17.07

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Staatssekretärinnen! Ja, das Ausreden oder das Zuschieben von Zuständigkeiten in der Bildung und im Schulsystem hilft nur unseren Kindern gar nicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, es ist eh nur Wien schuld! SPÖ bös! NEOS bös! Das ist das Einzige, was man hört!) Es sind immer irgendwelche Länder schuld, es sind immer irgendwelche Parteien schuld, aber ich glaube, dass man sich sehr wohl das Bildungssystem anschauen muss. Die Beschreibung des Zustandes des Bildungssystems im vorliegenden Antrag ist ja durchaus zutreffend, und ich kann beschreiben, wie ich selbst es in den letzten Jahren ein Stück weit erlebt habe.

Vor der Coronapandemie war schon festzustellen, dass immer mehr Kinder Fördermaßnahmen oder Nachhilfe in Anspruch nehmen müssen, um überhaupt einen positiven Pflichtschulabschluss zu erreichen. Die Auswirkungen der Pandemie haben dann noch einiges draufgelegt. Geschlossene Schulen und Fernunterricht haben uns eigentlich gezeigt, wo es im Bildungssystem wirklich krankt.

Das digitale Zeitalter hat nur langsam und zögerlich in unserem Bildungssystem Einzug gehalten. Es fehlte an Endgeräten, an schnellen Breitbandzugängen, an geschultem Lehrpersonal, an Software. Es fehlte an allen Ecken und Enden – und es fehlte nicht ausschließlich zu Hause bei den Schülerinnen und Schülern, sondern es fehlte vor allem in den Schulen, und das ist, glaube ich, eines der größten Probleme gewesen, als es darum ging, den Unterricht sinnvoll weiter zu gestalten, während man die Pandemie bekämpft.

Ich habe das bei meinen eigenen Kindern selber erleben dürfen, die in dieser Zeit eine Neue Mittelschule beziehungsweise ein Gymnasium besucht haben: Vom Liveunterricht via Teams bis zum Abholen kopierter Zettel bei den Schulen zum Selbststudium war alles dabei, und das nicht nur am Anfang der Pandemie, sondern das hat sich bis zum Ende durchgezogen. Es war oftmals dem Engagement der Lehrpersonen zu verdanken, die auch ihre private IT-Ausrüstung verwendet haben, dass sie ihren Schülerinnen und Schülern einen ordnungsgemäßen Unterricht bieten konnten.

Das, aber auch vieles andere, hat dazu beigetragen, dass wir in der letzten Pisa-Studie wieder zurückgefallen sind. Wenn wir im internationalen Wettbewerb aber mitspielen wollen und mithalten wollen, dann muss sich das schnell ändern. Wir brauchen nicht ein paar beste und klügste Köpfe, wir brauchen möglichst viele kluge Köpfe. (Beifall bei der SPÖ.)

Um das zu erreichen, braucht es zahlreiche Maßnahmen, die wir in unseren Anträgen bereits formuliert haben. Dazu braucht es gut ausgebildetes, motiviertes Lehrpersonal, das auch die notwendigen Rahmenbedingungen vorfindet. Da geht es vor allem um ordentliche Arbeitsplätze. Da geht es um Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bis hin zu mehr Supportpersonal.

Wenn wir anstreben, die Erwerbsquote in Österreich zu heben, so braucht es ganztägige Schulformen. Es kann nicht sein, dass Eltern ganztägig arbeiten und dann noch für Hausaufgaben und Nachhilfe zuständig sein sollen. Das muss Aufgabe der Schulen sein. Es braucht vor allem Chancengleichheit. Es darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, ob ein Kind einen positiven Schulabschluss erreicht oder nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau das ist aber jetzt der Fall. Noch nie wurde so viel Geld für Nachhilfe ausgegeben wie jetzt. Das zeigt, dass unser Bildungssystem immer weniger in der Lage ist, unseren Kindern einen zeitgemäßen Pflichtschulabschluss zu ermöglichen und sie entsprechend auf das weitere Erwerbsleben vorzubereiten. Es ist traurig, dass zahlreiche Betriebe ihren Lehrlingen in Form von Zusatzunterricht die Grundrechnungsarten und sinnerfassendes Lesen extra beibringen müssen.

Wer das zur Kenntnis nimmt und nicht merkt, dass es gravierende Änderungen braucht, will offenbar ein solches System – ein System, in dem sich eine kleine Elite die beste Bildung leisten kann und alle anderen schauen müssen, wo sie bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Es ist Zeit, zu handeln, und nicht Zeit, sich zu freuen, dass wir nur ein bisschen schlechter oder nicht so schlecht geworden sind wie andere. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.12

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte. (Abg. Hanger: ... das Bildungssystem in Afghanistan ...!)