23.23

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich halte die direkte Demokratie für etwas ganz, ganz Wichtiges und Wesentliches, und deswegen sind auch Volksbegehren und die letzten Stunden, die wir hier diskutiert haben, sehr, sehr wesentlich. Nur musste ich jetzt leider meine Meinung dazu ein bisschen hinterfragen, weil ich mich mit diesem Volksbegehren, das hier ansteht, intensiver beschäftigen wollte, was aber nicht möglich war.

Eine Klubreferentin bei uns hat gesagt: Carmen, das ist genau dein Thema, du hast einen Podcast zum Thema Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, das ist dein Anliegen, du redest dazu! – Dann habe ich versucht, die Website zu finden – die gab es nicht. Dann habe ich versucht, näher zu recherchieren, was die Anliegen sind, und da gab es außer diesem einen Satz, der in diesem Volksbegehren steht, genau gar nichts. Es gab keine Quellen, es gibt keine NGO, die dahintersteht, es gibt keine Plattform. So ein Volksbegehren erreicht aber eine Aufmerksamkeit, dass es 200 000 Menschen unterschreiben. Ich habe mich dann gefragt, wie das sein kann. Wie kann es sein, dass ein Satz, in dem eigentlich nicht besonders viel drinnen steht – die Dinge, die da drinnen stehen, sind großteils erledigt –, von 200 000 Menschen unterschrieben wird?

Da musste ich draufkommen, dass das ein Geschäftsmodell geworden ist. Dieses Instrument der direkten Demokratie – das ein ganz, ganz wesentliches ist, weil es einer der drei Wege ist, wie man in einem parlamentarischen Prozess, wie man hier im Plenum landen kann – wurde zu einem Geschäftsmodell gemacht, weil es eine Pauschalentschädigung gibt, wenn man das schafft. Es sind ganz wenige Protagonisten – mittlerweile wurde das Gott sei Dank auch journalistisch aufgegriffen –, die das zu einem Geschäftsmodell gemacht haben und das einfach wie ein Start-up betreiben. (Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ich habe schon sehr viele Gründer von Start-ups im Bereich Nachhaltigkeit interviewen dürfen, und da gibt es, gerade was Lebensmittelverschwendung betrifft, unglaublich tolle Beispiele: Too Good To Go kennen viele, eine App, die es einfach sowohl von Supermärkten als auch von Restaurants ermöglicht - - (Anhaltende Unruhe im Saal.) – Meine Herrschaften von der FPÖ, bitte hören Sie mir halt auch ein bisschen zu! Herr Graf, Herr Graf, bitte! Ich höre Ihnen auch immer zu, auch wenn es nicht immer interessant ist. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Vielleicht interessiert es ihn nicht!) – Herr Schnedlitz, sagen Sie Herrn Graf einmal, er soll ein bisschen zuhören! (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.)

Also: Ich rede gerade über direkte Demokratie und das Thema Volksbegehren. Ich bin da nicht immer einverstanden, denn ich habe jetzt gerade dargelegt, dass es in diesem Fall kein Fundament dafür gibt. Ich habe versucht, zu recherchieren, von wem das kommt. Herausgekommen ist ein ehemaliger Klubmitarbeiter oder parlamentarischer Mitarbeiter der SPÖ, der dann zur Liste Pilz gewechselt ist. Er hat mehr oder weniger ein Unternehmen gegründet, und die machen quasi als Geschäftsmodell Volksbegehren.

Eines davon ist dieses; das ist ein Satz, da gibt es nicht mehr. Es gibt keine Website, es gibt keine NGO, es gibt keine Initiative dahinter. Das ist alles. Er kriegt jetzt aber einen Pauschalbetrag von 17 000 Euro dafür. Anscheinend haben das viele Leute unterschrieben. Da gibt es Plattformen, auf denen man sich eintragen kann, mittlerweile natürlich alles digital. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir müssen hinterfragen, ob wirklich alles mit dieser niedrigen Einstiegsschwelle hier landen muss, denn das ist ein Missbrauch dieses Instruments der direkten Demokratie. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe viele Unternehmer interviewen dürfen. Unverschwendet kennen viele – die füllen Eingekochtes in Gläser –, Too Good To Go, Start-ups wie Brüsli, die aus Altbrot – 70 Tonnen Altbrot jeden Tag in Wien – Müsli machen. Es gibt ganz, ganz tolle unternehmerische Initiativen.

Ich glaube, die Start-ups in diesem Bereich sind besser, als wenn man Start-ups entwickelt, die dafür da sind, dass sie gleichzeitig sieben oder 15 Volksbegehren einmelden, und zufällig wird das eine oder andere etwas. Die streuen dann natürlich auch ihr Risiko. Ich glaube, das ist nicht der Weg. Direkte Demokratie soll für echte Nachhaltigkeit und echtes Engagement da sein, und da wollen wir hin. Deswegen brauchen wir auch eine neue Politik, eine neue Strategie. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

23.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Feichtinger. – Bitte.