16.30

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Herr Minister, Sie haben gesagt, wir sind auf einem guten Weg. Ich muss Sie da wirklich enttäuschen: Wir sind nicht nur laut den Ergebnissen der Pisa-Studie mangelhaft, sondern wir haben Ende August auch die Staatenprüfung der Vereinten Nationen gehabt, und auch da hat Österreich wirklich erschütternd schlecht abgeschnitten.

Vielleicht finden Sie auch das erfreulich, was traurig genug ist, aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Ergebnisse dieser Staatenprüfung haben zum einen ergeben, dass die Bundesländer der Notwendigkeit, die Überführung der Rechte in Landesrecht umzusetzen, nur unzureichend nachkommen, und der zweite massive Kritikpunkt ist der Bildungsbereich. Wir haben darüber auch schon ausführlich gesprochen. Was da besonders frustrierend ist, ist nicht nur der Stillstand, sondern auch der massive Rückschritt im Bildungsbereich, den Sie offenbar so erfreulich finden.

Warum gibt es Rückschritte? – Es gibt eine teilweise Beendigung inklusiver Schulpolitik, es gibt gravierende Kapazitätsengpässe, es gibt fehlende Finanzmittel, Mangel an geschultem Personal, fehlende persönliche Assistenz, fehlenden Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr, fehlende Gebärdensprache in den Schulprogrammen, mangelhafte Datenlage, Priorisierung segregierender Schulen gegenüber inklusiven Schulen. On top, weil Sie ja die Sonderschulen auch noch ausbauen wollen, werden diese dann noch beschnitten, sodass Schulausflüge für schulfremdes Personal an Sonderschulen nicht mehr genehmigt werden – das kommt noch dazu.

Zusätzlich haben wir noch aufwendige und langwierige Verwaltungsverfahren – Stichwort SPF-Studie. Die kürzlich vorgelegte Studie hat ganz klar gezeigt, dass diese Verfahren dringend harmonisiert und entbürokratisiert gehören.

Man kann die Eltern und die Kinder nicht über Wochen und Monate im Ungewissen lassen, ob sie einen Bescheid bekommen oder nicht. Im Fall einer Mutter, die mir jetzt geschrieben hat, bekommt die elfjährige Tochter, die sie zu Hause gefördert hat, weil sie in der Schule zu wenig Unterstützung bekommt, wahrscheinlich nicht einmal den SPF bestätigt, weil die Mutter sie so gut gefördert hat, dass sie mit elf Jahren zu gut für SPF ist. Sie leidet aber an einem Double-Cortex-Syndrom, und ihr Wissensstand wird sich wahrscheinlich nicht mehr verbessern. Sie bekommt keinen SPF bestätigt, denn das brauchen wir ja nicht. Kinder mit Behinderung werden in Österreich nicht gefördert.

Ganz ehrlich: Sie sehen an den Ergebnissen der Staatenprüfung, dass es im Bildungsbereich an allen Ecken und Enden kracht. Es gibt wahrscheinlich keinen einzigen Aspekt der inklusiven Bildung, der wirklich flächendeckend zufriedenstellend ist. Wenn man Ihnen da ein Zeugnis ausstellen müsste, gäbe es durch die Bank ein Nicht genügend, Herr Minister. (Beifall bei den NEOS.)

Da geht es aber um Kinder, die lernen wollen und lernen können, und die werden von Ihnen systematisch ausgegrenzt. Bildung ist ein Recht, das jedem Kind gleichermaßen zusteht, daher an dieser Stelle nicht eine Bitte, sondern eine nachdrückliche Aufforderung: Machen Sie sich einmal die Mühe und lernen Sie diese Kinder kennen! Sie haben gesagt, Sie besuchen jede Woche eine Schule. Wie wäre es, wenn Sie einmal eine Sonderschule oder eine inklusive Schule besuchen und sich überraschen lassen, was diese Kinder alles leisten und können? (Beifall bei den NEOS.)

Dann könnte man sie nämlich super in die Schule integrieren, inkludieren, damit diese Kinder ihre Talente auch entfalten können und dann in weiterer Folge auch auf dem Arbeitsmarkt arbeiten und Fuß fassen können.

Es gibt ausreichend Verbesserungspotenzial, aber Sie tun da gar nichts, und das ist wirklich erschreckend. Wenn Sie wirklich etwas tun wollen: Führen Sie vielleicht in der Pädagog:innenbildung das Pflichtfach Inklusion ein und nicht das Wahlfach! Das wäre ein wirklicher Schritt in die richtige Richtung.

Möglicherweise kennen Sie das Zitat, das man dem ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zuschreibt: „Den Wert einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt.“ – Mit Ihrer Bildungspolitik machen Sie unsere Gesellschaft wertlos. Hören Sie auf mit der systematischen Ausgrenzung von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen! Alle Kinder haben Talente, Sie müssen nur einmal hinsehen, dann würden Sie das auch erkennen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

16.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Salzmann. – Bitte sehr.