16.52

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Bildung ist es ein bisschen wie mit dem Fußball: Jeder glaubt zu wissen, wie man die Nationalmannschaft aufstellen soll. Bei der Bildung glaubt jeder und jede, weil er, sie in der Schule war, zu wissen, wie Schule geht, wie Bildung geht. Beides ist natürlich ein Irrtum, und ein bisschen so ist auch diese Dringliche Anfrage der NEOS, muss ich sagen. Da wird ein Spektrum an Notwendigkeiten aufgezogen, die in dieser Form, ja, ich würde sagen, ein bisschen eigen sind.

Lassen Sie mich einen Blick zurück werfen: 1971 wurde die Zulassung zum Gymnasium, die sogenannte Aufnahmsprüfung, wie das geheißen hat, abgeschafft. Für die ÖVP war damals der Untergang des Abendlandes voll­kommen klar. Es war klar: Das wird furchtbar werden, wenn all dieser – ich sage es jetzt sehr überspitzt – Pöbel in die Gymnasien kommt.

Es kam zu einer Bildungsexplosion, die wir Gott sei Dank bis heute in all ihren Facetten weiterentwickelt haben, und da ist vor allen Dingen zu sagen, dass diese Maßnahmen den Frauen und Mädchen genützt haben, dass diese Politik genützt wurde, um zu maturieren. Wenn Sie sich die Quoten anschauen, sehen Sie, es ist heute ein ausgeglichenes Verhältnis – das war es 1971 bei Weitem nicht.

Dabei auf der Strecke geblieben ist teilweise – auch das muss man sagen – diese, wie das immer genannt wird, Vererbung. Das heißt, die Situation ist die, dass Menschen, die zum Beispiel nicht aus einem Akademikerinnen- oder Akademiker­haushalt kommen, schlechtere Chancen auf ihrem Bildungsweg haben. Das ist so und das gehört selbstverständlich verändert.

Ein Punkt, der in vielen der Redebeiträge angesprochen wurde, war: Machen wir eine Bildungsdebatte ohne Ideologie! – Na ja, warum man bei Bildung immer die Ideologie weglassen will, ist mir nicht nachvollziehbar, denn es sind natürlich ganz unterschiedliche Konzepte des Lebens, es sind unterschiedliche Konzepte von einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. Warum ausgerechnet da die Ideologie keine Rolle spielen sollte, ist für mich ehrlicherweise nicht nachvollziehbar.

Auf einen Punkt, der von den NEOS genannt wird, möchte ich eingehen: „ein nachhaltiger Bürokratieabbau mit Abschaffung der Bildungsdirektionen und des Lehrerdienstrechts“. Meine Kollegin Salzmann hat schon darauf hinge­wiesen. Ich habe kurz draußen gestanden, da hat Kollegin Künsberg Sarre gemeint: ein Rahmenkollektivvertrag. – Ja, das klingt irgendwie wirklich lustig, denn natürlich gibt das Dienstrecht den Lehrerinnen und Lehrern auch Sicherheit, nämlich die Sicherheit, zu unterrichten und nicht von Direktoren und Direktorinnen, weil sie zum Beispiel eine abweichende Meinung vertre­ten – wir sind wieder bei der Ideologie –, gekündigt werden zu können. Das könnten sie mit einem normalen Kollektivvertrag sehr wohl tun. Das gibt den Lehrerinnen und Lehrern eine Sicherheit, die sie in diesem System wirklich brauchen.

Keine Frage – da können Sie wahrscheinlich ideologiefrei jeden fragen –, dass es insgesamt eine Bildungsreform braucht, wie überall, weil es natürlich auch darum geht, über den Begriff Bildung zu debattieren. Wenn, wie Meinl-Reisinger vorliest, jemand schreibt, es sei zu „kopflastig“, dann frage ich mich aber: Wenn es zu kopflastig ist, wie ist das dann mit dem Lesen und Rechnen? Das ist im Kopf, das hat nichts mit Emotion zu tun. Die Frage ist also auch: Um welche Inhalte geht es in der Bildung, was müssen wir wissen?

Die meisten von Ihnen werden das Schulwissen, das wir erworben haben, nicht mehr parat haben. Die meisten von uns werden gelernt haben, was eine Amplitude ist, sie werden es aber wahrscheinlich nicht mehr wissen. (Abg. Taschner: Oh! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die Frage ist: Was ist der Inhalt von Bildung und was ist das Ziel von Bildung?, und genau in diesem Sinne geht es natürlich darum, wer welche Möglichkeiten, welche Chancen kriegt. Das müssen wir für alle Kinder und Jugendlichen in diesem Bildungsprozess, vom zweiten Lebensjahr an, würde ich sagen, vielleicht sogar vom ersten Lebensjahr an, sicherstellen; aber sicherlich nicht auf diese Art und Weise, mit populistischen Forderungen wie Abschaffung des Lehrer­dienstrechts oder auch der Bildungsdirektionen. Da kann man Herrn Wiederkehr nur empfehlen, dass er da ja beispielhaft vorangehen könnte. – Das tut er nicht.

Im Übrigen bin ich der Meinung: Bring them home now! (Beifall bei den Grünen.)

16.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Werner. – Bitte.