9.59
Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Eltern! In dieser Aktuellen Stunde – das wurde von allen Vorrednern und Vorrednerinnen ausgeführt – behandeln wir den Ausbau der Kinderbetreuung, der von der Regierung angekündigt wurde. 4,5 Milliarden Euro sollen nun bis Ende 2030 in diesen Bereich investiert werden. Endlich, würde ich sagen, oder: Warum erst jetzt? – Sehr geehrte Frau Ministerin, diese Investitionen sind wirklich längst überfällig! (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist noch nicht lange her, da haben Sie eine große Chance vertan, wirklich umfassend in die Kinderbildung zu investieren, nämlich bei den 15a-Verhandlungen. Oder erinnern wir uns an das Jahr 2021: Da gab es schon einen breiten Schulterschluss der Sozialpartner, einen Fünfpunkteplan, der erarbeitet wurde, um wirklich einmal den dringend notwendigen Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben; sie haben diesen eingefordert, ebenso einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Oder erinnern wir uns: 2016 gab es schon einen fertigen Plan für eine Kinderbetreuungsmilliarde. Wer diesen vereitelt hat, wissen wir auch alle.
Wie sich diese jahrelangen Versäumnisse auswirken, zeigt sich in der Praxis. Wenn Sie mit Eltern sprechen, wenn Sie mit Vertretern von Betreuungseinrichtungen sprechen, wissen Sie, wie dramatisch die Situation in der Kinderbetreuung mittlerweile ist. Wenn Eltern ihre Kinder bereits unmittelbar nach der Geburt für einen Betreuungsplatz anmelden müssen, um in zwei, drei Jahren dann tatsächlich auch einen Platz zu erhalten, dann gibt es eindeutig eine Schieflage in diesem Bereich. Wenn eine Mutter, die auf mich zugekommen ist und mich um Hilfe gebeten hat, mir erzählt, sie hat ihr Kind nach der Geburt für einen Krabbelstubenplatz angemeldet, weil sie einfach selbstständig ist und nach einem Jahr wieder zu arbeiten anfangen muss, und jetzt, zwei Monate bevor sie wieder in den Job geht, ist noch immer keine Zusage für einen Betreuungsplatz da, dann bedeutet das für diese Familie schlichtweg eine Verunsicherung, eine große Verunsicherung.
Mit dieser Verunsicherung werden die Eltern alleingelassen, sie haben keine Unterstützung. Es gibt vielerorts Wartelisten für Betreuungsplätze, Planbarkeit für die Familien ist da wirklich sehr schwer möglich. Die einzige Möglichkeit, um den Familien Sicherheit zu geben, ist ein Rechtsanspruch, ist und bleibt ein Rechtsanspruch (Beifall bei der SPÖ), denn nur dadurch ist gewährleistet, dass tatsächlich diese viel propagierte Wahlfreiheit Wirklichkeit wird.
In vielen, vielen Anträgen über die letzten Jahre im Familienausschuss, im Unterrichtsausschuss zeigen wir, wie wichtig diese Themen für uns sind, wie wichtig uns die Kinderbetreuung ist und dass der Hut einfach brennt. Es fehlen die Ressourcen an allen Ecken und Enden. Jetzt schon ist es vielen Kindergartenbetreibern nicht mehr möglich, alle aktuellen Gruppen auch mit Personal zu besetzen. Das Personal, das die Arbeit dann leisten muss, ist überfordert, überlastet. Das braucht einen nicht zu wundern, das ist eine sehr herausfordernde Arbeit. Ich hoffe jetzt stark, dass wirklich ein Teil dieser angekündigten Mittel in eine Ausbildungsoffensive fließen wird – ohne ausreichend qualifiziertes Personal funktioniert das ganze System nämlich nicht.
Generell: 4,5 Milliarden Euro, das klingt im ersten Moment gut, das ist ein großer Betrag. Rechnen wir das aber über die Jahre bis 2030, dann zeigt sich: Das sind gerade 640 Millionen Euro jährlich! Da sind wir noch weit, sehr weit von der jährlich notwendigen Kinderbetreuungsmilliarde entfernt.
Sehr geehrte Damen und Herren, uns ist die Kinderbetreuung wichtig, und eines ist uns besonders wichtig: Nach dieser Ankündigung muss der Ausbau schnell vorangehen. Die aktuellen Verhandlungen zum Finanzausgleich wurden ja schon angesprochen. Wir haben in den Ausschüssen Anträge liegen, im Familienausschuss, im Finanzausschuss und in vielen weiteren Ausschüssen, weil wir genau das wollen: dass über den Finanzausgleich endlich Mittel für die Kinderbetreuung freigegeben werden. Es wurde heute angekündigt, dass das gemacht wird, dass Sie das nützen, und hier können Sie zeigen, wie ernst Sie Ihre eigene Ankündigung nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Zusammengefasst kann ich sagen: Nach dieser Ankündigung gibt es noch viele, viele offene Fragen. Es gibt keinen Plan, es gibt nur eine große Ankündigung. Wir werden Sie aber an den tatsächlichen Taten messen. Das sind wir den Eltern, den Pädagoginnen und Pädagogen, den Kindern, den Betreuungseinrichtungen, aber auch den Ländern und Gemeinden, die sich tagtäglich für eine gute Kinderbetreuung in Österreich einsetzen, einfach schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)
10.04
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zanger. – Bitte sehr.