12.32

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Die heutige Sitzung des Nationalrates, es wurde schon betont, startet mit Berichten des Rechnungshofes am Beginn der eigentlichen Tagesordnung, und ich denke, das ist ein Novum – zumindest habe ich es in meiner Amts­zeit noch nicht erlebt –, und ich freue mich daher sehr darüber. Ich freue mich, dass Sie über die Berichte des Rechnungshofes zu dieser Tageszeit debattieren. Danke dafür! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es gehört nämlich zu unseren Kernaufgaben, dem Nationalrat Berichte vorzulegen, aber wir legen auch Landtagen Berichte vor, sofern Länder betroffen sind – und darum geht es: Wir legen mit den Berichten unsere Prüfungsergeb­nisse vor, wir unterstützen Sie mit unserer Expertise, soweit wir können, und wir geben entsprechende Empfehlungen ab.

Damit diese Empfehlungen umgesetzt werden, braucht es auch immer die Unterstützung der Damen und Herren Abgeordneten des Nationalrates, und wie gesagt ist es gut, wenn diese Empfehlungen hier breit diskutiert werden und Sie dann dabei auch die politischen Vor- und Nachteile unserer Vorschläge beurteilen.

Der Rechnungshof ist vor allem aber auch dazu da, Dinge und Vorgänge im öffentlichen Sektor transparent zu machen. All unsere Berichte zu unter­schiedlichen Sachverhalten finden Sie auf unserer Website. Wir veröffent­lichen diese für die Bürgerinnen und Bürger, die sie dort dann entsprechend nachlesen können.

Im ersten Block der heutigen Debatte stehen sieben Prüfberichte des Rechnungshofes zur Diskussion. Das sind Prüfberichte, die insofern wesentlich sind, als sie alle miteinander das Thema der Finanzierungsströme im Staat und auch die Finanzierung des Staatshaushaltes selbst betreffen.

Natürlich ist es so, dass manche dieser Berichte schon vor geraumer Zeit veröffentlicht wurden, aber sie haben nicht an Relevanz verloren. Das kann ich auch an dieser Stelle sagen. Da gibt es zum Beispiel eine Prüfung zum Thema Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs, und wie Sie alle wissen, wird der Finanzausgleich gerade in diesen Tagen und Wochen verhandelt.

Es gibt aber auch noch die Berichte zu den kommunalen Investitionspro­grammen oder zum Wohnbauförderungszweckzuschuss: Das sind Berichte, die wichtig sind, weil sie einen gebietskörperschaftsübergreifenden Ansatz haben, denn der Rechnungshof ist ein gesamtstaatliches Prüforgan. Wir beurteilen das aus einer Perspektive, die den Bund und die Länder betrifft, und gerade beim Wohnbauförderungszweckzuschuss geht es um die Frage, ob es in Österreich eine ungeteilte Aufgaben- und Ausgabenverantwortung gibt.

Lassen Sie mich zunächst auf die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur eingehen! Es wurde schon gesagt, dass die Bundesfinanzierungsagentur eine sehr wichtige Rolle in der Republik erfüllt, denn sie führt das Schuldenmanage­ment der Republik Österreich durch, und das ist eine Aufgabe, die von zunehmender Bedeutung ist, nicht zuletzt da die Finanzschulden des Bundes ansteigen.

Wie Sie wissen, steht heute auch der Bundesrechnungsabschluss auf der Tagesordnung. Die bereinigten Finanzschulden des Bundes betragen mittler­weile 270,9 Milliarden Euro; sie stiegen von 2019 bis 2022 um rund 62 Milliarden Euro oder 30 Prozent an. Das ist mehr als der Anstieg in den zwölf Jahren davor – in den zwölf Jahren davor waren die Auswirkungen der Finanz- und Bankenkrise zu bewältigen –, und damit kommt dem öffentlichen Schuldenmanagement eine zentrale Bedeutung zu.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch Folgendes persönlich anmerken: Ich denke, nicht alle Krisen sind miteinander vergleichbar. Immer wieder muss nach Lösungen – neuen Lösungen – gesucht werden, damit sie wirksam sind – Bankenkrise, Gesundheitskrise, Teuerung.

Ziel des Schuldenmanagements ist es, zu möglichst geringen mittel- bis langfristigen Finanzierungskosten die erforderlichen Finanzierungsmittel und deren Rückzahlungsverpflichtungen ohne hohes Risiko sicherzustellen, und deshalb haben wir das Risikomanagement der Oebfa beurteilt.

Im Jahr 2017 wurde die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung des Bundes gesetzlich festgelegt; demnach hat die Oebfa die mit der Finanzgeba­rung verbundenen Risken auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die spezifischen Risiken der Oebfa werden unterteilt in Kreditrisiko, Marktrisiko, Liquiditätsrisiko, Reputations-, Rechts- und operationelles Risiko.

Das Marktrisiko ist mittlerweile auch deshalb besonders relevant, weil sich seit 2022 die Zinslandschaft verändert hat und die Leitzinsen kontinuierlich erhöht wurden. Nach Jahren der Negativzinsen stieg die durchschnittliche Effektivverzinsung von Neuaufnahmen im letzten Jahr auf 1 Prozent. Die Finan­zierungskosten werden daher durch neue Finanzschuldaufnahmen bezie­hungsweise durch die Kosten für die Refinanzierung in den nächsten Jahren – zeitlich verzögert – ansteigen. Die Zinsverpflichtungen des Bundes liegen insgesamt bei 53,1 Milliarden Euro.

Der Rechnungshof hat im Zusammenhang mit der Prüfung der Oebfa aber auch die Finanzierung von öffentlichen Rechtsträgern und Ländern durch die Oebfa beurteilt, denn die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur kann eben auch auf Namen und auf Rechnung des Bundes Finanzgeschäfte für Rechtsträger und für die Länder abschließen; sie braucht dafür einen Auftrag des Finanzministers. Das Finanzierungsvolumen der Rechtsträger- und Länder­finanzierung beträgt mittlerweile 33,7 Milliarden Euro. 60 Prozent dieses Volumens nutzen die Länder aus.

Für die Rechtsträger und die Länder ergibt sich durch die Weiterverrechnung der Bundeskonditionen ein Finanzierungsvorteil; dieser lag im Prüfzeitraum, das war 2016 bis 2020, bei über 2 Milliarden Euro. Wir haben aber unter ande­rem auch empfohlen, Kriterien für den Anwendungsbereich der Leitlinien der Rechtsträgerfinanzierung klar festzulegen.

Ich möchte an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass wir im Zusammenhang mit dem Bundesrechnungsabschluss, der später auf der Tagesordnung steht, auch einen eigenen Berichtsteil vorgelegt haben, den Textteil Band 3, der eine transparente Darstellung der Schuldensituation und der Entwicklung der öffentlichen Finanzen in Österreich bietet.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich, weil der Bericht über Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs auch auf der Tagesordnung steht, noch kurz auf das Thema Finanzausgleich eingehen. Wir haben diesen Bericht schon 2021 veröffentlicht. Er befasste sich mit der Umsetzung von Reformprojekten im Zusammenhang mit dem Paktum zum Finanzausgleich im Jahr 2017. Aufgrund der Verlängerung der Finanzausgleichsperiode war die Umsetzung der Empfehlungen bislang nicht möglich, aber der überwiegende Teil der Finanzausgleichspartner hat dem Rechnungshof zugesagt, die Empfehlungen des Rechnungshofes in den nächsten Finanzausgleichsverhandlungen zu berück­sichtigen, und diese Verhandlungen laufen jetzt gerade.

Ja, die Krisen, die Covid-Pandemie, die Teuerung, insbesondere auch im Energiekostenbereich, haben zu umfangreichen Unterstützungs- und Entlastungs­maßnahmen vonseiten des Staates geführt. Überwiegend wurden diese Entlastungen vom Bund finanziert. Dazu kommen neue Herausforderungen wie etwa Investitions- und Fördermaßnahmen zur Erreichung der Klimaziele. Das alles stellt die öffentlichen Haushalte auf Ebene von Bund, Ländern sowie Gemeinden auf den Prüfstand.

Viele Reformvorhaben, die sich aus der Gesundheitskrise, aus der demografischen Entwicklung oder aus dem Personalmangel im öffentlichen Bereich ergeben haben, sind bisher noch nicht zufriedenstellend umgesetzt worden. Schon deshalb muss es gerade im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich die Bereit­schaft zur Vereinbarung von Reformen geben, um gesamtstaatliche Zielsetzungen zu erreichen. Ich denke, Reformen im Bundesstaat sind immer auch mit dem Finanzausgleich eng verknüpft, dies umso mehr, wie ich schon gesagt habe, weil es die Forderung nach der ungeteilten Aufgaben- und Ausgaben­verantwortung in Österreich eben noch nicht gibt. Deshalb geht es um eine faire Finanzierungsbasis zwischen den Gebietskörperschaften und um einen Reformkonsens in Österreich.

Zugleich muss ich als Rechnungshofpräsidentin aber auch sagen, dass es wichtig ist, dass man das Thema der Aufgabenkritik und der Effizienzpotenziale im Zeitalter der Digitalisierung nicht aus den Augen verlieren darf. Der Bericht zum E-ID wurde ja auch schon erwähnt. Das muss auch wieder in den Fokus der Betrachtungen kommen.

Wir können uns nicht mehr alles in der Verwaltung leisten, sondern wir müssen uns auf jene Bereiche konzentrieren, in denen der Staat selbst Dienstleis­tungen in hoher Qualität zur Verfügung stellen muss, etwa in der Pflege, der Gesundheit, der Bildung, Sicherheit, Daseinsvorsorge und bei der Sicherung des Rechtsstaates. Das sind komplexe Herausforderungen, aber ich wollte sie hier anführen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

12.42

Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Präsidentin.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.