10.36

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer auch aus Oberösterreich! Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. – Lassen Sie uns diesen Spruch auch einmal auf das Budget anwenden, denn es gibt große Bereiche der Daseinsvorsorge, die natürlich im Budget abgebildet sein müssen: Sicherheit, Bildung, Pensionen und natürlich auch Gesundheit.

Die Gesamtausgaben für Gesundheit in Österreich betragen im Jahr ungefähr 54 Milliarden Euro, die öffentlichen Gesundheitsausgaben ungefähr 40 Milliarden Euro, und im Bundesgesundheitsbudget sind ganze 3,2 Milliarden Euro an Ausgaben als unmittelbare Zahlungen des Bundes abgebildet. Wofür wird dieses Geld ausgegeben, das im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit schon relativ viel ist – vor Corona war es noch gut 1 Milliarde Euro, die der Gesundheits­minister hat verteilen können –? – Es gibt im Wesentlichen drei große Blöcke, die ich Ihnen kurz skizzieren möchte:

Einer der größten Blöcke ist die Krankenanstaltsfinanzierung, das heißt, der Bundeszuschuss zum Betrieb der Krankenhäuser. Wir sprechen da von einem Betrag im aktuellen Budget von 917 Millionen Euro, und dieser Betrag ist im Vergleich zum Vorjahr gerade einmal um 3 Prozent gestiegen – 3 Prozent bei einer Inflationsrate, bei einer Teuerungsrate von circa 9 Prozent, 3 Prozent bei einem massiven Personalmangel, bei einer massiven Gehaltsdiskussion in den öffentlichen Spitälern, bei einer Kündigungswelle und einer Pensionie­rungswelle, bei einer Unterausbildung, bei einer Nichtausschreibung von Ausbildungsplätzen und bei vielen weiteren Problemen, die wir in diesem Bereich haben.

Ich habe Herrn Bundesminister Rauch und auch Ihnen, Herr Bundesminister Brunner, schon während der Coronakrise gesagt, dass, wenn wir in diesem Bereich die Leistungsdefizite, das Personalproblem und den Behandlungs­rückstau rechtzeitig angehen wollen, proaktiv angehen wollen, dann hier in dieser Budgetstelle zuerst einmal eine deutliche Aufstockung erfolgen muss, damit die Länder und die Krankenanstaltsträger auch die Planungssicherheit haben, um neue Stellen für die Ausbildung und für die Abarbeitung des Behand­lungsrückstaus auszuschreiben, zu besetzen und dann diese Leistungen auch tatsächlich zu erbringen.

Was macht diese Bundesregierung? – Eine Erhöhung um 3 Prozent ist blanker Hohn, sehr geehrte Damen und Herren!

Aber es gibt ja den zweiten großen Posten: Finanzausgleich Primärversorgung. Das ist ein quasi neuer Budgetbereich, der jetzt mit diesen zusätzlichen 920 Millionen Euro Rahmenbudget aus dem Finanzausgleich dotiert ist. Nur, was hat die Bundesregierung mit diesen 920 Millionen, in Summe bei diesem Budgetposten fast 1 Milliarde Euro vor? – Schauen wir uns an, was für Ziele im Budget stehen! Wissen Sie, was das einzige Ziel ist, das dort im Budget drinnen steht? – Die Gelder wurden an die ordnungsgemäßen Rechtsträger ausbezahlt. – Das ist die einzige Zielsetzung, die diese Bundesregierung für 1 Milliarde Euro hat, die sie zusätzlich ins System hineinwirft. (Abg. Kassegger: Sehr herausfordernd!) Herr Bundesminister, das kommt mir etwas wenig vor, mit Verlaub. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben aber eine Absichtserklärung, was Sie mit den Geldern machen wollen, hinzugefügt: 550 Millionen Euro sollen in die Spitalsambulanzen fließen, 300 Millionen Euro sollen in den niedergelassenen Bereich fließen, und neben ein paar anderen Kleinigkeiten sollen auch noch 3 Millionen Euro in die Sicher­heit der Arzneimittelversorgung oder direkt in Arzneimittel fließen.

Das ist genau das Problem, Herr Bundesminister: eine Spitalslastigkeit in der Primärversorgung, die Leute rennen alle direkt in die Spitalsambulanzen, anstatt den niedergelassenen Arzt aufzusuchen. Und was machen Sie als Finanz­minister? Und was macht der Herr Gesundheitsminister? – Sie zementieren das noch zusätzlich ein, indem Sie zusätzliche Mittel genau in dieser falschen Struktur weitervergeben, während wir eigentlich eine Trendwende, einen Strukturwechsel haben wollen. Das wird nichts, Herr Bundesminister, damit werden wir die angestrebten Änderungen nicht erreichen. Genauso wie in der Vergangenheit, als das schon Zielsetzung war und gescheitert ist, wird das auch in Zukunft von der Zielsetzung her scheitern, weil Sie die Mittel auch einfach vollkommen falsch einsetzen.

Was ebenfalls neu dazukommt – neu, wenn man die Coronazeit außer Acht lässt –, ist die direkte Zuwendung an die Sozialversicherungen. Bundesminister Rauch hat sich auch gestern in der Sitzung damit gebrüstet, dass das ja ganz innovativ und so toll ist. Ungefähr 580 Millionen Euro werden direkt an die Sozialversicherungen bezahlt. Was wird denn da bezahlt? Auch das ist eigentlich ganz spannend, wenn man sich das anschaut: Da werden Nichtversicherten politisch beauftragte Leistungen bezahlt – fast 62 Millionen Euro fließen in Behandlungsleistungen für Nichtversicherte.

Da finden sich auch absolute Kuriositäten wie zum Beispiel 20 Millionen Euro Energiekostenzuschuss für neue Selbstständige. Herr Bundesminister, was macht das im Gesundheitsbudget? Können Sie mir das erklären? Für mich ist vollkommen unplausibel, was diese Position im Gesundheitsbudget macht. Vielleicht können Sie das noch erläutern. Ich habe es nicht geschafft, da einen inhaltlichen Zusammenhang zum Gesundheitsbudget herzustellen.

Unter diesem Posten der direkten Zuwendung an die Sozialversicherungen finden sich auch 60 Millionen Euro für 100 neue Kassenärzte. Jetzt sind wir uns grundsätzlich einig: Wir brauchen mehr Kassenärzte im niedergelassenen Bereich, und die Auswahl der Fachrichtungen, die hier steht – von Allgemein­medizin über Kinderheilkunde, Gynäkologie und Ähnliches –, ist grundsätzlich vollkommen richtig. Aber noch einmal: Was macht das in diesem Budget? Und wieso regelt der Bund das nicht, der an sich ja die gesetzliche Kompetenz hätte – über den Strukturplan Gesundheit und den Druck auf die Regionalstrukturpläne Gesundheit –, die Verteilung der Kassenstellen zu regeln und gesetzlich festzuschreiben? Wieso schüttet er das Geld für 100 zusätzliche Stellen und für einen Sonderbudgettopf einfach so über den Sozialver­sicherungen aus, anstatt diese Normaufgabe der Sozialversicherung gesetzlich zu regeln und dann zu schauen, wie die Sozialversicherung mit ihren Geldern zusammenkommt?

Sie schütten ja diese 100 Stellen on top einfach drauf, ohne Vorgaben, wie sie verteilt werden sollen. Die werden sich natürlich genau dort ansiedeln, wo es für die Ärzte attraktiv ist, und nicht dort, wo es für die Versorgung notwendig ist. Es gibt keine Vorgaben, wie sie verteilt werden sollen, sondern sie werden sich zusätzlich dort ansiedeln, wo die Versorgung schon sehr gut ist, und im länd­lichen Bereich, wo die Versorgung unterdurchschnittlich ist, werden Sie mit diesem Budget keine einzige dieser neuen Kassenstellen hinbekommen. Das ist ein grober Strukturfehler, und das ist more of the same statt der angekündigten Strukturreform. Sie werden in den Zielsetzungen der flächendeckenden wohnortnahen Versorgung mit dem, was Sie da gerade machen, kläglich scheitern.

Einen letzten Punkt möchte ich noch ganz kurz ansprechen – meine Redezeit ist an sich schon zu Ende, aber das Thema Präventionsmedizin ist ja auch ein ganz wesentlicher Punkt –: Man könnte sagen, 211 Milliarden Euro für präven­tivmedizinische Maßnahmen im Budget, das hört sich gut an. Wenn man dann aber weiß, dass allein für das nächste Jahr 52 Millionen Euro an Anschaffungs- und Lagerkosten für die Covid-Impfungen budgetiert sind, dass also ein Viertel der Ausgaben allein dafür draufgeht, während wir in den letzten Jahren schon fast 20 Millionen Impfstoffdosen weggeworfen und verschenkt haben, weil sie abgelaufen sind, dann sieht man, dass auch da die Schwerpunkte vollkommen falsch gesetzt werden.

Das wichtige Thema Dickdarmkrebsvorsorge ist gerade einmal mit 10 Millionen Euro budgetiert – aber immerhin.

Für das Influenzaimpfprogramm – 17 Millionen Euro – wurden Impfstoffdosen ohne Kanülen beschafft, und die Ärzte wissen nicht, wie sie das applizieren sollen. Da passieren so viele Fehler, und es wäre noch so viel Potenzial drinnen. Da würde ich Sie ersuchen, Herr Minister: Setzen Sie sich einmal mit dem Gesundheitsminister zusammen! Man könnte tatsächlich im Bereich der Präven­tion sinnvoll investieren: nicht so wie in der Vergangenheit, nicht für die Dinge, die niemand braucht, die wir verschenken und wegwerfen, sondern in den Bereichen, in denen es tatsächlich notwendig wäre. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Klubobmann Wöginger zu Wort gemeldet. – Bitte.