelegt würde und endlich ausgebaut werden müsste, mit dem Ziel, Wahlfreiheit zu schaffen. Nein, auch in Salzburg soll eine Herdprämie verankert werden.

Also ich bin froh über diesen Sinneswandel, wie auch immer er stattgefunden hat. Möglicherweise war es in den letzten Monaten wirklich ein bisschen zu viel Rechtspopulismus, den ihr zum Besten gegeben habt. Aber – und jetzt kommt das ganze große Aber – wichtig ist es, dass man an den Zielen festhält und auch strukturell etwas ändert. Da sind einige Themen von meiner Vorrednerin Sibylle Hamann schon angesprochen worden. Da geht es natürlich darum, dass wir einen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmen schaffen, dass wir uns auch im Sinne von Zielen zu kleineren Gruppengrößen verpflichten und einen Stufenplan machen, in dem wir sagen: Wohin wollen wir denn eigentlich? Es geht selbstverständlich auch darum, dass wir einen Rechtsan­spruch brauchen, denn erst dann, wenn ein Rechtsanspruch für alle Mütter und Väter verankert ist, weiß man, man kann Druck machen, wenn es diese Kinderbetreuungsplätze nicht gibt.

In den letzten Monaten – und Sie haben es auch angesprochen – hatte ich immer wieder den Eindruck, die Politik der ÖVP besteht vor allem darin, ein Problem zu sehen und es mit Geld zu bewerfen. Und Geld ist sowieso derzeit abgeschafft, hat man ein bisschen das Gefühl bei vielen Maßnahmen. Die wurden ja auch aufgezählt. (Abg. Sieber: Ohne Geld geht es halt auch nicht!) Geld ist bei Ihnen abgeschafft, aber der Steuerzahler darf es zahlen. Beim Ausbau von Kinderbetreuung bin ich sehr dafür, dass man Geld in die Hand nimmt, aber allein Geld in die Hand zu nehmen ist zu wenig. 4,5 Milliarden Euro sind nicht nichts, das wird uns einen deutlichen Schub geben. Es wird uns nicht an Länder wie Dänemark heranbringen, da sind wir im Ausbau meilenweit, ich würde sagen, 30 Jahre hintennach – nur um zu sehen, wie schlecht Österreich vergleichsweise dasteht. Aber wir brauchen vor allem auch das Ziel verankert, mit dem festge­schrieben wird, wo wir hinwollen, mit dem Blick darauf, wie diese Betreuungs­situation wirklich ausschaut. Da reichen wir Ihnen gerne die Hand, aber seit Jahren reden wir uns ja hier den Mund fusselig. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.