17.22

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglie­der! Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich am Vorabend des Nationalfeiertages an alle Polizeibeamten, Soldatinnen, Soldaten sowie Be­diensteten der Sicherheitsbehörde wenden und ihnen meinen Respekt und besonderen Dank aussprechen, da sie oftmals unter schlechten, unter wid­rigen Rahmenbedingungen ihren Dienst verrichten müssen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Sie alle sind das Rückgrat der Sicherheit – nicht die aktuelle Bundesregierung.

Meine Damen und Herren! Die Neutralität ist der Grundpfeiler unserer österreichischen Identität, und trotzdem gibt es politische Kräfte, die unsere Neutralität untergraben oder besonders für parteipolitische Zwecke instrumentalisieren. Dagegen wehre ich mich persönlich und dagegen wehrt sich die Sozialdemokratie vehement. Da können Sie mich beim Wort nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Neutralität gilt historisch als Rettungsanker nach Schweizer Vorbild, gerade für kleine Länder, um ihre Interessen zu wahren, wahren zu können. Das ist ein zivilisatorisches Erbe, auf das man als Demokrat zu Recht stolz sein darf, gerade im Zusammenhang mit unserer geschichtlichen Verantwortung. (Abg. Kickl: Warum macht ihr es dann hin?) Es ist die Aufgabe, die österreichische Neutralität in den internationalen Beziehungen für Frieden und Stabilität zu nutzen. Unser Verständnis unterscheidet sich gravierend von jenem der FPÖ (Abg. Kas­segger: Jetzt bin ich gespannt!), die die Neutralität für nationale Isolation missbraucht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: So ein Blödsinn! – Abg. Kassegger: Man kann im Alleingang gar nichts machen!)

Es ist wichtig, dass der Zusammenhang zwischen Frieden außerhalb der EU und der Sicherheit und dem Schutz unserer Bevölkerung verstanden wird. Dabei müssen wir uns auch im Herzen Europas um Sicherheit und Verteidigung kümmern. Das kann nur durch gemeinsame europäische Anstrengungen sowie durch gesamtstaatliche Bemühungen in Österreich gelingen, Stichwort Schutz unserer Souveränität.

Für mehr Sicherheit und für die Wahrung unserer Neutralität brauchen wir eine proaktive Diplomatie, Herr Außenminister, und zwar auf bilateraler, euro­päischer und multilateraler Ebene. Wir brauchen auch eine funktionierende, eine umfassende Landesverteidigung, die wieder mit Leben erfüllt wird, ganz im Sinne von Bruno Kreisky und Sinowatz. (Beifall bei der SPÖ.) Unter Kreisky wurde sie nämlich 1975 konzipiert und erfunden. Das Konzept der FPÖ ist ge­nau das Gegenteil. Das neutrale Österreich soll international als souve­räner Brückenbauer auftreten und nicht, wie von Ihnen artikuliert, sich durch nationale Abschottung in Europa isolieren. (Abg. Kickl: Da haben Sie aber nicht zugehört!)

Die Neutralität muss vor jenen schützen, die sich ihr gegenüber wie ein Fähnchen im Wind verhalten. Ich erinnere an die Sicherheitsstrategie der schwarz-blauen Regierung unter Kanzler Schüssel – den Sie zum Kanzler gemacht haben, liebe FPÖ –, als von ÖVP und FPÖ ein Nato-Beitritt explizit gefordert wurde. Das wird es mit der Sozialdemokratie niemals geben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Infragestellen der Rechtsordnung der EU durch die Freiheitlichen gefährdet nicht nur unsere Sicherheit, sondern auch den Wohlstand. Daher muss heu­te unmissverständlich – leider – klargestellt werden: Die FPÖ will einen Austritt aus der EU, wie im Dringlichen Antrag klar ersichtlich wird. Die FPÖ will die Sicherheit Österreichs gefährden (Abg. Belakowitsch: Sie müssen sinnerfassend lesen! Das ist das Problem!); als aktuelles Beispiel: der unwürdige Taliban­tourismus in den Steinzeitislam. Und die FPÖ will den Lebensstandard von Mil­lionen Österreichern verschlechtern. Warum? – Wir sehen, wie die briti­schen Arbeiterinnen und Arbeiter seit dem Austritt aus der EU leiden. Will das die FPÖ für die österreichischen Arbeiter auch?

Ich kann hier aber auch die ÖVP nicht verschonen. An dieser Stelle sei auf den stellvertretenden EU-Parlamentspräsidenten und Christdemokraten Karas verwiesen. Er hat zu Recht der ÖVP jegliche Funktionalität als Europa­partei abgesprochen. (Abg. Stefan: Na geh!)

Somit bleibt die SPÖ als einzig glaubwürdige Kraft im Nationalrat vertreten, die stets für Neutralität und für ein geeintes Europa eingestanden ist (Abg. Kickl: Und neuerdings für den Marxismus!) und auf unsere Neutralität aufpasst, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Es lebe unsere neutrale Republik Österreich, es lebe das geeinte Europa!

Abschließend möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer, Genossinnen und Genossen (Abg. Kickl: Heißt das jetzt wieder Genossen? – Abg. Schroll: Immer! – Abg. Kickl: Ach so, ich ha­be gedacht, Komplizen!) betreffend „Engagierte Neutralitätspolitik in Krisenzeiten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler wird aufgefordert, fol­gende Maßnahmen umzusetzen:

- Die Neutralität Österreichs durch eine tatsächlich gelebte Umfassende Landesverteidigung zu stärken und sie als Grundlage für die Sicherheits- und Friedenspolitik zu betonen,

- die Rolle Österreichs als glaubwürdiger Vermittler und Ansprechpartner in Konflikten wiederzuerlangen,

- die Bereitschaft, am zivilen und militärischen Krisenmanagement der EU unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen teilzunehmen,

- die österreichische Neutralität in der Gestaltung der Außen- und Sicher­heitspolitik zu berücksichtigen,

- die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips in Fragen der GASP/GSVP in der EU,

- die Unterstützung der Stärkung der außen-, sicherheits- und vertei­digungspolitischen Dimension der EU zur Erreichung einer strategischen Auto­nomie, während die Einhaltung der verfassungsmäßigen Neutralität regel­mäßig überprüft wird,

- die Verpflichtung zur zeitgemäßen Ausstattung des österreichischen Bundesheeres zur Gewährleistung von Neutralität, Souveränität und territorialer Integrität sowie die Unterstützung weltweiter Rüstungskontrolle und eines Verbots von Atomwaffen,

- die Verschärfung der Exportkontrolle von Kriegswaffen, Kriegsfahrzeugen und Kriegsmunition auf nationaler und europäischer Ebene, um Missbrauch zu verhindern,

- die Einführung strengerer gesetzlicher Regeln und öffentlicher Meldepflichten für Vertreter der Rüstungsindustrie in Behörden und bei Entscheidungsträ­gern auf nationaler und EU-Ebene, um Partikularinteressen besser abschätzen zu können.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer,

Genossinnen und Genossen,

betreffend „Engagierte Neutralitätspolitik in Krisenzeiten“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag 3667/A(E) des Abgeord­neten KO Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Souveränität und Neutralität sichern Österreichs Freiheit

Die Neutralität Österreichs hat in den fast siebzig Jahren ihres Bestehens unter sich ändernden geopolitischen Umständen immer als wichtiger Rahmen für die Außen- und Sicherheitspolitik gedient. Österreich ist seit den 1960er Jahren in den Vereinten Nationen aktiv und wurde mehrmals als nichtständiges Mitglied in den Sicherheitsrat gewählt. Es beteiligte sich an über 100 Auslandseinsätzen im Rah­men von VN, EU und NATO. Österreich ist auch stark in der OSZE engagiert, die eine wichtige Plattform für Dialog und Verständigung in Konfliktzeiten bietet.

Die Sicherheitslage in Europa hat sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht entscheidend verbessert, und die Anzahl der Kriege und Konflikte hat zugenommen. Die Aufgaben für neutrale Staaten wurden nicht nur nicht weniger, sie haben sich grundlegend verändert.

Die neutralitätsgerechte Positionierung Österreichs innerhalb der GASP/GSVP dient weiterhin den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Österreichs und schützt vor einer Beteiligung an militärischen Konflikten. Das neutrale Österreich hat im Rahmen der EU viele Handlungsmöglichkeiten und sollte diese aus sozialde­mokratischer Sicht nutzen.

Eine engagierte Neutralitätspolitik trägt dazu bei, dass Österreich zur Prävention und Lösung von Konflikten beitragen und seine guten Dienste in den internationalen Beziehungen anbieten kann. In Krisenzeiten ist diese von höchster Bedeutung, da sie zur Friedenssicherung mit Mitteln der Diplomatie beiträgt.

Eine engagierte Neutralitätspolitik Österreichs schafft Vertrauen in einem äußerst komplexen geopolitischen Umfeld, leistet einen Beitrag zur Prävention von Konflikten und setzt sich aktiv für den Frieden ein.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler wird aufgefordert, folgende Maßnahmen umzusetzen:

•    Die Neutralität Österreichs durch eine tatsächlich gelebte Umfassende Landesverteidigung zu stärken und sie als Grundlage für die Sicherheits- und Friedenspolitik zu betonen,

•    die Rolle Österreichs als glaubwürdiger Vermittler und Ansprechpartner in Kon­flikten wiederzuerlangen,

•    die Bereitschaft, am zivilen und militärischen Krisenmanagement der EU unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen teilzunehmen,

•    die österreichische Neutralität in der Gestaltung der Außen- und Sicherheits­politik zu berücksichtigen,

    die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips in Fragen der GASP/GSVP in der EU,

•    die Unterstützung der Stärkung der außen-, sicherheits- und vertei­digungspolitischen Dimension der EU zur Erreichung einer strategischen Auto­nomie, während die Einhaltung der verfassungsmäßigen Neutralität regel­mäßig überprüft wird,

•    die Verpflichtung zur zeitgemäßen Ausstattung des österreichischen Bundeshee­res zur Gewährleistung von Neutralität, Souveränität und territorialer Inte­grität sowie die Unterstützung weltweiter Rüstungskontrolle und eines Verbots von Atomwaffen,

•    die Verschärfung der Exportkontrolle von Kriegswaffen, Kriegsfahrzeugen und Kriegsmunition auf nationaler und europäischer Ebene, um Missbrauch zu verhindern,

•    die Einführung strengerer gesetzlicher Regeln und öffentlicher Meldepflichten für Vertreter der Rüstungsindustrie in Behörden und bei Entscheidungsträgern auf nationaler und EU-Ebene, um Partikularinteressen besser abschät­zen zu können.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.