16.30

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Steuerpolitik wird seit Jahrzehnten in der OECD, sprich unter 38 Mitgliedstaaten, die vor allem Industriestaaten sind, die dementsprechend auch in diesen Agreements ihre Interessen vertreten, verhandelt – (in Richtung Präsidium:) meine Redezeit läuft nicht –, und es ist deswegen nicht verwunderlich, dass keines dieser OECD-Abkommen jemals global Gültigkeit bekommen hat. Die Diskussion über eine Steuerstruktur, die alle Länder umfasst, die auf UN-Ebene verhandelt wird, gibt es seit Jahren, seit Jahrzehnten. Fahrt aufgenommen hat sie speziell mit der dritten Financing-for-Development-Konferenz und der Addis Ababa Action Agenda 2015.

Seitdem wird sie doch sehr strukturiert geführt, ist nach wie vor heiß umfehdet, und gestern ist zu dieser Frage ein Meilenstein gelungen: In New York ist von der UN-Generalversammlung mit großer Mehrheit eine historische Resolution über die zukünftige internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen verabschiedet worden. Diese sieht vor, dass es Verhandlungen für ein UN-Rahmenübereinkommen im Steuerbereich gibt, dass dazu Verhandlungen aufgenommen werden und erstmals wirklich alle Staaten der Welt gleichberechtigt an einem Tisch sitzen und über ein solches globales Steuerübereinkommen diskutieren werden.

Es hat natürlich heftigen Widerstand gegeben, vor allem seitens der OECD-Staaten, aber auch der EU und Großbritanniens. Mit einer Ausnahme haben dann auch alle OECD-Staaten plus alle EU-Staaten gegen dieses Abkommen gestimmt, so auch Österreich. Trotzdem ist diese Resolution mit 125 zu 48 Stimmen bei neun Enthaltungen angenommen worden, was ich sehr, sehr fein finde, weil den Staaten jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro durch Steuertricks verloren gehen. Die Staaten würden dieses Geld dringend brauchen, weil sie es für wichtige Vorhaben im Bereich Armutsbekämpfung, im Bereich Bildung, im Bereich Bekämpfung der Klimakrise oder für Gesundheitsinfrastruktur ausgeben sollten und ausgeben wollen; sie haben dieses Geld aber nicht, weil es irgendwo in Steuersümpfen versickert.

Es ist im Interesse, wie ich meine, aller Länder, ein gutes globales Abkommen zu haben, ein globales UN-Instrument dazu zu haben, das auch Rechtsverbindlichkeit hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuergerechtigkeit auch auf internationaler Ebene forcieren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für internationale und europäische Angelegenheiten werden aufgefordert, sich auf internationaler wie auch auf europäischer Ebene für mehr Steuergerechtigkeit einzusetzen, und sich außerdem in Zukunft für eine rechtsverbindliche UN-Konvention, die eine global gerechte Verteilung von Steuern vorsieht, auszusprechen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

betreffend: Steuergerechtigkeit auch auf internationaler Ebene forcieren

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2178 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 (Bundesfinanzgesetz 2024 –BFG 2024) samt Anlagen (2300 d.B.) UG 16

Die internationale Steuerpolitik wird seit Jahrzehnten in der OECD verhandelt, obwohl diese kein globales Verhandlungsforum ist. Die OECD besteht lediglich aus 38 Mitgliedsländern, vorrangig Industrienationen. Keines der bestehenden internationalen Steuerabkommen wurde jemals weltweit gebilligt. Es ist daher wenig überraschend, dass viele internationale Steuerregeln die Interessen der Industrienationen widerspiegeln – und nicht jene der Schwellen- und Entwicklungsländer – oftmals stehen sie diesen sogar entgegen.

Globale Reformen wie die 15-prozentige Konzern-Mindeststeuer werden federführend von der Industriestaatenorganisation der OECD verhandelt, einige Länder des Globalen Südens betrachten ihren Einfluss als zu gering und ihre Interessen unzureichend vertreten.

Doch dies könnte sich in naher Zukunft ändern: In einer UN-Resolution hat die Staatengemeinschaft Ende 2022 eine Stärkung der UNO im Steuerbereich beschlossen. Sie eröffnet einen zwischenstaatlichen Verhandlungsprozess von dem sich viele eine UN-Steuerkonvention von weltumspannender Gültigkeit versprechen. Ein daran anschließender Bericht von UN-Generalsekretär António Guterres von September 2023, enthält drei Optionen, die diesbezügliche Rolle der UNO zu stärken: zwei rechtlich bindende Varianten in Form von Konventionen und eine freiwillige Option im Sinne eines internationalen Gesprächsforums.

Bis zum 22. November wurde auf UN-Ebene ein Resolutionsentwurf der afrikanischen Länder diskutiert, der forderte, bis 2025 eine rechtsverbindliche UN-Steuerkonvention auszuarbeiten.

Folglich wurde am 22. November in der Generalversammlung in New York mit großer Mehrheit eine historische Resolution über die zukünftige internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen verabschiedet. Sie sieht vor, Verhandlungen über ein UN-Rahmenübereinkommen im Steuerbereich aufzunehmen. Damit können erstmals alle Staaten gleichberechtigt innerhalb der UNO über die künftige internationale Steuerpolitik und ein faires, globales Steuerabkommen verhandeln.

Heftiger Widerstand gegen eine Stärkung der UNO in Fragen der globalen Steuerpolitik kam bis zuletzt von den OECD-Staaten, insbesondere von der EU und Großbritannien. Mit einer Ausnahme stimmten die OECD-Staaten geschlossen gegen die Resolution, darunter auch die EU-Staaten und Österreich. Die Resolution wurde dennoch mit 125 zu 48 Stimmen und 9 Enthaltungen angenommen.  227 zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften aus 70 Ländern unterstützen diese Forderung und fordern weiters ihre Regierungen in einem Brief auf, diese historische Chance für eine demokratische Steuerrevolution hin zu Transparenz und Gerechtigkeit zu unterstützen.

Hunderte Milliarden Euro gehen den Staaten weltweit durch Steuertricks von Konzernen verloren. Mittel, die für Vorhaben wie für die Bekämpfung der Armut, für Bildung, für Gesundheit oder zur Bekämpfung der Klimakrise dringend benötigt werden würden. Es braucht daher endlich ein gerechtes, globales Steuersystem, in dem Steuermissbrauch und Steuerbetrug wirksam und im Interesse aller Länder – eben auch im Interesse der Länder des Globalen Südens - bekämpft werden können. Es ist aus diesem Grund nicht verständlich, weshalb sich Österreich auf UN-Ebene gegen ein rechtsverbindliches Instrument ausspricht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für internationale und europäische Angelegenheiten werden aufgefordert, sich auf internationaler wie auch auf europäischer Ebene für mehr Steuergerechtigkeit einzusetzen, und sich außerdem in Zukunft für eine rechtsverbindliche UN-Konvention, die eine global gerechte Verteilung von Steuern vorsieht, auszusprechen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.