15.48

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Staatssekretär:innen! Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben gesagt: Nicht jeder Trend muss ins Klassenzimmer getragen werden!, aber ich halte es da ganz mit Barbara Prammer: Ja, nicht jedem Trend der Zeit muss man nachlaufen, aber die Überzeugung muss zum Trend werden. Und die Überzeugung von vielen Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten ist, dass unser Schulsystem, so wie es heute, 2023, aufgebaut ist, nicht mehr zeitgemäß ist und dass es Änderungen braucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Änderungen sind auch kein kurzfristiger Trend. Wie lange diskutieren wir bereits darüber, dass politische Bildung als eigenständiges Schulfach in allen Schultypen verankert werden sollte? Wie lange diskutieren wir darüber, dass Bildung in Österreich nach wie vor vererbt wird? – Seit Jahren! Das sind keine neuen Trends. Das sind wirklich Dinge, die wir in den letzten Jahren eigentlich schon längst hätten abschaffen sollen, und Pisa hat uns das wieder gezeigt.

Es ist leider auch wirklich extrem enttäuschend, denn mit den NEOS kann man in bildungspolitischen Bereichen durchaus zusammenarbeiten, aber nicht, weil wir Dogmatiker:innen sind, sondern weil uns Bildung eines der wichtigsten Themen überhaupt ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Das zeigt ihr in Wien!)

Da es der SPÖ von Beginn an wichtig war, auch die individuellen Leistungen und Chancen der Kinder in den Vordergrund zu stellen, waren es SPÖ-Ministerinnen, die insbesondere den Übergang vom Kindergarten in die Volksschule verbessert haben, um an den individuellen Chancen der Kinder einfach auch besser arbeiten zu können. (Abg. Kickl: Ihr seid große Individualisten!) Deshalb gibt es in Wien den Bildungscampus als Modell, wo die vielen verschiedenen Schultypen zusammenarbeiten, um für das Kind das Beste herauszuholen. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Schultypen da zusammenarbeiten. (Abg. Taschner: Ah, gibt es doch verschiedene Schultypen?)

Wir wissen, Bildung ist die beste Investition in unsere Zukunft. Wir müssen investieren und reformieren. (Beifall bei der SPÖ.) Aktuell sehen wir aber nur Investitionen. Pisa hat das bestätigt: Es ist ein teures Schulsystem, wobei die großen Reformen aktuell ausstehen. Diese Reformen sind vermutlich von dieser Bundesregierung auch nicht mehr zu erwarten.

Wenn wir jedoch sehen, dass nur 12 Prozent der Kinder aus Nichtakademiker:innenhaushalten einen Hochschulabschluss machen, aber 60 Prozent der Kinder aus Akademiker:innenhaushalten, dann wissen wir, dass konkret gesprochen nicht die einen Kinder gescheiter sind als die anderen, sondern dass Bildung nach wie vor vom Elternhaushalt abhängt. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ein Problem, insbesondere für die ÖVP, denn wenn man sagt, man ist technologieoffen – anstatt konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu setzen –, dann kann man auf die besten Köpfe in diesem Land nicht einfach verzichten.

Diese Bildungsvererbung muss endlich aufgebrochen werden! Wir müssen diese Dogmen knallhart hinterfragen und aufbrechen. Macht es Sinn, Kinder früh einzuteilen, nämlich in Gute und Schlechte, in Bessere und Schlechtere? Macht es Sinn, Kinder nach dem Haushalt, aus dem sie kommen, einzuteilen? – Nein! Das sagen alle Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten, und wir müssen ihnen endlich Gehör verschaffen.

Wir müssen ihnen Gehör verschaffen, nämlich mit einer gemeinsamen Schule (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Abg. Salzmann), an der gelernt und auch die Hausübung gemacht wird (Abg. Kickl: Passt jetzt nicht zu dem von vor 2 Minuten!), damit die schwere Schultasche mit den Aufgaben nicht am Nachmittag dann noch mit nach Hause genommen werden muss; eine Schule ohne Notwendigkeit von sündhaft teurer Nachhilfe; eine Schule, die wirklich im 21. Jahrhundert ankommt, und das mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr. (Beifall bei der SPÖ.) Nur so können wir die Kinderrechtskonvention auch vollends erfüllen und den Kindern ihr Recht auf Bildung geben.

Auch brauchen wir den Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr für Kinder mit Behinderung, um die Behindertenrechtskonvention entsprechend zu erfüllen – passiert im Übrigen in Wien (Ruf: Nur in Wien ist das!) –, ganz klar, weil wirklich allen Kindern auch Bildung zusteht, nämlich individuell nach ihren Bedürfnissen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss nur noch ein Appell, weil es nicht nur bei dieser Debatte zum Dringlichen Antrag um Bildung und Reformen geht: Die Industriellenvereinigung, die Gewerkschaftsjugend, die Bundesjugendvertretung, die Arbeiterkammer – all diese Institutionen und noch viele mehr verlangen eine wirklich große Bildungsreform, die tatsächlich die Schule in Österreich verändert, sodass wir den Anschluss an die Spitzenreiterinnen und Spitzenreiter schaffen. Und sie alle haben recht. (Beifall bei der SPÖ.)

15.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster gelangt Abgeordneter Brückl zu Wort. – Bitte.