20.39

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren ist in Österreich die Einführung von Gruppen- und Sammel­klagen in Diskussion. Letztendlich scheitert die Umsetzung immer an Teilen der ÖVP. In Zeiten der Coronakrise hat die Notwendigkeit einer Sammelklage eher noch zugenommen.

Worum geht es? – Es geht darum, dass in Massenschadensfällen, wie zum Beispiel beim VW-Abgasskandal, eine Vielzahl betroffener Geschädigter einem wirtschaftlich mächtigen Schädiger gegenübersteht, und zwar aufgrund desselben rechtswidrigen Verhaltens – also übermächtige Konzerne gegen einzelne Konsumentinnen und Konsumenten. Dass es da ein ungleiches Aufeinandertreffen gibt, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Uns, der SPÖ, geht es um ein Agieren auf Augenhöhe, darum, dass Geschädigte leichter zu ihrem Recht kommen, und auch um mehr Rechtssicherheit: Mit nur einem Urteil kann man für viele Menschen Schadensgutmachung erreichen.

Die Schäden des Einzelnen in Massenschadensfällen sind möglicherweise nicht sehr hoch. Eine Prozessführung würde sich für den Einzelkläger aufgrund des Kosten- und Prozessrisikos nicht lohnen. Wenn sich viele, vielleicht Hunderte Geschädigte zusam­menschließen und es nur zu einem Prozess kommt, hätte dies für alle immense Vor­teile.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie wissen, haben wir in Österreich ohnehin außer­ordentlich hohe Gerichtsgebühren. Auch deshalb wäre es im Interesse der Betroffenen äußerst sinnvoll, wenn wir endlich ein modernes Gruppenverfahrensrecht hätten. Das Argument der ÖVP, dass mit der Einführung der Sammelklage amerikani­sche Zustände kommen würden, entspricht nicht den Tatsachen. Wir wissen alle, dass nach österreichischem Recht nicht annähernd diese gigantischen Schadenssummen, wie sie in den USA üblich sind, eingeklagt werden können – reine Erfolgshonorare sind hierzulande auch verboten.

Ein anderer Einwand ist, dass wir ohnehin die sogenannte Sammelklage österreichi­scher Prägung haben. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Nur wissen wir, wie holprig, wie aufwendig und wie unattraktiv das Ganze ist. Man bräuchte einen Verband wie den Verein für Konsumenteninformation oder die Arbeiterkammer, an die man die For­de­run­gen abtreten kann, und das ist für viele schon eine Hemmschwelle. (Abg. Steinacker: ... sehr gut!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir diesen Antrag im zuständigen Fachausschuss sachlich und intensiv debattieren werden und dieses Thema dann auch im Plenum besprechen werden. Da – vielleicht geht es dann auch schneller – auf EU-Ebene die Verbandsklagenrichtlinie mehr oder weniger auf Schiene ist, glaube oder hoffe ich, dass wir bald zu einem modernen Gruppenverfahrensrecht kommen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Mag.a Corinna Scharzenberger ist zu Wort gemel­det. – Bitte, Frau Abgeordnete.