10.44

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Die Sicherheit für Österreich erfordert auch den Blick nach Europa, braucht die Zusammenarbeit in Europa – ja!

Unsere Weltordnung hat sich spätestens mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und den barbarischen Terroranschlägen der Hamas verändert. Ja, sie ist aus den Fugen geraten, wie es am Montag bei der Präsentation des Risikobildes 2024 hieß. Wir müssen deshalb bei den Entscheidungen in der EU-Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik unabhängiger, schneller und effizienter werden, sonst werden wir in den Krisenherden unserer Welt keine Rolle spielen und zwischen den Großmächten zerrieben. Wir müssen unsere europäische und damit auch österreichische Verteidigungsfähigkeit sicherstellen.

Ich sage Ihnen ganz klar: Ich stehe für eine gemeinsame EU-Sicherheits- und Verteidigungsunion. Das bedeutet für mich eine Europäische Union, die in der Welt mit einer Stimme spricht und schnelle Entscheidungen trifft, nationale Armeen, die durch gemeinsame Beschaffung gut ausgerüstet sind und effizient nach einem gemeinsamen Plan zusammenarbeiten. Bevor einige hier wieder, wie ich das schon gehört habe, mit der Neutralität in unserer Bundesverfassung gegen diesen Plan argumentieren, empfehle ich ihnen, in Ergänzung zu dem, was die Frau Bundesministerin gesagt hat, noch einen Blick in die Bundesverfassung zu werfen, denn dort steht im Artikel 23j ganz klar, dass der Aufbau einer gemeinsamen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit dem Neutralitätsgesetz vereinbar ist, dass sie nicht im Widerspruch dazu steht. Es gibt daher überhaupt keinen Grund für Österreich, nicht eine aktive Rolle beim Aufbau einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu spielen. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie der Abgeordneten Disoski und Stögmüller.)

Für mich ist eine solche EU-Verteidigungsunion (Abg. Kickl: Wie wäre es aber, das Volk zu befragen?) auch ein gutes Beispiel dafür, dass Unabhängigkeit für die EU notwendig ist, starke Partnerschaften aber genauso wichtig sind. Die Nato – auch das sei offen gesagt – wird immer Teil einer europäischen Sicherheitsarchitektur sein, allein schon deshalb, weil fast alle EU-Staaten, bald 23 von 27, Nato-Mitglieder sind (Abg. Kickl: Ah?), aber alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union kommen zusammen gerade einmal auf rund ein Drittel des Nato-Budgets. Es wird einen Zeitpunkt geben, vielleicht sogar früher, als wir glauben, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr bereit sind, für unsere Verteidigung zu garantieren. Wenn wir uns als Europäische Union ernst nehmen wollen, müssen wir als Europäische Union auch ohne die USA und ohne die Nato wehrhaft sein. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie der Abgeordneten Disoski und Stögmüller.)

Dafür braucht es eine europäische Sicherheitsarchitektur, und dafür müssen wir unsere nationalen Armeen miteinander kompatibel machen und dafür muss die Beschaffung nach einem europaweiten Strategie- und Arbeitsprogramm erfolgen. Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments hat errechnet, dass eine verstärkte Zusammenarbeit einen Effizienzgewinn von bis zu 75,5 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftet. Das heißt, Zusammenarbeit schafft mehr Effizienz und spart Kosten! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abgeordneten Disoski und Stögmüller.)

Mit dem strategischen Kompass der EU, dem auch Österreich zugestimmt hat, haben wir bereits begonnen, in diese Handlungsfähigkeit und erhöhte Kompatibilität untereinander zu investieren.

Ich sage zum Schluss: Diesen Plan müssen wir jetzt konsequent umsetzen (Abg. Michael Hammer: Österreichplan!) und ehrlich kommunizieren.

Dafür braucht es aber auch eine offene Debatte über unsere Sicherheitsstruktur, darüber, wie wir die Bürgerinnen und Bürger, unsere Infrastruktur, die liberale Demokratie und unsere Wettbewerbsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt vor alten und neuen Bedrohungsfeldern schützen können. Wir müssen darüber reden, wie, wodurch wir das Beste zum Schutz und zur Sicherheit Österreichs leisten können. (Beifall bei ÖVP, Grüne und NEOS.)

10.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.