11.49
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Vielleicht nur zu Beginn einen kurzen Satz, weil das Wort Finanzausgleich doch etwas technisch klingt: Worum geht es? – Es geht darum, wie die Steuereinnahmen geregelt werden, wie die Steuereinnahmen an die Länder, an die Gemeinden verteilt werden. Es sind Steuergelder, die überwiegend, zum großen Teil natürlich vom Bund eingehoben werden. Es geht darum, wie diese Steuergelder dann auf die einzelnen Gebietskörperschaften, also an den Bund, die Länder, Städte und Gemeinden gerecht verteilt werden, nämlich so, dass die Aufgaben auch entsprechend erledigt werden können. Das war ein wichtiger Zugang, den wir auch in den Finanzausgleichsverhandlungen im letzten Jahr gehabt haben.
Da es um viel Geld geht, verwundert es natürlich wenig, dass es intensive Verhandlungen waren. Es hat über ein Jahr gedauert und es wurden 100 Sitzungen abgehalten, nämlich auf technischer und auf politischer Ebene, und zwar mit den Bundesländern, mit den Städten und Gemeinden. In diesem Falle haben diese intensiven Verhandlungen zu einem Abschluss geführt, der aus meiner Sicht für beide Seiten entsprechend fair ist.
Ich möchte mich wirklich an dieser Stelle bei allen Verhandlern, Verhandlerinnen bedanken, denn verhandeln bedeutet ja auch immer, dass man gegenseitig aufeinander zugeht, dass man Schritte aufeinander zu macht. Man kann nicht immer 100 Prozent aller ursprünglichen Forderungen durchsetzen, aber ich glaube, dass das im gesamtstaatlichen Sinne ein sehr gutes Ergebnis ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich glaube, genau das erwarten sich die Österreicherinnen und Österreicher von der Politik: dass man am Schluss zu einem Ergebnis kommt, das für alle Seiten akzeptabel ist, das für alle Seiten am Ende des Tages ein gutes ist. Diese Zusammenarbeit über die Gebietskörperschaften und auch über die Parteigrenzen hinweg hat man in diesem Finanzausgleich und in diesen Verhandlungen im letzten Jahr gesehen. Das ist genau das, was die Menschen erwarten.
Dieser Finanzausgleich spricht zum ersten Mal Themen an, die in der Vergangenheit – Klubobmann Wöginger hat es erwähnt – vielleicht zu kurz gekommen sind. Vor sieben Jahren war der letzte Finanzausgleich, der verhandelt worden ist. Normalerweise passiert das alle fünf Jahre, aber aufgrund der Coronapandemie hat man das um zwei Jahre verlängert.
In der Vergangenheit war es immer so, dass man lange verhandelt hat und am Ende des Tages über die Größenordnung dessen gesprochen hat, was den Ländern, Städten und Gemeinden einfach zusätzlich zur Verfügung gestellt wird. Das war dieses Mal nicht der Fall. Deswegen waren vielleicht die Verhandlungen auch etwas intensiver – weil man sich dieses Mal wirklich über Inhalte unterhalten hat, über Ziele unterhalten hat, über Reformen unterhalten hat, aber auch die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere den demografischen Wandel entsprechend adressiert hat. Und gerade was den demografischen Wandel betrifft, sind wir natürlich alle auf allen Ebenen angehalten, entsprechend Verbesserungen zu erwirken.
Wir müssen verstärkt in die Gesundheit, in die Pflege und in die Kinderbetreuung investieren. Alleine im Gesundheits- und im Pflegebereich haben wir für die Länder und Gemeinden für die nächsten Jahre 14 Milliarden Euro an zusätzlichem Geld vorgesehen.
Insgesamt erhalten die Länder und Gemeinden zusätzlich 2,4 Milliarden Euro pro Jahr! Nur zum Vergleich: Letztes Mal, bei der letzten Finanzausgleichsverhandlung vor sieben Jahren, waren es 300 Millionen Euro zusätzlich.
Also dieser Paradigmenwechsel, den wir mit diesem neuen Finanzausgleich einleiten, ist, glaube ich, für alle relativ offensichtlich. Das ist ein Paradigmenwechsel: auf der einen Seite eben besonders im Pflege- und Gesundheitsbereich die Verknüpfung von zusätzlichem Geld mit Reformen und dann eben die Schaffung eines ganz neuen Instruments, des Zukunftsfonds, den wir mit 1,1 Milliarden Euro pro Jahr dotiert haben. Insbesondere wird den Herausforderungen im Bereich der Kinderbetreuung, der Elementarpädagogik Rechnung getragen, aber natürlich wird auch dem Umweltgedanken, unter anderem durch Sanierungen, Rechnung getragen. Das ist, glaube ich, gerade auch für die Gemeinden ein sehr, sehr gutes Ergebnis.
Vielleicht noch zwei Sätze zum Thema Sanktionen und Zielerreichung: Kollege Loacker hat, wenn ich das richtig verstanden habe, davon gesprochen, dass die „Eleganz der Verfassung“ hier im Parlament nicht ganz abgebildet wird. – Die Eleganz der Verfassung sieht aber eben auch keine Sanktionen vor. Das ist aber auch die Grundvoraussetzung, also sind wir einen anderen Weg gegangen. Wir haben es an Ziele geknüpft, die, ja, nicht sanktioniert werden, aber wir haben Anreize gesetzt: Auf der einen Seite können dann, wenn die Ziele erreicht werden, die Mittel von den Ländern, Städten und Gemeinden für andere Projekte entsprechend verwendet werden. Das ist natürlich ein Anreiz, den Länder, Städte und Gemeinden da haben.
Wir haben auch zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, insbesondere für strukturschwache Gemeinden. Beispielsweise haben wir die Mittel bei strukturschwachen Gemeinden verdoppelt, was natürlich auch ein großer Teil des Finanzausgleichs ist; wir haben den Personennahverkehr entsprechend unterstützt, die Schülertransporte – also da geht es jetzt schon ums Detail.
Ja, Kollege Loacker, das ist natürlich ein sehr komplexes System, da haben Sie schon recht. Umso wichtiger ist es, dass eben die Länder, Städte und Gemeinden auch entsprechend eingebunden werden.
Was die Anreize betrifft und die Frage, ob die Ziele erreicht werden oder nicht: Da sind auf der einen Seite die Anreize, aber andererseits natürlich auch die Bevölkerung, die selbstverständlich schauen wird, ob im eigenen Bundesland, in der Gemeinde, in der Stadt die Ziele auch entsprechend erreicht werden. Außerdem gibt es auch den Rechnungshof, der da selbstverständlich auch entsprechend hinschauen wird.
Was mir auch noch wichtig ist, weil das von Herrn Abgeordneten Lercher dargestellt worden ist: Das stimmt schon, das nächste Jahr, 2024, wird für die Gemeinden eine besondere Herausforderung sein. Genau deswegen haben wir einen Vorgriff auf die Ertragsanteile der nächsten Jahre für 2024 gemacht (Abg. Kollross: Müssen sie ja wieder zurückzahlen! – Abg. Lercher: Das werden wir ihnen schenken!), damit für die Länder im nächsten Jahr, in dem insbesondere die Grunderwerbsteuer beispielsweise zurückgehen wird, eine Vorwegmöglichkeit (Abg. Kollross: Ist aber nur ein Darlehen!) für die späteren Jahre, für nächstes Jahr auch gegeben wird, damit diese Herausforderung eben adressiert wird.
Ein wichtiges Thema im Finanzausgleich – das kommt immer etwas zu kurz, Abgeordnete Götze hat das angesprochen – ist die Transparenz. Das waren auch schwierige Verhandlungen mit den Gebietskörperschaften, das gebe ich zu, aber auch da haben wir einen durchaus großen Fortschritt erzielt. Es gibt ja seit 2013 die Transparenzdatenbank, das Transparenzportal, anhand dessen sich die Bürgerinnen und Bürger auch einen Überblick über die vielfältige Förderlandschaft, die wir in Österreich haben, verschaffen können.
Mit diesem Finanzausgleich wird diese Datenbank nun auch gebietskörperschaftenübergreifend ausgebaut. Also erstmals in der Geschichte, seit es die Transparenzdatenbank gibt, verpflichten sich auch die Länder, ihre Förderungen in die Datenbank entsprechend einzumelden. Dadurch wird es in Zukunft einfacher möglich sein, beispielsweise Doppelförderungen aufzuspüren. Mit dieser verpflichtenden Einmeldung erfolgt nämlich auch eine verbindliche Zusage, dass vor Inangriffnahme einer neuen Maßnahme eine Abfrage in der Transparenzdatenbank zu erfolgen hat.
Das ist unsere Pflicht. Da geht es um Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher, und mit diesem Steuergeld müssen wir sorgsam umgehen. Es kann nicht sein, dass wir einfach zusätzliche Mittel verschieben und zur Verfügung stellen, sondern diese zusätzlichen Mittel müssen auch mit mehr Transparenz, mit Zielen und mit Reformen verknüpft werden. Ich glaube, der Finanzausgleich zeigt, dass das möglich ist.
An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle Verhandler, parteiübergreifend, gebietskörperschaftenübergreifend! Es ist ein gutes Ergebnis für die Länder, für die Gemeinden, aber auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.57
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.