13.29

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, selbstverständlich stimmen wir der Erhöhung der finanziellen Zuwendungen für die Israelitische Kultusgemeinde zu, das ist selbstverständlich.

Es muss uns aber klar sein: Mit Geld allein können wir weder die Jüdinnen und Juden in Österreich schützen, noch gegen Antisemitismus auftreten. Die schrecklichen Terrorangriffe der Hamas haben uns natürlich daran erinnert, was Antisemitismus bedeutet, nämlich die Vernichtung aller Jüdinnen und Juden. Das hatte, wie wir wissen, in unserer Geschichte eine große Bedeutung, das ist ja heute auch schon angesprochen worden. Selbstverständlich müssen wir über den Antisemitismus von rechts sprechen. Ich werde die entsprechenden Gedichte nicht zitieren, aber Sie wissen alle, wovon ich spreche.

Jetzt aber geht es um etwas anderes. Jetzt geht es um das Existenzrecht Israels. Warum das so wichtig ist, hat der Schriftsteller Doron Rabinovici vor Kurzem in einer Diskussion gesagt: Er hat gesagt, seit es Israel gibt, haben alle Jüdinnen und Juden auf der Welt das Selbstbewusstsein, dass sie im Zweifel, wenn sie verfolgt werden, einen Staat haben, wo sie hingehen können. Das hatten sie bis dahin nicht. Deswegen bedeutet der Schutz der Jüdinnen und Juden bei uns auch genau das: das Existenzrecht und die Existenz Israels, dass sie wissen – und ich hoffe, dass wir uns einig sind, dass wir alles dafür tun, dass Jüdinnen und Juden in Österreich in Ruhe leben können, in Europa leben können, aber trotzdem –, dass sie das Selbstbewusstsein haben: Es gibt noch diesen Staat, wo sie hingehen können. Dafür haben wir um jeden Preis einzustehen.

In diesem Sinn, Martin (in Richtung Abg. Engelberg), ich sage es nicht auf Französisch, aber ich sage es ganz klar: Wir stehen zu Israel um jeden Preis, mit aller Verantwortung, die wir spüren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich möchte aber auch etwas zu den Demonstrationen sagen. Es ist angesprochen worden: From the River to the Sea! – Das ist ja das, was jene iranischen Politiker auch deutlich sagen: Wir wollen alle Jüdinnen und Juden ins Meer treiben, also ermorden! Es ist ja ganz klar, was das bedeutet. Deswegen sage ich – und ich glaube, das ist auch juristisch nachvollziehbar, Frau Bundesministerin –: Wenn jemand hier dazu aufruft, ist das eindeutig ein Verbreiten von Hass, das ist Verhetzung, Strafgesetzbuch, und deswegen muss es selbstverständlich sein – und ich ersuche Sie dringend, da mit dem Innenminister zu reden –, dass solche Demonstrationen nicht nur nicht genehmigt, sondern natürlich auch aufgelöst werden.

Und ich sage noch etwas dazu: Wenn jemand glaubt, er kann in Österreich leben und gleichzeitig Judenhass verbreiten, dann müssen wir dieser Person sagen: Nein, das ist nicht möglich, da musst du versuchen, woanders unterzukommen!

Zum Schluss: Es ist ziemlich genau fünf Jahre her, dass mein Freund Rudi Gelbard gestorben ist. Er hat das Konzentrationslager Theresienstadt als Jugendlicher überlebt, wollte eigentlich nicht nach Wien zurückkommen, aber seine Eltern waren schwer krank und sind dann doch nach Wien gekommen. Er hat dann beim „Kurier“ gearbeitet und mich regelmäßig besucht. Ich bin sehr froh darüber. Er hat mir viele dieser Mappen hinterlassen (eine dünne Mappe in die Höhe haltend), mit persönlichen Aufzeichnungen, mit Erinnerungen, mit Reden. Er hat mir auch diese Mappe (die Mappe neuerlich in die Höhe haltend) hinterlassen. Er hat draufgeschrieben, das ist sein Lieblingsgedicht von Bert Brecht. Es heißt „An die Nachgeborenen“. Er hat mich gebeten, dass es bei seinem Begräbnis an seinem Grab verlesen wird.

Ich kann das ganze Gedicht jetzt nicht vorlesen – Sie können das ja leicht im Internet finden –, einen Satz möchte ich aber schon vorlesen, weil er uns zeigt: „Wir leben in finsteren Zeiten!“, wie Brecht geschrieben hat. Ich lese das noch ganz kurz vor:

„Ich wäre gerne auch weise. / In den alten Büchern steht, was weise ist: / Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit / Ohne Furcht verbringen. / Auch ohne Gewalt auskommen, / Böses mit Gutem vergelten. / Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen, / Gilt für weise. / Alles das kann ich nicht: / Wir leben in finsteren Zeiten!“

Und trotzdem hat mir Rudi Gelbard – und ich durfte mit Georg Markus das letzte Interview mit ihm führen – damals gesagt, er möchte dabei bleiben, auch Böses mit Gutem zu vergelten. Wir sehen gerade, dass das nicht möglich ist, wenn wir sagen – und ich sage es noch einmal –, dass für uns das Existenzrecht Israels selbstverständlich ist und deswegen natürlich auch die Selbstverteidigung Israels selbstverständlich ist.

Dass wir dieses „Wir leben in finsteren Zeiten!“ heutzutage sagen müssen, stimmt mich nachdenklich, traurig, aber wir müssen es trotzdem sagen – sagen, was ist. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

13.34

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler. – Bitte, Frau Bundesministerin.