15.02

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Herr Gesundheitsminister, auch zuständig für die Pflege! Meine geschätzten Damen und Herren! Im Grunde kann man jedem dieser Anträge, die wir hier gemeinsam debattieren, etwas abgewinnen. Selbst der etwas kurios formulierte Antrag mit den Marokkanern enthält in der Begründung inhaltlich auch einiges Richtiges. Er wirft nämlich die Frage auf, warum in Österreich manche, die in der Pflege gearbeitet haben, aus dem Beruf aussteigen. Wie steht es um die Attraktivität dieses Berufs? – Das ist das eine.

Was mich bei den bisherigen Redebeiträgen wundert, ist die Tatsache, dass noch niemand den ganz aktuellen Rechnungshofbericht erwähnt hat. Erst im Februar 2020 wurde dem Parlament ein umfassender Rechnungshofbericht zugeleitet, der auch einige wichtige Facetten aufzeigt. Man erkennt, wie breit gefächert das gesamte Pflegewesen in Österreich ist. Wir geben in Summe circa 7,9 Milliarden Euro für die Pflege in Österreich aus – natürlich in den verschiedensten Bereichen. Wir haben in Österreich nicht ganz 500 000 Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher, verteilt auf die Bundesländer, und von diesen wiederum sind circa 16 Prozent in stationären Ein­richtungen. Diese 16 Prozent bedeuten circa 80 000 Personen. Etwa 6 Prozent werden durch eine 24-Stunden-Betreuung unterstützt. Etwa 77 Prozent, also der Rest, sind in häuslicher Pflege – teilweise komplett informell, wie man sagt, also mit Unterstützung durch pflegende Angehörige, und teilweise durch die mobilen Dienste unterstützt.

Dieser Rechnungshofbericht zeigt zum Beispiel auch gravierende Unterschiede in den Bundesländern auf. Das rührt natürlich daher, dass es in vielen Bereichen eine Kompetenz der Länder gibt und die Ausführung auch bei den Gemeinden liegt.

Man sieht zum Beispiel, dass in einem Bundesland, in diesem Fall Tirol, 40 Prozent weniger pro Einwohner für die Pflege ausgegeben werden als zum Beispiel in meinem Bundesland, der Steiermark.

Diese Unterschiede aufzuarbeiten, all diese Bereiche in ein umfassendes Pflege­konzept zu gießen, wird unsere Aufgabe sein. Deswegen hat es keinen Sinn, meine geschätzten Damen und Herren von der Opposition, wenn wir jetzt einzelne Anträge beschließen, hier etwas erhöhen, dort etwas verändern, das Pflegegeld erhöhen, bei der Demenzstrategie etwas machen. Ja, das alles muss in einem umfassenden Pfle­gekonzept Platz finden.

Hätten wir jetzt nicht die Coronakrise, dann wären wir mitten in diesem Diskussions­pro­zess. Bundesminister Anschober hat es in einer der letzten Sitzungen vor der Corona­krise dargelegt. Wir als gesamte Regierung und als Regierungsfraktionen befinden uns mitten in einem Prozess, den wir gemeinsam gestartet haben und zu Ende bringen müssen, aber nicht mit Einzelmaßnahmen, sondern mit einem umfassenden Konzept.

In den heutigen Redebeiträgen zu diesem Thema wurde auch noch nicht erwähnt, dass wir in Österreich ganz stark auf das Thema Prävention schauen müssen. Wir sehen im internationalen Vergleich, dass es nicht unbedingt eine Auszeichnung ist, wenn wir sagen können, in Österreich haben 5,2 Prozent der Bevölkerung Anspruch auf Pflegegeld, weil diese Personen Pflegebedarf haben. Wir müssen schauen, dass wir diesen Prozentsatz verringern, wie es in manch anderen Ländern ist.

Warum ist es in manch anderen Ländern so, dass sie weniger Pflegebedarf haben? – Weil sie früher auf eine bessere Prävention setzen. Das muss ein ganz großer Teil des Pflegekonzeptes werden: Prävention als erste Maßnahme, die gestärkt gehört.

Weiters geht es natürlich um die Frage, wie wir Pflege in allen Bereichen organisieren (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), von der Unterstützung zu Hause bis hin zu den Richtlinien, wann jemand in ein Pflegeheim kommen darf oder muss, wie die personelle Ausstattung ist und dergleichen. Diese Parameter müssen natürlich auch genau besprochen und beschlossen werden.

Am Ende steht dann die Frage: Wer finanziert den ganzen Aufwand? – In dieser umfassenden Vorgangsweise müssen wir uns wiederfinden. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Deswegen stimmen wir Einzelanträgen derzeit nicht zu, sondern erarbeiten gemeinsam – Sie, werte Opposition, hoffentlich gemeinsam mit uns in den Regierungsfraktionen und in der Regierung – ein umfassendes Pflegekonzept für alle neun Bundesländer und für ganz Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der Grünen.)

15.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Sitzung und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.