22.00

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich möchte an dieser Stelle ein unmissverständliches Bekenntnis abgeben: Für uns als Sozialdemokrat:innen ist unsere Neutralität mehr als ein faktisches Regelwerk. Die Neutralität ist ein Bekenntnis zur Demokratie und zur Freiheit, ein klarer Auftrag für eine engagierte Friedenspolitik im Rahmen eines geeinten Europas.

Gerade in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird unsere verfassungsmäßige Neutralität von wenigen, aber sehr lauten Stimmen zum Teil heftig kritisiert. Dabei wird unsere Neutralität im In- und Ausland als etwas Überholtes und nicht mehr Zeitgemäßes erachtet. Die Neutralität wird unter anderem als nationale Folklore ins Lächerliche gezogen, so wie diese Woche in einem englischsprachigen Artikel des Mediums „Politico“: Im Kontext der geopolitischen Großmachtkonflikte wurde die 80-prozentige Unterstützung der Österreicherinnen und Österreicher für die Neutralität belächelt und kritisiert.

Um die Bedeutung der Neutralität in ihrer Dimension überhaupt verstehen zu können, möchte ich Bruno Kreisky zitieren: „Lernen S’ ein bissel Geschichte, Herr Reporter!“ Das gilt vor allem für jene Medien, die nicht die Interessen Österreichs vertreten, sondern eine andere Agenda verfolgen.

Vor dem Hintergrund des Volksbegehrens Neutralität Österreichs – Ja erscheint es mir notwendig, den historischen Kontext unserer Neutralität in Erinnerung zu rufen.

Meine Damen und Herren, unsere Neutralität ist das Ergebnis zweier Weltkriege im 20. Jahrhundert, in denen 80 Millionen Menschen für Großmacht­interessen blutig geopfert wurden. Dem Aufruf des Kaisers Franz Joseph 1914 „An meine Völker“ folgte 1939 der Schlachtruf des blutrünstigen nationalsozialistischen Diktators: „Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“ – leider ebenfalls ein gebürtiger Österreicher. Der Zweite Weltkrieg brach aus, und mit der Schoah wurde der größte Zivilisationsbruch der Menschheits­geschichte begangen.

Unsere Neutralität ist das Ergebnis des Sieges über die nationalsozialistische Terrorherrschaft in Europa und in der Welt. Die Neutralität brachte uns schließlich 1955 die Freiheit und bewahrte uns vor dem Schicksal der Teilung in ein demokratisches Westösterreich und in ein stalinistisches Ostösterreich. Die Demarkationslinie wäre durch Niederösterreich verlaufen, Wien und Burgenland in einer Diktatur gefangen gewesen.

Wir alle sollten aus unserer leidvollen Geschichte lernen, aktive Amtssitzpolitik in der UNO, in der OSZE sowie engagierte Neutralitätspolitik betreiben. Das ist Rot-Weiß-Rot, das ist unser Österreich in der Zweiten Republik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Reifenberger. – Bitte sehr.