12.41

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch-Amon (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Apropos Zuseher:innen und Gäste: Im Namen meiner Kollegin Martina Diesner-Wais darf ich zu dieser Debatte die Bäuerinnen aus Raabs an der Thaya herzlich willkommen heißen. – Wir freuen uns, dass ihr hier seid! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

„Selten ist in Europa überall Frieden und nie geht der Krieg in den anderen Weltteilen aus.“ –Das hat Carl von Clausewitz in den 1830ern geschrieben, und es scheint, dass sich das bis heute nicht geändert beziehungsweise traurige Realität wiedererlangt hat.

Der sogenannte Nahostkonflikt begleitet uns ja tatsächlich schon sehr lange. Seit ich mich erinnern kann, bewusst erinnern kann, flimmert er über unsere Bildschirme, und man läuft dann als Gesellschaft Gefahr, in so einer Situation auch ein Stück weit abzustumpfen, so nach dem Motto: Das gehört dazu, das müssen wir hinnehmen.

Seit dem 7. Oktober ist alles anders. Am 7. Oktober sind im Zuge des brutalen Angriffs der Hamas 1 200 israelische Zivilistinnen und Zivilisten ermordet, ja, wir haben es gehört, hingerichtet worden, mehrere Tausend verwundet und rund 240 Menschen als Geiseln verschleppt worden. Es ist etwas passiert, das wir uns nicht einmal in den schlimmsten Albträumen ausmalen konnten, wo wir jetzt nicht mehr zur Tagesordnung übergehen können, was wir auch als Gesellschaft, als Menschen nicht hinnehmen können.

Im Gegenteil, es ist etwas, das wir benennen und worüber wir reden müssen, nämlich über Terror und wie man damit umgehen kann, soll und muss. Insofern bin ich froh, dass wir als österreichisches Parlament heute mit diesem Antrag einstimmig ein sehr klares Zeichen setzen, klar Position beziehen, Terror ablehnen, seine Gefahren aufzeigen, aber auch dafür eintreten, zu einer Lösung des Konflikts einen Beitrag zu leisten.

So klar die Position hier im Hohen Haus ist – danke vielmals dafür –, bin ich durchaus in Gesprächen mit der Bevölkerung immer wieder auch mit Fragen in diesem Zusammenhang konfrontiert. Ich möchte auf ein, zwei dieser Fragen eingehen.

Eine Frage, die mir begegnet, ist: Warum darf Israel da Gewalt anwenden? Warum führen die denn Krieg im Gazastreifen? – Dazu ist einiges gesagt worden, aber ich möchte es noch einmal hier festhalten: Der Terror der Hamas ist der größte Angriff auf Jüdinnen und Juden seit dem Zweiten Weltkrieg. Israel nutzt als Konsequenz sein völkerrechtlich verbrieftes Recht zur Selbstverteidigung. Die Hamas wiederum nutzt Menschen, die Geiseln, aber auch Zivilistinnen und Zivilisten im Gazastreifen, als Schutzschilde, und all das führt natürlich zu einer verheerenden Situation für Einzelne. Es führt zu Leid, natürlich kommen Menschen zu Schaden.

Dieser oft so technisch verwendete Begriff Kollateralschaden lässt mich nicht kalt und ich mag ihn auch nicht verwenden. Leider passiert das und kommt vor, aber nichtsdestotrotz gibt es dieses Recht – Völkerrecht – und damit auch das Recht auf Selbstverteidigung. Das ist etwas, das man als Staatengemeinschaft errungen hat, und wir können jetzt nicht einfach sagen, weil uns eben auch schreckliche Bilder erreichen, das würde plötzlich nicht mehr gelten. Es gilt genauso wie nach dem 7. Oktober noch heute, und wir stehen da an der Seite Israels. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weiters begegnet mir die Frage: Was hat das alles mit uns zu tun? Warum ergreifen wir hier in Österreich Partei für Israel? – Zweifache Antwort: Gerade Österreich hat eine historische Verantwortung: Israel war und ist ein Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden nach dem Holocaust, und Österreich hat sich nicht nur dazu verpflichtet, dafür einzustehen, im internationalen Kontext geradezustehen. Wir haben auch Selbstverpflichtungen übernommen, die Opfer des NS-Regimes zu unterstützen, sie zu entschädigen.

Wer heute in Österreich lebt – ganz gleich, ob er oder sie über Generationen hier lebt oder zugewandert ist –, tritt in diese Geschichte des Landes, der Republik mit ein, auch in die Verantwortung, die dieses Land trägt, und muss diese Werte teilen. Und deswegen dürfen wir weder im Nahen Osten noch bei uns zu Hause wegschauen. Das heißt nicht, dass man keine kritische Haltung gegenüber Israel haben darf; ich denke, der Herr Außenminister hat das klar benannt, auch was das Westjordanland betrifft. In einer Demokratie dürfen wir einander kritisieren, auch Demokratien untereinander dürfen das, es gibt Meinungsfreiheit im politischen Diskurs. Es geht aber darum, die Täter klar zu benennen: die Hamas, und die Gefahr klar zu benennen: den Terror.

Wir sehen in Europa wieder eine Woge des Antisemitismus über den Kontinent fegen, und wir erleben auch auf unseren Straßen und in den sozialen Netzwerken, also auf unseren Handys und Computern, dass Terror gefeiert, ja, verherrlicht wird, dass die Hamas als Terrororganisation nicht nur verharmlost, sondern beworben wird. Dazu ein klares Wort: Terror ist gefährlich, er ist im Kern antidemokratisch, denn er schränkt Lebens- und Freiheitsräume ein. Seine Aktionen sind lebensfeindlich und tödlich. Ihn zu verharmlosen oder ihn wie in manchen Kundgebungen in Europa zu feiern, zu verherrlichen, das können und dürfen wir in dieser Zeit nicht tolerieren! (Abg. Himmelbauer: Super!)

Terror, vor allem islamistischer Terror, ist ein Angriff auf unsere Art zu leben. Wir erleben gerade auch Auswirkungen der hybriden Kriegsführung, der Propaganda auf Social Media, und ich finde es wirklich schade, es tut mir weh zu sehen, dass junge Menschen breit instrumentalisiert und auch verführt werden.

Lassen Sie mich auch das sagen: Jede Art von Extremismus, egal ob von links oder von rechts, aus dem Aus- oder Inland, ist antidemokratisch, denn Extremismus spaltet, wiegelt auf und macht ein Zusammenfinden, ein Zusammenkommen und Arbeiten, wie eine Demokratie es braucht, unmöglich.

Die Volkspartei und mit diesem Antrag auch das Parlament – daher finde ich es auch so wichtig, das noch einmal zu betonen – treten klar gegen Extremismus auf und wir beziehen auch klar Position gegen Antisemitismus. Das können und sollen wir alle weiterhin in dreifacher Hinsicht tun: klar Position beziehen, das heißt, die Kundgebungen, die da passieren, genau zu beobachten.

Ich bin froh, dass Polizei und Innenminister das sehr besonnen machen – Gott sei Dank –, auch im Sinne des Schutzes von Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Ja, das ist im Kern Demokratie, aber mit Bedacht auch darauf, keine Situation eskalieren zu lassen, und mit – das ist wichtig – einem gleichzeitig klaren Blick darauf, wo Grenzen überschritten werden. Ich denke an die Verwendung von Hamas-Symbolen, ebenso an Wiederbetätigung. Da gibt es klare Grenzen und auch null Toleranz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Klar Position beziehen können wir auch hier mit unserem heutigen Antrag, durch den wir Solidarität mit den Menschen bekunden, die von Gewalt betroffen sind. Wir machen klar, dass wir auf der Seite von Völkerrecht, Demokratie und Freiheit stehen, gegen Terror und Antisemitismus, und dass wir davon ausgehend auch international, europäisch, bilateral unseren Einfluss geltend machen, ja, auf eine friedliche Lösung einwirken wollen.

Aber wir alle hier und auch Sie, die Sie heute von zu Hause aus hier zusehen, können klar Position beziehen, etwas beitragen: in Gespräche eintreten, wo immer wir, wo immer Sie können; Bedenken, Sorgen, Fragen, Ängste hören, aber auch Antworten geben und eben klar sagen, auf welcher Seite wir stehen; nicht abschalten nach dem Motto: Was geht uns das an? Das ist weit weg, und wenn ich das Handy abschalte, dann ist es vorbei!

Es geht uns etwas an, denn es geht um nicht mehr oder weniger als unsere Freiheit, unsere Demokratie und unser Lebensmodell! – Danke für Ihr Mitmachen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.49

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.