16.47

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regie­rungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kickl will also die Neutralität sichern. Da drängt sich natürlich die Frage auf: Wie unglaubwürdig kann man eigentlich sein? Wie kann man die eigene Geschichte so verleugnen? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Wie schnell kann man vergessen, was man in der Vergangenheit gesagt und getan hat?

Wissen Sie, Herr Kickl, was am 26.10.1955 war? – Da hat die VdU, Ihre Vor­gängerorganisation, als einzige Partei gegen die Neutralität gestimmt – und jetzt kommen Sie her und spielen sich hier als Hüterin dieser Neutralität auf?! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Wann war das? Wann war das?)

Was war im Jahr 1998? Was war da? – Da gab es einen Dringlichen Antrag der FPÖ zum Nato-Beitritt, Herr Kickl! 1998! (Abg. Stögmüller: Na, schau dich an! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was war 2004? Wissen Sie noch, was 2004 war? – Da hat Ihr damaliger Vorsit­zender Jörg Haider gemeint, man sollte der Nato beitreten, unbedingt der Nato beitreten. Und jetzt frage ich Sie, Herr Kickl: Wer hat denn damals die Re­de für den Herrn Haider geschrieben? Waren das unter Umständen viel­leicht Sie, Herr Kickl? (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Rufe bei der ÖVP: Ja, genau! Bravo! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Der Herr Nato-Kickl zu dieser Zeit – aber lassen wir die Vergangenheit Vergangenheit sein, es mag ja sein, dass Sie Ihre Meinung geändert haben! (Abg. Michael Hammer: Da war die Frau Belakowitsch auch noch für die Impfpflicht!) Die Nagelprobe ist wohl: Wie verhält sich die FPÖ jetzt gegenüber der Neutrali­tät? Was hat es mit Neutralität zu tun, wenn man eine Delegation zu den Taliban schickt, Herr Kickl? Ist das neutral, wenn man dort Leute hinschickt? Sa­gen Sie mir das einmal! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Was hat das mit Neutralität zu tun, wie Sie sich jetzt bei diesem menschenver­achtenden Überfall Russlands auf die Ukraine verhalten: im letzten Jahr 30 proukrainische Anträge (Abg. Kickl: Nein, proösterreichische! Sie haben es noch immer nicht kapiert!), die wahrscheinlich vom Inhalt her auch eine Mehrheit in der Staatsduma gehabt hätten, Herr Kickl (Abg. Kickl: Jetzt haben Sie sich verre­det! – Abg. Kassegger: Was sind die? Proukrainisch?! – Ruf: Prorussisch!), und keinerlei Unterstützung für die Menschen sind, die im Bomben- und Raketen­hagel gelegen sind?! (Abg. Kickl: Sie haben sich jetzt verredet!)

Das ist Ihre Neutralität, das ist Ihr Neutralitätsbegriff! Wissen Sie, was das ist? – Das ist parteiisch! Sie sind in diesen Fragen ausschließlich parteiisch (Abg. Stögmüller: Prorussisch!) und Sie stehen wieder einmal auf der fal­schen Seite der Geschichte. Das ist auch typisch für die FPÖ. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich habe jetzt wahrscheinlich das erste Mal in meinem Leben auch Applaus von der ÖVP bekommen (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ), aber ich kann natürlich auch die ÖVP und Sie, Frau Staatssekretärin, bei dieser Frage nicht ganz heraußen lassen. (Ruf bei der FPÖ: Die neue Koalition!) Man muss schon auch sagen, dass die ÖVP es nicht immer gut mit der Neutralität gemeint hat (Abg. Wurm: Aha? Aha! – Abg. Kassegger: Aber jetzt nicht zu forsch kritisieren!) und es meines Erachtens auch noch immer nicht gut meint. (Abg. Deimek: Erklär mir einmal die ...besuche in Nordkorea! Die Südkoreaner möchten da Details wissen über die Demokratie in Nordkorea!)

Ich darf auf den ehemaligen Bundeskanzler Schüssel zurückkommen, der der Nato beitreten wollte. Ihr Ex-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol hat sogar im Jahr 2022 Ambitionen gezeigt, der Nato beizutreten. Also auch diese ÖVP-Politik, muss ich Ihnen offen sagen, geschätzte Damen und Herren, braucht Österreich nicht. Das ist nicht das, was wir für Österreich wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, es war immer die Sozialdemokratie (Abg. Dei­mek: Die nach Nordkorea gefahren ist! Ja, das stimmt!), die aufseiten der Neutralität, auf der Seite des neutralen Österreich gestanden ist (Zwischenrufe bei der FPÖ), von 1955 weg, und es wird immer die Sozialdemokratie sein, weil es inzwischen die einzige Partei ist, die glaubwürdig, glaubhaft und seriös auf diese Neutralität achtgibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Na ja, Neu­tralität heißt bei euch, dass der Häupl weder den Doskozil noch den Babler ...! Das ist eure Neutralität! – Ruf bei der SPÖ: Geh, reg dich nicht so auf!)

Wissen Sie, da meine Redezeit zu Ende geht, möchte ich mit einem Vergleich enden (Abg. Wöginger: Die Rede hat so stark begonnen!), der relativ pas­send ist: Ich würde lieber meinem Hund ein Würstel anvertrauen als der FPÖ die Neutralität. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rei­mon. – Bitte.