11.31
Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Monika Vana (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleg:innen! Anschließend an meinen freiheitlichen Vorredner möchte ich Ihnen vorrechnen, wie lange es bei der FPÖ dauert, bis sie ihre in der Opposition lautstark geforderten Maßnahmen gegen die Teuerung vergisst, sobald sie in der Regierung ist: exakt 70 Tage. (Beifall der Abg. Ribo.) Das sind nicht einmal zweieinhalb Monate. Nur so lange dauerte es, bis die FPÖ in Salzburg nach der Angelobung der Landesregierung am 14. Juni der Verdoppelung des Gaspreises der Salzburg AG zugestimmt und sie auch noch wortreich verteidigt hat. – So weit zur Glaubwürdigkeit meines Vorredners und meiner Vorrednerin von der FPÖ. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Deshalb ist es ja so wichtig ...!)
So viel steht außer Zweifel: Einer der Auslöser und Treiber von Inflation und Teuerung in Österreich und in Europa ist der brutale und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den Putin ja nicht zuletzt als Energiekrieg führt. Ich rufe in Erinnerung, dass die FPÖ und auch andere Fraktionen hier im Haus während ihrer Regierungszeit kräftig mitgeholfen haben, Österreich mit Langzeitknebelverträgen an Gazprom zu binden. (Abg. Belakowitsch: Das hat vielleicht zu Wohlstand geführt!) Hätten wir damals, wie wir Grüne es forderten und dafür belächelt wurden – und belächelt ist noch harmlos ausgedrückt –, eine Raus-aus-Öl-und-Gas-Strategie gehabt und auf den Ausbau erneuerbarer Energien gesetzt, würde die Situation heute erheblich anders ausschauen, und es wäre um ein Vielfaches einfacher, Energiediversifizierung herbeizuführen und die Inflation zu bekämpfen. (Beifall bei den Grünen.)
Wir Grüne – das wurde schon von Kollegen Koza gesagt – stehen in Österreich und europaweit für einen Maßnahmenmix aus inflationsdämpfenden Schritten, von Senkung der Energieabgaben bis Strompreisbremsen, und einkommensstärkenden Maßnahmen, wobei uns immer ganz wichtig ist, dass Maßnahmen für einkommensarme Haushalte oder auch Alleinerzieher:innen und Familien sehr rasch wirken. Die zugehörige Studie des Budgetdienstes über Verteilungswirkungen wurde bereits erwähnt.
Ich bin als Europaabgeordnete die Erste, die dafür eintritt, von Maßnahmen und Modellen in anderen EU-Mitgliedstaaten zu lernen. Gerade wir Grüne stehen für europaweites Politikvernetzen und das Teilen von Best-Practice-Modellen und Erfahrungen.
Aber warum in die Ferne schweifen, liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten? Wenn wir schon über nationale Maßnahmen gegen die Teuerung reden, dann steht doch unser Klimaticket, das europaweit beachtet und übernommen wird, an oberer Stelle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Muss man sich da jetzt noch tätowieren lassen, oder geht das so auch?!)
Im Europaranking der Leistbarkeit des öffentlichen Verkehrs belegt Österreich mit seinem Klimaticketmodell den dritten Platz unter 30 europäischen Ländern - denn leistbare Mobilität ist ein Schlüssel im Kampf gegen die Klimakrise und gegen die steigenden Lebenshaltungskosten, von Bundesministerin Leonore Gewessler umgesetzt. (Beifall bei den Grünen.)
Der Motor auf EU-Ebene für Klimaschutz, Energieunabhängigkeit und Arbeitsplätze ist aber zweifellos der Green Deal. (Beifall bei den Grünen.)
Mit dem Green Deal hat die EU einen wirksamen Hebel gegen die Stagflation in der Hand, die Kombination aus Inflation und wirtschaftlicher Stagnation, der wir europaweit gegenüberstehen. (Abg. Kickl: Um Gottes willen!) Der Green Deal und der gerechte und grüne Übergang, wie wir es auch immer sagen, muss so rasch wie möglich und vollständig umgesetzt und noch viel stärker durch soziale Maßnahmen ergänzt werden, denn das ist das wirksamste Mittel auch im Kampf gegen die Teuerung. Wir Grüne haben immer gesagt: keine Klimagerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit und ohne Geschlechtergerechtigkeit. (Beifall bei den Grünen.)
Das heißt, wir brauchen im Kampf gegen die Teuerung allen voran auch eine Sozialunion mit europaweiten Mindesteinkommen. Eine der stärksten Forderungen von Europas Bürger:innen, übrigens in der Konferenz zur Zukunft Europas, sind Investitionen in die soziale Infrastruktur und öffentliche Dienstleistungen, einen Care Deal und Investitionen in die Pflege und eine Reform der Fiskal- und Schuldenregelungen der Europäischen Union.
Da appelliere ich auch an Sie, Herr Bundeskanzler, Frau Staatssekretärin, da Sie ja im Rat vertreten sind, sich dafür einzusetzen, dass die Forderungen von Europas Bürger:innen für eine Klima- und Sozialunion inklusive Durchführung eines Konvents zu Vertragsänderungen endlich umgesetzt und damit EU-Instrumente im Kampf gegen die Teuerung unterstützt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
11.35
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer zu Wort. – Bitte.