16.21

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ja, es ist ein Themenwechsel, wir widmen uns der Kunst, der Kultur, der kulturellen Bildung. Ich hoffe, Sie alle hatten in letzter Zeit Gelegenheit, ein Theater zu besuchen, etwas Musikalisches zu konsumieren (Abg. Michael Hammer: Wir sind eh live dabei!), ins Kino zu gehen – vielleicht ja noch heute. Das kann sich halt heutzutage nicht mehr jeder leisten. Umso wichtiger ist es daher, bei den Budgetverhandlungen darüber zu reden, wie es eigentlich den Künstlerinnen und Künstlern, den Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeitern geht, aber auch den Jugendlichen, denen während der Pandemie so viel entgangen ist, und der kulturellen Bildung, die in dieser Bundesregierung ein ziemliches Stiefkind ist.

Wenn ich das Kapitel Kunst, Kultur insgesamt monetär beurteile, so ist zu sagen: Plus 7,8 Prozent, das ist gut, aber der Wermutstropfen ist, dass sich diese 48,6 Millionen Euro mehr schnell aufteilen und erklären lassen. Laut Angaben der Frau Staatssekretärin für Kunst und Kultur fließen allein 23,6 Millionen Euro in die Absicherung des Kunst- und Kulturbetriebes, nämlich als Folge der Teuerung, und die übrigen 25 Millionen Euro sind fast zur Gänze für die Erhöhung der Mittel für Filmproduktionen in Österreich vorgesehen. Das ist auch positiv, wir haben nur die Sorge, dass – was ich eingangs erwähnt habe – kleinere Einrichtungen, dass kleinere Institutionen, dass die freie Szene da mitunter leer ausgehen könnten.

Insgesamt, sehr geehrte Damen und Herren und auch liebe Zuseherinnen und Zuseher, gibt der Bund gerade einmal 0,27 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Kultur aus. Wir wollen 1 Prozent, dabei bleiben wir. (Beifall bei der SPÖ.)

Nichtsdestotrotz – ich habe die Jugendlichen erwähnt, sehr geehrte Damen und Herren – müssen wir Sorge dafür tragen, dass sich junge Menschen die Beteiligung an Kunst und Kultur auch leisten können, dass sie es genießen können. Daher bringe ich einen Entschließungsantrag betreffend „Kulturelle Beteiligung als Indikator der Klassengesellschaft“ ein. So lautet ein Zwischentitel einer Studie, die von der Frau Staatssekretärin in Auftrag gegeben wurde, um zu erheben: Wie nehmen die Menschen in Österreich die Preise auf? Wie bewerten sie das? Wie wirkt sich der Bildungsgrad der Eltern darauf aus, ob man Kunst und Kultur konsumieren kann oder nicht?

Wir wollen einen Kulturgutschein für junge Menschen, wir wollen auch – wie die Stadt Wien das mit dem Wien Museum gemacht hat – einen Tag in der Woche freien Eintritt in die Bundeseinrichtungen (Beifall bei der SPÖ), daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kulturelle Beteiligung als Indikator der Klassengesellschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der „Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, der Klassengesellschaft bei der Beteiligung am Kulturleben den Kampf anzusagen, indem zumindest ein freier Museumsabend jede Woche in den Bundesmuseen vorgesehen wird und nach dem Beispiel Deutschlands ein Kulturgutschein in der Höhe von 200 Euro für junge Erwachsene bei Vollendung des 18. Lebensjahres ausgegeben wird.“

*****

Wir hoffen, dass dadurch auch junge Menschen etwas davon haben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Katharina Kucharowits

Genossinnen und Genossen

betreffend „Kulturelle Beteiligung als Indikator der Klassengesellschaft“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2178 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 samt Anlagen (2300 d.B.), UG 32 Kunst und Kultur (TOP 8-9)

Im Frühjahr wurden von Staatssekretärin Andrea Mayer die Ergebnisse der SORA-Studie1 zur kulturellen Beteiligung in Österreich präsentiert. Deutlich zeigt sich in der Studie, dass den Menschen die Teuerung zusetzt; rund ein Drittel empfindet die aktuellen Preise als zu hoch. Dass Gratisangebote einen motivierenden Effekt gerade für niedere Einkommensschichten haben, hat sich ebenfalls bestätigt: Gäbe es diese nicht, würde sich die Zahl der Besuche von Kulturveranstaltungen halbieren. Wien hat dies erkannt und aktuell beispielsweise beim neu zu eröffnenden Wien Museum einen Gratis-Eintritt in die Dauerausstellung vorgesehen. Alle Besucherinnen und Besucher können ab 6. Dezember, dem Eröffnungstermin des Neubaus, auf drei Etagen den 3.300 Quadratmeter großen Parcours bei freiem Eintritt besuchen. Ein vergleichbares Angebot fehlt bei den Bundeskulturinstitutionen.

Klar zeigt sich auch in der Studie, dass Kulturbegeisterung nach wie vor stark bildungsabhängig ist. 41 Prozent der Menschen mit Studienabschluss, aber nur 14 Prozent der Menschen mit Lehrabschluss nutzen regelmäßig kulturelle Angebote. Kulturkompetenz ist sehr stark vom Elternhaus geprägt und vererbt – und das stärker als in anderen Ländern. Ein Zwischentitel in der Studie lautete daher auch „Kulturelle Beteiligung als Indikator der Klassengesellschaft“. Daher ist es ein besonderer Auftrag, vor allem junge Menschen an das Kulturleben heranzuführen.

Die Ampelregierung in Deutschland hat dafür einen „Kulturpass“ eingeführt. Dabei erhalten alle, die im kommenden Jahr das 18. Lebensjahr vollenden, ein Guthaben von 200 Euro, das sie im Verlauf von zwei Jahren für Konzert- oder Theaterkarten, aber auch für Bücher und Tonträger ausgeben können. Große Verkaufsplattformen und Onlinehändler wie Amazon sind von der Aktion ausgeschlossen, ebenso Streamingplattformen. Die Initiative hat dabei zwei Ziele: Erstens sollen Kulturinstitutionen unterstützt werden, andererseits sollen junge Menschen, die auch zu den Hauptleidtragenden der Pandemie gehört haben, dazu ermutigt werden, am kulturellen Leben teilzunehmen. Wünschenswert wäre es, in Österreich ein ähnliches Angebot zu schaffen und durch ein Kulturguthaben junge Menschen das Kulturleben in Österreich zu begeistern.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, der Klassengesellschaft bei der Beteiligung am Kulturleben den Kampf anzusagen, indem zumindest ein freier Museumsabend jede Woche in den Bundesmuseen vorgesehen wird und nach dem Beispiel Deutschlands ein Kulturgutschein in der Höhe von 200 Euro für junge Erwachsene bei Vollendung des 18. Lebensjahres ausgegeben wird.“

1 SORA: Kulturelle Beteiligung in Österreich. Besuch von Kulturveranstaltungen, Kultureinrichtungen und -stätten, erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport von Daniel Schönherr und Harald Glaser, Wien, April 2023.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bei Ihnen steht das Wort, Frau Abgeordnete.