10.38

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Trotz aller persönlichen Herausforde­rungen von jedem und jeder Einzelnen in Österreich, in ganz Europa, trotz der gesamtwirtschaftlichen, der gesamtgesellschaftlichen Herausforderun­gen, die wir erleben, haben wir doch allen Grund, auch optimistisch in die Zukunft zu blicken: Der Arbeitsmarkt hat sich als stabil herausgestellt. Noch nie waren so viele Menschen in Beschäftigung wie jetzt.

Im Energiebereich ist die Versorgung gesichert, die Speicher sind gut gefüllt. Mit der strategischen Gasreserve und auch mit der zunehmenden Diversifizie­rung der Ressourcen im Gasbereich werden wir insgesamt als Österreich ver­stärkt unabhängiger von russischem Gas. Die weltweiten wirtschaftlichen Entwicklungen machen natürlich auch vor einem kleinen, exportorientierten Land in der Mitte Europas, wie Österreich es ist, nicht Halt, und den­noch erwarten sich die Wirtschaftsforscher für die nächsten Jahre und auch schon im nächsten Jahr 2024 ein leichtes Wachstum.

Bei der Bekämpfung der Teuerung setzen wir zum einen auf inflationsdämp­fende Maßnahmen, etwa mit der Senkung der Energieabgaben, mit der Strompreisbremse, mit der Gebührenbremse bei Bundesabgaben oder der Unterstützung für die Gemeinden, damit auch sie ihre Gebühren – konkret auf Abwasser, auf Wasser, auf Müll – entsprechend dämpfen können.

Ganz entscheidend ist aber auch der zweite Punkt, nämlich der Erhalt der Kaufkraft. Diese Kaufkraft konnte in Österreich trotz aller Krisen gestärkt werden, die real verfügbaren Haushaltseinkommen sind also gestiegen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), wie uns der Budgetdienst dieses Hauses, aber auch alle Vergleiche auf europäischer Ebene bestäti­gen. Gerade auch bei niedrigen Einkommen ist das der Fall.

Herr Staatsekretär a.D. Fuchs, Sie zitieren Experten; Sie haben natürlich nur ei­nen Teil zitiert und den anderen Teil – das verstehe ich aus Ihrer Sicht auch – weggelassen. Genau die von Ihnen genannten Expertinnen und Experten haben nämlich auch gesagt, dass die Zukunftsinvestitionen, die wir mit diesem Budget dotieren, sehr positiv sind, und dass da auch die richtigen Investi­tionen in die Zukunft gemacht werden. Diesen einen Teil haben Sie leider vergessen, glaube ich, aber ich hole es gern für Sie nach. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unsere Unterstützungsleistungen haben also gewirkt – das ist, glaube ich, Fakt – und diesen Weg der Entlastung werden wir natürlich fortsetzen. Die Pen­sionen wurden erhöht – ja. Auch die Sozial- und Familienleistungen werden an die Inflation angepasst. Im nächsten Jahr werden die Österreicherinnen und Österreicher über die bereits abgeschaffte kalte Progression mit – wir haben es gehört – 3,6 Milliarden Euro zusätzlich entlastet.

Im Rahmen dieser Debatte beschließen Sie auch das sogenannte Progressions­abgeltungsgesetz. Das ist bei der Abschaffung der kalten Progression jener Teil des Volumens, der sich ergibt und der entsprechend für noch geziel­tere Entlastungsschritte herangezogen werden kann. Zum einen entlasten wir damit Erwerbseinkommen und Pensionen mit Fokus auf die niedrigen und auf die mittleren Einkommen, gleichzeitig werden auch Absetzbeträge zur Gänze an die Inflation angepasst, und für Selbstständige erhöhen wir den Grundfreibetrag des Gewinnfreibetrags. Zum anderen entlasten wir auch Familien mit niedrigem Einkommen, indem wir etwa den Kindermehrbetrag auf 700 Euro erhöhen.

Und: Wir bekämpfen den Arbeitskräftemangel, schaffen auch positive Leistungs­anreize, die wir in Österreich dringend brauchen, indem wir die Freibe­träge für die Schmutz- und die Erschwerniszulage, für die Gefahrenzulage, für Sonn- und Feiertagszulagen sowie für Nachtarbeit anheben und indem wir steuerliche Begünstigungen für Überstunden deutlich ausweiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Trotz der enormen budgetären Herausforderungen der vergangenen Krisenjahre, trotz der schwächelnden Konjunktur – man muss sich vorstellen, dass ein Prozentpunkt weniger Wachstum 0,5 Prozent höheres Defizit ausmachen; auch hier sollte man sich die Fakten und die Realität anschauen –, auch trotz höherer Zinsen, die nicht nur jeder Private – das selbstver­ständlich auch –, sondern auch der Staat deutlich zu spüren bekommt, trotz der Mindereinnahmen auf der anderen Seite, eben etwa durch die Abschaf­fung der kalten Progression, trotz alledem – das ist schon interessant und da muss ich etwas zurechtrücken –, halten wir als eines der wenigen Länder in der Europäischen Union die 3-Prozent-Maastrichtdefizitgrenze mit 2,7 Pro­zent ein! Das schaffen viele andere – die meisten – europäische Staaten nicht.

Trotz der höheren Ausgaben gelingt es auch, die Schuldenquote relativ stabil zu halten. Um mit einem Märchen aufzuräumen, das heute schon öfters ge­nannt worden ist: Der Staat ist nicht Profiteur der Teuerung. Auf keinen Fall, wir geben den Menschen ja eben mehr zurück, als wir einnehmen! Wir stehen also für Entlastung und nicht für Belastung, wie es von anderer Seite oft behaup­tet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: ... Kreislaufwirtschaft! Erst die Leute abzocken, und dann ...!)

Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, braucht es ja auch keine neuen Steuern. Um Gottes willen, nein, wir brauchen keine neuen Steuern – auch in diesem Budget sind solche Gott sei Dank nicht vorgesehen –, sondern wir brauchen eine weitere Entlastung der Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Budget 2024 orientiert sich an mehreren Punkten: zum einen an der Erhaltung der wirtschaftlichen Stabilität, zum anderen natürlich an einer nachhaltigen Förderung des Wohlstands und an der Bewältigung von Herausforderungen durch dringend notwendige politische Prioritäten. Wir setzen dabei ganz besonders auf Zukunftsinvestitionen, wir investie­ren in diesem Budget so stark in die Zukunft wie noch nie zuvor.

Das wird auch oft falsch dargestellt. Rund die Hälfte der zusätzlichen Mehr­auszahlungen, also mehr als 20 Milliarden Euro, sind Zukunftsausgaben, und ich möchte schon erklären, was solche Zukunftsausgaben sind, denn auch das wird oft etwas falsch dargestellt:

Zum einen setzen wir Schwerpunkte bei der Sicherung der Wettbewerbsfähig­keit unseres Landes. Es sind Technologien der Zukunft, die wir ganz stark budgetieren, wenn es beispielsweise um die Umsetzung des europäischen Chips Acts geht, wofür wir intensiv Mittel zur Verfügung stellen. Innerhalb der Europäischen Union liegt Österreich übrigens auf Platz eins, was den Anteil an Mikroelektronikprodukten an der Wertschöpfung, an der Beschäftigung und auch an der unternehmerischen Forschung und Entwicklung betrifft. Diese Vorreiterrolle wollen wir weiter ausbauen und nehmen dafür rund 500 Millionen Euro in die Hand: für den Ausbau von Produktionskapazitäten auf der einen Seite, aber auch für den Bereich Forschung in diesem Zusammenhang.

Wie schon bei der ökosozialen Steuerreform setzen wir aber auch Anreize für umweltfreundliches Handeln. 14 Milliarden Euro stehen in den nächsten drei Jahren für die Transformation der Wirtschaft, der Industrie zur Verfügung, aber auch für nachhaltige Mobilität und für die Wärmewende, die wir auch dringend brauchen – 14 Milliarden Euro, sehr geehrte Damen und Herren, für die nächsten Jahre! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines zeigt sich, glaube ich, auch – auch da im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Klimawandel, der natürlich eine der größten Herausforderun­gen unserer Generation ist –: Es zeigt sich ganz klar, dass Wirtschaftspolitik auf der einen Seite und Klimapolitik auf der anderen Hand in Hand gehen können, nämlich Hand in Hand gehen müssen. Es kann nur gemeinsam gehen. Nur wenn wir eine vernünftige Budget-, Finanzpolitik gemeinsam mit einer vernünftigen Klimapolitik machen, nur dann, können wir unsere ambitio­nierten Ziele am Ende des Tages auch erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Das ist ja übrigens auch ganz im Sinne einer ökosozialen Marktwirtschaft, sehr geehrte Damen und Herren! Das zeigt also unsere Prioritäten ganz klar auch in diesem Bereich.

Neue Technologien, die wir zur Erreichung der Klimaziele brauchen werden, er­fordern auf der anderen Seite auch Wissen. Wir werden in Österreich nie die billigsten Arbeitskräfte haben, wir werden in Österreich auch nie die bil­ligste Energie haben, wir können in Österreich aber die klügsten Köpfe haben. Das ist auch mit den Nobelpreisträgern bewiesen worden, die wir erfreu­licherweise in den letzten beiden Jahren in Österreich hatten.

In Wissen zu investieren ist daher ein weiterer Schwerpunkt in unserem Budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) 16 Milliarden Euro für die Universitäten in der nächsten Leistungsperiode, das ist gewaltig. Das ist sehr viel Geld, aber, ich glaube, es ist sehr gut und in die Zukunft investier­tes Geld, das wir da in die Hand nehmen und das zu einem Rekordhoch in die­sem Bereich führen wird.

Eine weitere große Herausforderung ist natürlich der demografische Wan­del, dem wir uns gegenübersehen. Wir stellen im Rahmen des Finanzausgleiches bis 2028, auch über die Sozialversicherung, insgesamt 3,4 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung: für den Gesundheitsbereich, für den Pflegebereich, in denen die Herausforderungen groß sind. Das haben wir natürlich erkannt und mit diesem Budget entsprechend dotiert.

Im Finanzausgleich werden erstmalig Mittel an gemeinsam zu erreichende Ziele geknüpft, an Reformen geknüpft, die wir insbesondere im Gesundheitsbe­reich entsprechend auf den Weg bringen wollen. Wir haben einen Zukunftsfonds geschaffen, ein neues Instrument, mit dem wir mehr Mittel für Wohnen, für Sanieren, für Klimapolitik, insbesondere aber auch für Kin­derbetreuung zur Verfügung stellen. Durch diesen Ausbau der Kinderbetreuung verbessern wir ja auch die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie, was insbesondere auch den Wiedereinstieg von Frauen ins Berufsleben erleichtern soll, und das hat auch enorm positive volkswirtschaftliche Effekte.

Ein weiterer Schwerpunkt: das Thema Sicherheit. Die Sicherheitslage hat sich in Europa seit einigen Jahren verändert. Zur Stärkung unserer äußeren Sicher­heit, aber auch unserer inneren Sicherheit investieren wir daher weiter in die Mo­dernisierung der Ausrüstung, in Gerätschaften, auf der einen Seite unseres Bundesheeres, aber auch bei der Polizei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass dieses Budget – und damit komme ich zum Schluss und möchte schon auch eine Einordnung vornehmen – ein ehrliches Budget, ein seriöses Budget und auch ein transpa­rentes Budget ist. (Abg. Holzleitner: Na ja!) Andere Staaten versuchen, In­vestitionen aus dem Budget auszugliedern, in Sondervermögen auszugliedern. In Deutschland musste beispielsweise fast der gesamte Bundeshaushalt ge­stoppt werden – das ist schon interessant. Wir machen in diesem Zusammen­hang eine ehrlichere Politik. Wir haben den Zugang: Was es wiegt, das hat’s! Das, was für diese Zukunftsthemen investiert werden muss, muss inves­tiert werden. Es ist kein Schattenhaushalt, den wir da machen, sondern ein offenes, ein ehrliches, ein transparentes und ein seriöses Budget. Was es wiegt, das hat’s!

In diesem Zusammenhang möchte ich mich wirklich auch bei allen Steuer­zahlerinnen und Steuerzahlern ganz herzlich bedanken: Erst durch Sie werden diese staatlichen Maßnahmen, diese Zukunftsinvestitionen zum Wohle unseres Landes möglich!

Unser Land steht viel besser da, als es manche behaupten, auch heute behauptet haben. Ich glaube, mit dem vorliegenden Budget gelingt uns auch ein Spagat: Wir entlasten die Menschen auf der einen Seite und investieren gleichzeitig auch massiv in die Zukunft. Wir sichern damit unseren Wohlstand und haben daher auch guten Grund, sehr guten Grund, durchaus optimistisch in die Zukunft zu schauen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ham­mer. – Bitte.