9.33

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das war heute in der Früh eine sehr bewegende Rede von Herbert Kickl: sehr verletzlich, voll von Schmerz und Offenbarung. Er hat viel von seinen persönlichen Ängsten und Befürchtungen gesprochen. Die Rede hat fast therapeutische Elemente gehabt, viel Katharsis war darin enthalten, weil er auch viel aufgearbeitet hat, was ihm anscheinend in den letzten Jahren im Umgang mit Journalistinnen und Journalisten widerfahren ist. Da hat man sehr viel Schmerz gespürt, und die kritischen Fragen dürften Herbert Kickl nicht ganz loslassen.

Wir alle hier in diesem Raum werden wahrscheinlich schon Interviews gehabt haben, bei denen wir nicht mit jeder Frage einverstanden waren und wir dann vielleicht nicht ganz glücklich darüber waren. Es ist aber auch nicht die Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, uns als Politiker glücklich zu machen, und ein bisschen etwas muss man da auch aushalten, Herbert Kickl. Da darf man nicht so verletzlich sein, das gehört schon auch zum Job dazu. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich verstehe aber persönlich, wie sich das Ganze so entwickelt. Wir haben leider nicht erfahren, was sich die FPÖ unter Medienpolitik für das Land vorstellt, auch nicht, was den Umgang mit internationalen Konzernen, Amazon, Google, im Medienbereich ganz stark Facebook, betrifft. Sie machen riesengroße Gewinne, schaffen aber kaum Arbeitsplätze in Österreich, während die Redaktionen immer mehr ums Überleben kämpfen. Darauf haben wir keine Antworten von Herbert Kickl bekommen. Aber wie sich die Freiheitliche Partei die Medienpolitik vorstellt, das sehen wir tagtäglich im FPÖ-TV. Es ist im Hintergrund immer nette Musik zu hören, wir kennen sie vom Supermarkt und vom Fahrstuhl, ein bisschen ein Gedudel (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen), und da werden dann ganz, ganz kritische Fragen an Herbert Kickl gestellt: Herbert, was ist das Geheimnis deines Erfolges, was macht dich so einzigartig? Und Herbert Kickl ist dann immer in der Lage, diese kritischen Fragen auch zu beantworten. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Dann gibt es Leute wie den Generalsekretär Hafenecker, der ganz kritische Fragen gestellt bekommt – witzigerweise ist am Zettel immer schon die Antwort vorbereitet. Die Fragen an Generalsekretär Hafenecker lauten dann zum Beispiel, nach der Rede von Karl Nehammer: Die Angst vor Herbert Kickl muss groß sein, oder? – Eine sehr kritische Frage. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Dann wird noch einmal nachgelegt, weil man jetzt Hafenecker in die Enge getrieben hat: Die FPÖ braucht nicht Angst zu haben vor Karl Nehammer, oder? (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Noch schlimmer hat es dann Abgeordneten Schrangl erwischt, der mit den Forderungen zur Asylpolitik konfrontiert wird. Da ist er dann völlig baff, weiß nicht, wie er reagieren soll, und antwortet einer Journalistin von der FPÖ darauf: Du hast die Antwort vorweggenommen, du hast vollkommen recht, genau so ist es! – Das ist das kritische Interview der FPÖ, wie ihr euch das vorstellt. (Beifall und Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich möchte jetzt auch nicht mit Strache anfangen, der mit einem ordentlichen Radierer auf Ibiza gesessen ist und wo wir erlebt haben, wie er in Richtung ORF agiert hat, wie er Zeitungen verscherbeln wollte. – Herbert, aber gerade für dich wäre es so wichtig, weil du von einer gewissen Vergesslichkeit geplagt bist, dass Journalistinnen und Journalisten dich immer wieder auch mit kritischen Fakten konfrontieren. Du hast unabsichtlich – ich glaube, es war drei Jahre lang – 10 000 Euro zusätzlich über die FPÖ Wien kassiert, einen flotten Zehner jeden Monat, und bist dann damit konfrontiert worden, dass du unabsichtlich einen Zehner im Monat, zusätzlich zum Nationalratsgehalt, kassiert hast. Darauf hast du gesagt: Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. (Lebhafte Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Ich weiß nicht, wie das passieren konnte – das war die Antwort von Herbert Kickl. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Bei dem Sumpf in der eigenen Partei wundert mich das nicht, und da rede ich jetzt nicht von den Champagnerflaschen von Vilimsky und seinen Freunden im EU-Parlament, vom Whirlpool von Strache und von der Penthousewohnung, das alles auf Regimentskosten gezahlt worden ist. Da hätte man natürlich genauer hinschauen können, das wäre schon auch Aufgabe von einem Generalsekretär gewesen. Jetzt wird mir auch klar, warum du so große Ängste vor Journalistinnen und Journalisten hast: weil es nicht angenehm ist, wenn man darauf hingewiesen wird, dass man sehr vergesslich ist.

Vielleicht hättest du dir öfter auch das Kinderprogramm im ORF anschauen sollen. Da hast du ja auch jemanden, der dir helfen könnte: Tom Turbo oder Fritz Fantom. Die hätten dir bei der Recherche helfen können: Wie schaut es zum Beispiel aus mit dem Goldschatz in Tirol, ist der irgendwo aufgetaucht oder nicht? Wo sind die Eurofighter-Millionen? – Da gibt es einige Fragen, die man sich durchaus auch mit dem Kinderprogramm im ORF zu Gemüte führen könnte. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Abschließend noch, weil es ein wichtiges Thema ist: Es geht in Österreich um Medienfreiheit, um Respekt, um den Umgang miteinander, darum, dass wir uns nicht gegenseitig, nur weil wir anderer Meinung sind, mit Fahndungslisten verfolgen, dass wir nicht Journalistinnen und Journalisten beschimpfen, weil sonst das passiert, was wir leider in Ungarn schon erleben müssen: dass der öffentliche Rundfunk immer mehr eingeschränkt wird, private Medien aufgekauft werden und man in Wahrheit auf dem Weg zur illiberalen Demokratie voranschreitet – zur illiberalen Demokratie, die ihr tagtäglich leben wollt, bei FPÖ-TV. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Bravorufe bei der SPÖ.)

9.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.