20.10

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben es ja schon vorhin gehört: Ein kurzer Blick in die Medien und man sieht sofort, wie wir schon gehört haben, dass wir in Europa von einem veritablen Feuerring umgeben sind. Er zieht sich von der Ukraine über Bergkarabach, den Nahen Osten bis zur Sahelzone. Wir haben die höchste Anzahl an militärischen Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg, und das globale Umfeld, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums arbeiten müssen, ist in den letzten zwei Jahren tatsächlich um einiges herausfordernder geworden.

All das zeigt: Investitionen in Sicherheit sind wichtiger denn je. Und das Außenministerium ist ein Sicherheitsministerium, denn wir alle wissen: Unsere Sicherheit, unser Wohlstand, unsere Stabilität beginnen nicht erst an der Landesgrenze. Dort ist es eigentlich schon fast zu spät, um zu reagieren. Daher sind Investitionen in das Außenministerium auch Sicherheitsinvestitionen, und ich bin sehr stolz und dankbar, dass wir seit Beginn meiner Amts­zeit als Außenminister das vierte Jahr in Folge – und das ist etwas anderes im Vergleich zu den Jahren und Jahrzehnten davor – ein deutliches Plus im Budget verzeichnen konnten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als ich 2020 als Außenminister begonnen habe, lag das Budget noch bei 496 Millionen Euro. Nächstes Jahr wird es auf 677 Millionen Euro steigen, natürlich unter der Voraussetzung, dass das Hohe Haus zustimmt. Zur Diskussion über die Inflation kann ich Ihnen sagen, Herr Abgeordneter Brandstätter: Wir haben über 40 Millionen Euro, allein um die Teuerungen ab­zufedern; das ist nicht nichts im Außenministerium!

Insgesamt ist das über die letzten vier Jahre eine beachtliche Steigerung von 36,5 Prozent, also weit über der Inflationsrate, die wir sehen, und ich glaube, da ist uns echt eine wirkliche Trendwende gelungen. Nächstes Jahr werden wir im Vergleich zu 2023 ein Plus von über 41 Millionen Euro im Budget haben; und ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren Abgeordneten: It’s well invested money, gut investiertes Geld! Es ist das zweitkleinste Ressort­budget dieser Republik, mit einem sehr kleinen Personalstand, der eigent­lich in den multiplen Krisen der letzten Jahre Unglaubliches leistet.

Denken wir an die Rückholung der Österreicherinnen und Österreicher während der Pandemie, an die Waldbrände in Rhodos, an den Nahen Osten und die Evakuierungen aus Gaza und Israel, denken wir an die Situation, die wir in der Sahelzone erleben! Überall stehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter im wahrsten Sinne des Wortes an der Front. Sie haben Kiew vor­hin erwähnt, ich könnte Islamabad erwähnen, ich könnte Bagdad erwähnen, ich könnte Beirut erwähnen, ich könnte Tel Aviv erwähnen. Überall dort sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums rund um die Uhr im Einsatz. Mit einem wirklich kleinen Personalstand leisten sie Unglaubliches.

Und etwas haben wir in den Krisen der letzten drei Jahre immer wieder gemerkt: Wenn es hart auf hart geht, dann hoffen wir, dass es ein Außenministerium gibt, dann hoffen wir, dass es eine Botschaft gibt, dass es ein Konsulat gibt, dass wir schnelle Evakuierungen zustande bringen. Ich kann nur sagen: Das funk­tioniert nur, wenn wir entsprechend investieren. Unsere Vertretungsbehörden sind unsere Augen und Ohren, unser Frühwarnsystem; sie sind die Erste-Hilfe-Stelle, an die sich die Österreicherinnen und Österreicher im Ausland wenden können, und die kann man nicht über Nacht aufziehen. Daher bin ich sehr dankbar, dass uns seit vier Jahren wirklich ein Plus im Budget gelun­gen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ich einem Ministerium vorstehe, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Einsatz als an vielen anderen Stellen zeigen, einfach weil sie persönlich mit allem Engagement dabei sind, aber ohne personelle Ausstattung wird es nicht gehen. Ich freue mich daher be­sonders, dass wir 2024 zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Plus von zehn neuen Planstellen zur Verfügung haben werden. Das ist nicht nichts, es ist ein Beginn, und ich hoffe, dass uns auch da eine Trendwende gelingen wird, denn wir sind in den kommenden Jahren im Außenministerium so wie in allen Bundesstellen mit einer Pensionswelle und einem Verlust an Know-how konfrontiert. Ich glaube, gerade wir im Außenministerium bereiten uns sehr gewissenhaft darauf vor, diese Abgänge entsprechend abzu­federn. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe vorhin die konsularische Arbeit erwähnt, aber unser Servicegedanke im Außenministerium geht weit über konsularische Hilfeleistungen für Öster­reicher im Ausland hinaus. Ich denke etwa an die Unterstützung für österreichi­sche Unternehmer. Vor zwei Jahren haben wir das Programm Refocus Austria ins Leben gerufen, ein wirkliches Erfolgsprojekt zur Stärkung und Unter­stützung der heimischen Export- und Tourismuswirtschaft. 580 Projekte in 86 Ländern wurden mittlerweile umgesetzt, insgesamt 3 400 Unternehmen und Niederlassungen im Ausland haben konkret davon profitiert, von Jere­wan bis Buenos Aires. Das ist eine sehr gute Visitenkarte in der Unterstützung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Ein weiterer Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, ist die Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft für die Nachkommen der Opfer des Holocausts. Das ist eine besonders heikle Aufgabe, die unseren Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern sehr viel Fingerspitzengefühl abverlangt. Ich bin stolz darauf und ich glaube, wir können als Gesellschaft stolz sein. Ich bin auch stolz darauf, dass es damals hier im Nationalrat einen einstimmigen Beschluss dazu gab und wir in der Zwischenzeit 23 000 neue Staatsbürgerinnen und Staatsbür­ger haben, die unsere Gesellschaft massiv bereichern. Und die erste Stelle, zu der sie gekommen sind, war das österreichische Konsulat, war die österreichische Botschaft, die sie unter ihre Fittiche genommen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Punkt, den ich, wie Sie wissen, immer wieder anbringe, ist der Amtssitz: Konferenzstandort Wien, Ort der Begegnung, Ort der Diskussionen. Da freue ich mich, dass wir nächstes Jahr ein Plus von 3,1 Millionen Euro haben werden. Das heißt, wir werden auch nächstes Jahr wieder aktiv Konfe­renztätigkeiten machen können; und Sie alle in diesem Raum wissen: Das ist, ganz schnöde gesagt, sogar im Interesse des Wirtschaftsstandorts Österreich.

Wir haben ja über die Jahre immer wieder Studien gesehen, sei es von Price­waterhouseCoopers, von Ernst & Young oder anderen, die aufzeigen: eine Wertschöpfung von 1,3 Milliarden Euro für den Wirtschaftsstandort Ös­terreich sowie 19 000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt durch die Präsenz der internationalen Organisationen in Österreich und in Wien gesichert werden. Das ist wahnsinnig viel und wahnsinnig wichtig, und eigentlich kann man erneut sagen: well invested money, denn einem Plus von 3,1 Millionen Euro steht eine Wertschöpfung von 1,3 Milliarden Euro gegenüber. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ernst-Dziedzic und Stögmüller.)

Wir haben es ja schon von den Vorrednern gehört: Ja, der Wind, der uns interna­tional entgegenweht, ist sehr viel rauer geworden. Daher ist es klar, dass für mich der politische Fokus beim Budget 2024 im Bereich Sicherheit liegt. Im­merhin können wir da ein Plus von 15 Millionen Euro verzeichnen: 7,5 Mil­lionen Euro für die Verstärkung der IT-Sicherheit; Sie werden sich vielleicht noch erinnern, dass das Außenministerium im Jahr 2020 Opfer des größten Cyberangriffs in der Geschichte der Zweiten Republik war. Wir können mit diesen 7,5 Millionen Euro weiter in Cybersicherheit investieren, in Kryptografie, in die Runderneuerung unseres Rechenzentrums und auch in ein Leucht­turmprojekt der IT-Konsolidierung auf Bundesebene: die weltweite Einführung des Elektronischen Aktes in allen österreichischen Vertretungsbehörden.

Weitere 7,5 Millionen Euro – das ist mir auch persönlich sehr wichtig – werden wir in die Sicherheit im Baubereich investieren. Ich habe dazu ein dras­tisches Beispiel: Wir haben alle erlebt, was es bedeutet, wenn in Stockholm ein Koran verbrannt wird. Das reicht, um die Botschaften von Marokko bis Pakistan in Alarmbereitschaft zu versetzen, da Botschaftsgebäude westlicher Staaten angegriffen werden. Wir haben das auch bei den Mohammedkarika­turen in Dänemark erlebt.

Wir sind aber wieder in so einer Situation, und wir müssen da dringend – es geht nicht nur um die Einsatzfähigkeit im Krisenfall, sondern auch um die persön­liche Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir mit ihren Familien ins Ausland entsenden – entsprechende Vorsorge treffen. Wir werden etwa in Islamabad einen völlig neuen Compound bauen müssen, zur Sicherheit der Mitarbeiter. Wir werden an einigen Orten wie Kiew, Abuja, Bagdad und Pretoria andere Maßnahmen wie etwa die Anschaffung gepanzerter Fahr­zeuge treffen. Das alles sind Ergebnisse des Umstands, dass das Umfeld rauer geworden ist, dass die Situation eine andere ist, wie wir sie uns noch vor Jahren vorgestellt oder erhofft haben.

Gerade in diesem Zusammenhang – es wurde auch schon erwähnt – bin ich zutiefst davon überzeugt, dass Afrika einer der wesentlichen Brennpunkte der österreichischen Außenpolitik für die kommenden Jahre sein wird. Die Beziehung Europas zu Afrika wird wesentlich für unseren Wirtschaftsstand­ort, für die Innovation, aber auch für unsere Sicherheit – Stichwort Migra­tion – und anderes sein.

Ich bin daher auch dem Bundeskanzler und dem Finanzminister sehr dankbar, dass sie die Rahmenbedingungen geschaffen haben, dass wir zum ersten Mal seit Jahrzehnten – die letzte Botschaftseröffnung in Afrika war 1982 – wieder eine Botschaft eröffnen können, nämlich in Ghana. Das wird im ersten Halbjahr des nächsten Jahres geschehen. Wir haben dazu ein eigenes Anschubbudget von 3 Millionen Euro und fünf Planstellen erhalten. Außerdem werden wir nächstes Jahr erstmals auch ein Kulturforum in Pretoria, das erste Kulturforum Österreichs in Subsaharaafrika, eröffnen. (Abg. Kassegger: ... Kapstadt!)

Das ist auch wichtig, um einfach unseren Fußabdruck, unsere Präsenz auf diesem Kontinent, der, glaube ich, für das Schicksal Europas in der Zukunft entscheidend wird, zu vergrößern. Aber ja, es gibt noch Luft nach oben. Wir haben in den insgesamt 49 Staaten in Subsaharaafrika bislang nur fünf Botschaften. Ich glaube, das ist der Beginn einer Reise, auf der wir sicher noch weitere Schritte setzen müssen. (Abg. Stögmüller: Ist aber auch wenig wirtschaftlich!)

Last, but not least: Lassen Sie mich noch erwähnen, dass ich mich natürlich freue, dass wir mit der Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit und der Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds, das heißt der huma­nitären Hilfe, gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Aufwärts­trend fortsetzen können. Ich freue mich, dass es bei den bilateralen Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit ein Plus von 2 Millionen Euro, beim Auslandskatastrophenfonds von 2,5 Millionen Euro, der sich damit auf 80 Millio­nen Euro erhöht, gibt.

Herr Abgeordneter Kassegger, Sie haben „Gießkanne“ gesagt. – Das ist mitnichten Gießkanne. (Abg. Kassegger: Das können wir diskutieren!) Das ist im Eigeninteresse wohlinvestiertes Geld. (Abg. Kassegger: Das ist Ihre Meinung, aber wir können gern diskutieren!) Warum? – Weil wir wollen, dass für die Men­schen vor Ort Perspektiven geschaffen werden, damit sie sich eben nicht in die Hände der Menschenhändler begeben, nicht auf den gefährlichen Weg nach Europa machen, sondern dort, wo sie leben, das Gefühl haben, dass sie eine Perspektive in ihrem Leben haben. Darum geht es in Wirklichkeit bei huma­nitärer Hilfe und bei Entwicklungszusammenarbeit. (Abg. Stögmül­ler – Beifall spendend, in Richtung ÖVP –: Ihr seids aber schlechte Klatscher!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, dass Budgetsteigerungen für das Außenministerium in solch herausfordernden Zeiten keine Selbstverständlichkeit sind. Von meiner Warte aus ist es nicht nur ein klares Bekenntnis zur öster­reichischen Außenpolitik, sondern es ist, und das ist mir ganz besonders wichtig, in meinen Augen auch eine Anerkennung des Einsatzes der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums, die oft unter unglaublich schwierigen Umständen wirklich Großartiges leisten. Erlauben Sie mir, dass ich hier auch als Minister mit einem herzlichen Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums dafür, was sie im vergangenen Jahr geleistet haben, ende. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.22

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Bettina Rausch-Amon. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.