11.01

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sicherheit für Österreicher erfordert den Blick nach Europa. Das halten wir in der Form auch für eine sehr vernünftige Ansitz, Ansicht. Der Blick Europas - - (Abg. Kickl: Ansitz?) – Anblick. (Abg. Amesbauer: Das ist ja Jägersprache!) Wir sehen Europa, und das muss ich ja nicht unnötig wiederholen, als einen zentralen, ja sogar als einen unabdingbaren Bestandteil jedweder Sicherheitspolitik. Die Herausforderungen, vor denen Österreich steht – die wirklichen Herausforderungen und nicht die Schreckensgespenster, die uns die Rechtspopulisten an die Wand malen wollen –, können und müssen wir gemeinsam bewältigen und daran müssen wir arbeiten.

Mir fällt da ein: hohl und polemisch. Das betrifft nicht nur die Rechtspopulisten, sondern noch viel mehr diese Festung Österreich, die uns immer wieder hingemalt wird, die uns die Freiheitlichen tagtäglich aufs Auge drücken wollen. Denn eines ist klar: Diese Vorstellung, den Benefit einer EU-Mitgliedschaft zu haben und gleichzeitig eine Festung mit hohen Mauern um Österreich bauen zu können und uns zu verkriechen, die Herr Kickl haben möchte, ist ein Luftschloss. Das wird es nicht geben. Das kann nicht sein. Wir können nicht Geld einsammeln und uns gleichzeitig auf der anderen Seite verschanzen. Das wird es nicht sein, das wird es nicht spielen. (Abg. Amesbauer: Dass das ein politisches Konzept ist, kapierst du nicht!)

Wenn Sie diese Woche über die Sanktionen gegen Ungarn in der Zeitung gelesen haben, sollte auch Ihnen klar sein, wohin dieses Modell Kickl oder – wenn man jetzt keine Urheberrechtsverletzungen begehen möchte, müsste man eigentlich sagen – dieses Modell Orbán – was es ist – führt: nämlich zur Isolation auf europäischer Ebene, zu Strafzahlungen in Milliardenhöhe und – wenn es nach der FPÖ geht –auch zur Anbiederung an Putin und an Russland. – Das brauchen wir nicht. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein gemeinsames Europa sein, eine Sinnesgemeinschaft, die Probleme gemeinsam angeht und löst. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

Das ist auch die Frage: Wollen wir das oder wollen wir eine Festung Österreich, die nichts anderes wäre als eine russische Stellung mitten in Europa? – Für uns Grüne ist die Antwort ganz klar: Wenn die Ukraine fällt, steht Putin vor der Tür. Und Putins Angriffskrieg ist eine ganz akute Gefahr für Europa. Das bestätigt ja nicht nur zuletzt – Othmar Karas hat es angesprochen – auch das Sicherheits-, das Risikobild des Bundesheers – das ist keine Vorfeldorganisation der Grünen –, dort wurde ganz klar gesagt: Wenn Putin in die Ukraine einmarschiert, stehen sie vor der Tür. Das ist eine akute Gefahr.

Eine sicherheitspolitische Krise, eine der größten, steht vor der Tür, die Klimakatastrophe: Sie bedroht unser aller Lebensgrundlage, auch wenn es nur die Hälfte dieses Hauses wirklich realisiert hat. Die Lösung kann ebenso nur in Europa liegen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Energiesicherheit Österreichs ist auch ein wesentlicher Punkt. Diese liegt noch immer halb in den Händen von Despoten und das ist genauso eine Gefahr für unsere Neutralität und Handlungsfähigkeit. Die ÖVP bremst und die FPÖ würde uns am liebsten noch 40 Jahre an irgendwelche Knebelverträge mit Russland und Putin hinsichtlich Gas binden. Die Lösung kann auch da nur in Europa liegen, an einer gemeinsamen großen Zukunft, in der wir unabhängig von der Energie von Despoten sind.

Europäische Lösungen sind gemeinsame, kollektive Lösungen: der Green Deal, die Hilfsleistungen an die Ukraine und auch Sky Shield. Zu Sky Shield ganz klar: Es sagen viele, eigentlich fast alle Verfassungsjuristen – außer ein paar, es gibt ein, zwei FPÖ-nahe Verfassungsjuristen, aber alle anderen Verfassungsjuristen sagen das klar –, die Neutralität wird dadurch nicht bedroht. Es gibt keine fremden Truppen in Österreich, es wird keine ausländischen Raketen in Österreich geben, die Herrschaft über diese Raketen wird Österreich wahren und das, wie der Luftraum abgesichert wird, wird nur in Österreich bestimmt, von niemand anderem! (Beifall bei den Grünen. Abg. Kickl: Wie soll denn das funktionieren?) – Herr Kickl, malen Sie nicht irgendwelche Gespenster an die Wand! Die Neutralität wird dadurch nicht gefährdet! Nein, es ist ein gemeinsames Konzept, um den Luftraum in Europa sicherer zu machen. Das ist der Punkt! Auch da kann Sicherheitspolitik nur durch Europa und mit Europa sichergestellt werden, mit einem demokratischen und solidarischen Europa.

Ich bin auch ein bisschen besorgt – das liegt nicht nur an der Europastunde und auch nicht am Kollegen Lopatka, den ich persönlich sehr schätze –, denn wie groß dieser kolportierte Blick der ÖVP nach Europa in Zukunft sein wird, ist schon eine Frage. Werden wir eine EU-Politik sehen, wie sie von Othmar Karas auch beschrieben und gelebt wurde, eine Politik, die an den europäischen Traum, an die Werte der Union glaubt, diese Werte auch lebt und verteidigt, oder wird die ÖVP den Kurs verschärfen, der sich in den letzten vier Jahren immer wieder hat blicken lassen, ein Kurs, der die EU mehr als innenpolitisches Instrument, als einen Selbstzweck sieht. Kurz gesagt: Wie viel Europa steckt in diesem Blick nach Europa? Welche ÖVP werden wir im Wahlkampf sehen? – Das ist die Frage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Blick nach Europa reicht nicht, wir brauchen mehr Europa. Wir brauchen ein tiefes, ein breites und solidarisches Europa. Die bevorstehende EU-Wahl wird eine richtungsweisende sein. Wir Grüne werden gemeinsam, Schulter an Schulter mit unserem Partner stehen und die großen sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam angehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.07

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte.