16.30

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Mi­nister! Sehr geehrte Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen brauchen nicht so nervös zu sein, wenn man sie darauf anspricht, warum Herr Vizekanzler Kogler nicht da ist. Er war bei Aufruf der Sondersitzung um 13 Uhr angekündigt. (Abg. Schmuckenschlager: Außer dem Herrn Kickl ist niemand nervös!) – Sie brauchen sich auch nicht aufzuregen.

Ich war schon gespannt darauf – es wäre schon spannend, wenn er hier wäre. Er verbreitet ja derzeit überall sein Demokratieverständnis (Abg. Hafenecker: Der ist grad beim ...!), nämlich das der Grünen (Abg. Meinl-Reisinger: Was ist eures?), und auch das ist Thema der heutigen Sondersitzung, denn er ist ja der Auffassung und gibt zu, dass die Freiheitliche Partei derzeit in den Um­fragen bei gut 30 Prozent liegt. Was zieht er für einen Schluss daraus? – Immer noch sind 70 Prozent gegen die FPÖ und gegen einen Kanzler Kickl (Heiter­keit der Rednerin), Demokratieverständnis à la Grüne. (Abg. Meinl-Reisinger: Was ist da eure Meinung dazu?)

Jetzt ist er draufgekommen und hat zu Mittag nachgesehen, wo die Grünen in den Umfragen liegen. Das ist im einstelligen Bereich, so 8 bis 9 Prozent. Was heißt das nach seiner Logik? Sind jetzt einmal gut über 90 Prozent gegen eine Regierungsbeteiligung der Grünen? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Was ist denn das für ein Argument?)

Das hängt mit dem heutigen Thema zusammen: Die Frau Staatssekretärin ver­sichert uns, es bestehe kein Grund „für Angst und Verunsicherung“. – Das finde ich wirklich charmant. Ist es nicht der Innenminister Ihrer Partei, der Ter­rorwarnstufe vier ausgerufen hat? Ich sage nur: Das haben wir nicht so oft. Wir haben ein Wochenende hinter uns, an dem wir auf öffentlichen Plätzen Dinge gesehen haben, die wir schon vorausgesagt haben. Sie haben gerade gesagt, das habe man nicht voraussehen können – doch! (Abg. Wurm: Ja!) Hier zu sagen, es gebe keinen Grund für Verunsicherung, ist mutig, um es posi­tiv auszudrücken.

Der Neutralitätsstatus hat uns 1955 in die Unabhängigkeit entlassen – Unab­hängigkeit für Österreich zum Zweck „der dauernden Behauptung“ unse­rer Souveränität. Die Neutralität – das war der Auftrag – sei „mit allen [...] Mit­teln“ aufrechtzuerhalten (Abg. Leichtfried: Wissen Sie, wer da dagegen war, Frau Kollegin?), was heißt: kein Beitritt zu „militärischen Bündnissen“ und keine fremden Truppen hier; was heißt: in der Friedenszeit eine aktive, wehrhafte Verteidigungspolitik.

Sie tun so (in Richtung Staatssekretärin Plakolm), als hätten Sie das jetzt erfunden. Wir haben das immer verlangt. (Abg. Leichtfried: Wissen Sie, wer da dagegen war? Ihre Vorgänger waren da dagegen!) Natürlich braucht es, wenn Krieg ist – gerade Krieg in Europa –, umso mehr eine aktive Neutralitätspolitik, denn wann, wenn nicht in Kriegszeiten, wenn sie schlagend wird? (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt nicht total einseitige Parteinahme, sondern Zurückhaltung – Zurückhaltung, schauen, ob man zur Konfliktbeilegung etwas beitragen kann, und nicht noch dazu beitragen, den Konflikt zu verschärfen. Zu unterstellen, dass man, wenn man für die Neutralität eintritt, die Propaganda einer Kriegs­partei übernimmt, ist einfach nur erbärmlich – nur um das hier einmal festzu­halten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Dann machen Sie’s nicht!)

Mir ist schon klar: Um eine wirklich wertvolle, aktive Neutralitätspolitik zu verkörpern, braucht man Persönlichkeit, Rückgrat und eine Meinung. Das spreche ich Ihnen ab. Natürlich, Sie sagen, Sie haben eine Meinung. Ich habe aber schon das Gefühl, Sie hatten keine, sind nach Brüssel gefahren und dann mit der Meinung von Frau von der Leyen wieder zurückgekommen. Diese hat es an anderer Stelle genauso gemacht, denn nur daraus wird klar, dass Sie alle denselben Zettel haben und alle dieselben Sätze verwenden. Wenn man eigene Gedanken hat, eine eigene Meinung, dann – würde man meinen – kann man das auch unterschiedlich formulieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Ihrem Realitätssinn: Auch Herr Innenminister Karner – es hat eigentlich auch geheißen, er ist da; er war am vergangenen Sonntag in der „Pressestunde“ – hört nicht auf. – Ein für alle Mal: Hören Sie auf, die Freiheitliche Partei in die Nähe von Extremismus zu stellen (Ah-Rufe bei der ÖVP – Ruf bei der ÖVP: ... die Taliban! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), in die Nähe von Hasspredigten (Abg. Schallmeiner: Da tut ihr euch eh selber hin!), und uns als Sicherheitsrisiko darzustellen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Dann distanziert euch!) Damit meinen Sie nämlich auch die Wähler (Zwischen­ruf des Abg. Koza), und das sind zumindest derzeit um die 30 Prozent der Be­völkerung. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Die Identitären ...! – Abg. Wöginger: Was fährt der ... zu den Taliban? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein für alle Mal: Sie sagen, mit so jemandem kann man nicht zusammen­arbeiten – das entscheidet eigentlich der Wähler, aber auch das ist Ihr Demokra­tieverständnis. Es ist auf jeden Fall in höchstem Maße nicht in Ordnung, unfair und wirklich demokratiefeindlich, das so zu sagen und unsere Partei, un­sere Vorfeldorganisationen inklusive Herrn Obmann Kickl irgendwie in die Nähe von Extremismus zu stellen. (Abg. Schallmeiner: Denn Sie sind ja schon bereits dort, Frau Kollegin!)

Sie gehen damit auf jene los – auf uns –, die seit Jahren genau vor den Entwick­lungen warnen, die wir jetzt auf den Straßen sehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ja, genau! Darum fahrts zu den Taliban! – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Genau davor haben wir gewarnt und sind dafür ins rassis­tische, fremdenfeindliche, islamophobe Eck gestellt worden, mitsamt unseren Wählern. (Abg. Michael Hammer: Taliban statt daham ist das freiheitliche Motto!) Wir beobachten aber schon, was jetzt auf den Straßen los ist, nicht nur in Wien, sondern auch in Linz, Salzburg, Innsbruck. (Ruf bei der ÖVP: Das sind die Identitären!) Da sehen wir nun den tatsächlichen, gefährlichen, religiös motivier­ten, fanatischen Extremismus. (Abg. Schallmeiner: Das sind die ganzen Ein­zelfälle der letzten 75 Jahre! – Abg. Michael Hammer: Zerstören des Verfassungs­schutzes!) Dem sollte sich der Verfassungsschutz widmen (Abg. Michael Hammer: Den ihr zerstört habt! Der Herr Kickl!), das ist bisher negiert, verschwie­gen, verharmlost worden.

Wir haben es vorausgesagt, und jetzt haben wir das, was wir vorausgesagt haben: offene Gewaltaufrufe auf unseren Straßen, offene Hassparolen. (Abg. Mi­chael Hammer: Darum habt ihr die Extremismusabteilung dort untersucht!) Ich bin mit diesem Wort sehr, sehr sparsam, weil ich wirklich für die Meinungsfrei­heit bin, aber das ist jetzt echter Hass und echter Aufruf zur Gewalt. (Ruf bei der ÖVP: Die ihr alle schürt!)

Ich habe mir die Versammlungen angeschaut. Bedauerlicherweise tragen auch viele junge Frauen das Palästinensertuch. Das war einmal ein Mode­accessoire der Linksextremen und war immer schon ein hoch politisches Zei­chen, nämlich das Tuch der Fedajin – wenn Ihnen das bekannt ist: der ara­bische Ausdruck für die Anhänger, die palästinensischen Gruppenmitglieder, die wirklich für den fanatischen, gewaltbereiten Widerstand sind, gegen den Westen, gegen Israel. Sie stehen für die Selbstmordattentate, sie sind bereit, für ihre Sache zu sterben, wobei sie es dann leider meistens vorziehen, ande­re zu töten, wie das jetzt die Hamas in Israel gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Innenminister! Zwei Wochen nach diesem grauenhaften Attentat der Hamas auf Israel – auf diese jungen Leute –, bei dem so viele gestorben sind und infolgedessen sich jetzt noch Geiseln in ihrer Hand befinden, gibt es Freu­denkundgebungen auf unseren Straßen. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Dem werden Sie nicht mit verschärften Strafen Herr. Das sind Freuden­kundgebungen der Muslime, die hier leben, wie Sie das immer bezeichnet haben. Es waren wirklich zwei Wochen voller Drohungen gegen unsere westliche Welt,  gegen Israel, gegen die jüdische Gemeinde – gegen alle Nichtmuslime. Sie hätten sich ja auch einmal in unseren Schulen erkundigen können, die Kinder leiden darunter nämlich schon seit Jahren. (Beifall bei der FPÖ.) Es sind Drohungen, Gewaltaufrufe gegen die Gastgeberländer, allen voran Österreich, Deutschland und Frankreich, die diese Menschen großzügig aufgenommen haben.

Nach wie vor gehen Sie auf uns los, obwohl wir genau vor diesen Entwicklungen und der Islamisierung der Gesellschaft gewarnt haben. (Oh-Rufe bei ÖVP und SPÖ.) – Jetzt fällt Ihnen nichts mehr ein als Äh. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben das vorausgesagt. Ich verstehe, dass Ihnen nicht mehr einfällt. Sie reden von politischem Kleingeld, das wir angesichts dieses Themas mit der Sondersitzung machen, dabei bezeichnen Sie uns als Sicherheitsrisiko. (Abg. Michael Hammer: Ja, genau! Was denn sonst?) Das ist politisches Kleingeld (Abg. Michael Hammer: Der Kickl ist nie da und dann braucht er eine Sondersitzung! Nie da sein und dann Sondersitzung!): weil Sie keine Antworten auf unsere Politik und unsere Antworten, die die Bevölkerung überzeugend findet, haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Das Sicherheitsrisiko ist diese Bundesregierung mit ihren Äußerungen. Frau Edtstadler war heute im EU-Unterausschuss. Sie fantasiert jetzt schon von härteren Strafen und von Securities, die an den Stammtischen notwendig sind – das muss man sich einmal vorstellen! –, aber auf den Straßen lassen wir jetzt alles, wie es ist. Da sieht man schon, wes Geistes Kind sie ist.

Frau Edtstadler war es, die sich in der UN-Versammlung hingesetzt und ein schärferes Vorgehen gegen Russland gefordert hat (Abg. Michael Hammer: Das tut euch weh, ja!), das muss man sich einmal vorstellen! Österreich ist neutral! Sie hat uns damit exponiert und nimmt das ganze Land in Geiselhaft. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Sie machen Verträge mit Russland als Partei! Sie machen Verträge mit Russland!)

Es ist unglaublich, dass sie das macht. Das ist eitle Profilierung. Sie brüstet sich mit Justizministerin Zadić um die Wette, wer Putin als Erster verhaftet, wenn er Österreich betritt. (Rufe bei der ÖVP: Na hoffentlich! Ihr nicht!) Er kommt eh nicht her, aber was soll das? Was soll das für ein kleines, neutrales Land? Das trägt nichts bei. (Abg. Stögmüller: Das kannst ja nicht mal selber glauben ...!)

Wir sind leider kein neutraler, souveräner Staat mehr – das ist das Thema der heutigen Sitzung (Abg. Stögmüller: Die Taliban ...! Das ist die Außenpolitik der FPÖ: die Taliban!), denn ein souveräner Staat braucht ein funktionierendes Staatsgebiet, und das geht nur mit Grenzkontrollen. Diese haben wir nicht. Wir haben die Grenzen zugunsten der EU-Außengrenzen aufgemacht, und die­se werden jetzt absichtlich offengelassen. (Abg. Steinacker: So ein Schwachsinn!) Und ihr sagt in Brüssel nichts dagegen.

Da wird von der Asylbremse geredet – unglaublich. Der Herr Innenminister hat sich in Brüssel bei der EU-Krisenverordnung der Stimme enthalten– das muss man sich einmal vorstellen! –, als Vertreter Österreichs, eines der Länder oder wahrscheinlich des Landes mit der höchsten Asylquote! (Abg. Kickl: Das ist ja der Allerfeigste!) Wir haben auch keine funktionierenden Staatsgewalten mehr und keine Bevölkerung, die sich in unseren Werten einig ist. Die Bundesregierung muss in die Realität zurückkommen und die verfassungsmäßige Aufgabe des Staates verkörpern. In der „New York Times“ ist vor Kurzem gestanden: Die Welt braucht mehr Neutrale. (Beifall bei der FPÖ.)

16.40

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stocker.