Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Situation der illegalen Migration ist eine, die ganz Europa und insbesondere auch Österreich beschäftigt. Wir haben in dem vergangenen Jahr gesehen, dass die illegale Migration mit sehr hohen Antragszahlen im Asylwesen verbunden war. Österreich hat ja auf europäischer Ebene, aber natürlich auch auf nationaler und auf bilateraler Ebene eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, die dazu geführt haben, dass die Flüchtlingszahlen, die Zahlen der illegalen Migration drastisch gesunken sind.

Auf europäischer Ebene wurde eine neue Regelung beschlossen, und ich würde Sie bitten, dass Sie die für Österreich wesentlichen Neuerungen, die in dieser europäischen Regelung enthalten sind, kurz darstellen.

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 304/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche der neuen Regelungen bei der Einigung der EU-Innenminister auf den Asyl- und Migrationspakt sind aus Ihrer Sicht für Österreich wesentlich?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich darf Ihnen allen einen schönen guten Morgen wünschen.

In diesem Asyl- und Migrationspakt, der am 9. Juni vom Rat der Innenminister beschlossen wurde, ist eine Vielzahl an Regelungen enthalten, die jetzt auch diskutiert werden. Aus meiner Sicht sind drei Punkte in diesem Asyl- und Migrationspakt essenziell, aber ich möchte vorher noch kurz darauf hinweisen, dass Voraussetzung für den Beschluss dieses Asyl- und Migrationspaktes am 9. Juni der Beschluss der Staats- und Regierungschefs am 9. Februar war, bei dem man sich erstmals zu einem gemeinsamen EU-Außengrenzschutz bekannt hat und gesagt hat: Ja, das ist eine Aufgabe für alle Länder der Europäischen Union. – Das war die Voraussetzung dafür.

Daher hat der Beschluss vom 9. Juni das klare Ziel: erster Punkt: funktionierender robuster EU-Außengrenzschutz; zweiter Punkt – aus meiner Sicht zentral –: schnelle Verfahren an der EU-Außengrenze vor allem für jene, die praktisch keine Chance auf Asyl haben; und der dritte Punkt, der auch intensiv und heftig diskutiert wurde – da hat es auch eine Sitzungsunterbrechung gegeben –: die Zusammenarbeit mit sogenannten sicheren Drittstaaten.

Das sind aus meiner Sicht jene Bereiche, die in diesem Asyl- und Migrationspakt essenziell sind, und dieser wird derzeit im sogenannten Trilog – Trilog heißt, das wissen Sie, Verhandlungen zwischen der Kommission, dem Vorsitz und dem Parlament – behandelt, in dem wir darauf drängen und das zuletzt bestärkt haben, dass dieser Pakt, dieses Paket, das durch die Innenministerinnen und Innenminister beschlossen wurde, nicht aufgeweicht wird.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Keine Zusatzfrage von Abgeordnetem Stocker.

Die nächste Frage stellt Abgeordnete Steger. – Bitte sehr.

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben einen wesentlichen Aspekt bei diesem Asyl- und Migrationspakt ausgelassen, nämlich die Krisenverordnung.

Mit Ihrer Enthaltung, mit Ihrem Umfaller haben Sie mit diesem Pakt wieder einmal – genauso wie die Europäische Union – bewiesen, dass Sie nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems sind, denn der notwendige Systemwechsel findet damit jedenfalls nicht statt – ganz im Gegenteil: Unter dieser Krisenverordnung verlangt die EU von den EU-Mitgliedstaaten einen sogenannten verbindlichen Solidaritätsmechanismus, was nichts anderes bedeutet als eine Zwangsverteilung von Migranten, sodass wir in Zukunft eben nur noch die Wahl haben, entweder Migranten aufzunehmen oder für jeden, den wir nicht aufnehmen, Summen zu zahlen – als Nettozahlerstaat, muss ich dazusagen.

Sie, die ÖVP und viele Ihrer Politiker, haben diese verpflichtende Verteilung oder die alternativen Zahlungen in der Vergangenheit mehrfach als absolutes No-Go bezeichnet, angefangen beim ehemaligen Bundeskanzler Kurz über Bundesministerin Edtstadler bis Bundeskanzler Nehammer.

Herr Bundesminister, selbst Sie haben auch noch im Mai dieses Jahres gesagt – ich zitiere –: „Wir werden einer Pflichtquote bei der Verteilung von Flüchtlingen nicht zustimmen, denn Österreich hat bereits mehr als genug geleistet.“ – Beim EU-Innenministerrat sind Sie dann umgefallen. (Ruf bei der ÖVP: Frage!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, Sie haben 1 Minute. Sie müssen bitte zur Frage kommen.

Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Das heißt, dass man Ihnen kein Wort glauben kann.

Daher meine Frage: Warum sind Sie trotz jahrelanger gegenteiliger Versprechen umgefallen, haben sich bei der Abstimmung enthalten und so dieser zwangsweisen Flüchtlingsverteilung den Weg geebnet? (Abg. Baumgartner: ... Fragestellung!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Nur eine kleine Korrektur: Ich habe mich nicht enthalten, sondern ich habe diesem Asyl- und Migrationspakt entsprechend zugestimmt, weil ich es für einen notwendigen, wichtigen Schritt halte, dass wir in diesem Bereich vorankommen.

Sie kennen die aktuellen Zahlen, Frau Abgeordnete, und wissen, dass wir auf europäischer Ebene in diesem Jahr eine Steigerung von 25 Prozent an Asylanträgen hatten, dass über 2 500 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind, weil sie sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg gemacht haben. Daher müssen wir Fortschritte machen. Jede Regelung, die jetzt getroffen wird, muss und wird besser sein als die jetzige. Das ist das klare Ziel.

Sie haben die verpflichtende Verteilung angesprochen: Ja, gegen diese haben wir uns ganz klar ausgesprochen. Ich halte das für den völlig falschen Schritt, weil man damit Menschen Hoffnungen macht, in ihnen Hoffnungen weckt, dass sie, wenn sie es bis Europa schaffen, dann auch innerhalb Europas verteilt werden. Das halte ich für den falschen Schritt, da bin ich völlig Ihrer Meinung. Zudem würde Österreich sogar davon profitieren, wenn wir verteilen würden, weil Österreich im Vergleich zu anderen Ländern über Gebühr belastet ist.

Daher: Verteilung: falscher Schritt. Ich habe diesem weiteren Schritt zugestimmt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Ramon. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Reimon!)

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin ein bisschen entspannter, aber deswegen ist mir das Thema nicht weniger wichtig.

Ich möchte das Thema aus Sicht der Menschenrechte und des Völkerrechts noch ein bisschen besser erklärt haben: Inwiefern wird diese neue Screening-Verordnung garantieren, dass die Einhaltung des Unionsrechts und des Völkerrechts in Zukunft systematisch überwacht und evaluiert wird, insbesondere der Grundsatz der Nichtzurückweisung, das Wohl des Kindes, das Recht auf Gesundheitsversorgung, die einschlägigen Vorschriften über die Inhaftierung und die Verfahrensgarantien für die Betroffenen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie haben die sogenannte Screening-Verordnung angesprochen, die ja Teil des Asyl- und Migrationspaktes ist, der derzeit wie gesagt im Trilog zwischen Parlament, Kommission und Vorsitz verhandelt wird. Gerade in diesem Bereich wird sehr intensiv verhandelt. Sie haben einige wichtige Punkte angesprochen.

Warum die Screening-Verordnung? – Das Ziel der Screening-Verordnung ist ja, möglichst rasch Klarheit zu haben: Wer ist die Person? Welches Verfahren benötigt diese Person? Kommt sie in ein Asylverfahren? Wir sind uns ja einig, denke ich, dass Asylverfahren möglichst rasch gestartet und dann auch möglichst rasch durchgeführt werden sollen. Das ist auch Teil dieser Screening-Verordnung. Da gibt es derzeit noch – da kann ich dem Ergebnis nicht vorgreifen – intensive Diskussionen darüber, wie die Punkte, die Sie angesprochen haben, gewährleistet werden können.

Ich glaube, es braucht einen vernünftigen Mix zwischen dem, was notwendig ist, welche Daten zu erheben sind und durch wen sie zu erheben sind. Das darf aber nicht über Gebühr sein, sonst haben wir wiederum eine Verlängerung des Verfahrens. Diese Punkte werden jetzt intensiv in diesem Trilog diskutiert.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Einwallner. – Bitte sehr.