11.45

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich wende mich an dieser Stelle direkt an die vielen besorgten Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, welche sich Gedanken um die Sicherheit in unserem Land und den Frieden in Europa machen.

Aus dem ganzen Land erhalte ich als sozialdemokratischer Wehrsprecher auch Zusendungen von besorgten Menschen, die angesichts einer sich ausbreitenden Kriegsrhetorik der Bundesregierung Befremden empfinden, insbesondere von Menschen aus der älteren Kriegsgeneration und von jenen Menschen, die schon Krieg ertragen mussten und bei uns leben.

Diesen Montag wurde eine Publikation des Verteidigungsministeriums mit Beiträgen aus dem ÖVP-geführten Ressort vorgestellt. Dabei wurde angesichts der multiplen Krisen unter anderem die Forderung erhoben, dass Österreich kriegstauglich werden muss.

Meine Damen und Herren, es gibt nur eine Antwort auf das Gespenst des Krieges, auf Leid, auf Tod, auf Vertreibung: Wir müssen als neutrales Land entschlossener und engagierter Friedenspolitik für das geeinte Europa zur Umsetzung bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch ein Weckruf an die EU, die EU als Friedensprojekt, als einzigartiges Friedensprojekt zu verstehen und danach zu handeln. Unser geeintes Europa ist in der Tat von multiplen Krisen betroffen. Ein Ring aus Feuer lodert an den Grenzen Europas, daher braucht es dringend multiple Antworten auf komplexe Fragen. Um sich in den vorherrschenden geopolitischen Konfliktlagen nicht in kriegerische Auseinandersetzungen hineinziehen zu lassen, braucht es eine starke, eine strategisch autonome EU ohne Abhängigkeit, aber mit viel Mut und Courage. Und es braucht auch ein Österreich, das endlich wieder in seiner Rolle als Brückenbauer auf die Weltbühne zurückkehrt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, Handlungsfähigkeit der EU bedeutet, dass die europäische Sicherheit nicht nur auf militärischer Abschreckung beruhen darf. Weltweit werden jährlich unsagbare, unvorstellbare 2,2 Billionen US-Dollar für Rüstung und Militär ausgegeben; die Tendenz ist steigend. Wir sehen seit Jahren, dass steigende Ausgaben in Rüstung und Militär die Welt nicht sicherer machen. Das muss auch offen ausgesprochen und gesagt werden dürfen: Massive Aufrüstung führt mitunter zu mehr Kriegen, es führt zu mehr Toten, zu mehr Leid und zu mehr Vertreibung.

Als Wehrsprecher begrüße ich natürlich Investitionen im militärischen Bereich, wenn sie sinnvoll sind und auch den Aspekt der friedensstiftenden Maßnahmen mitnehmen und mitdenken. Abschreckung ist nicht der einzige Weg am steinigen Friedenspfad der Welt.

Meine Damen und Herren, unsere Neutralität ist mit Rechten, aber auch mit Pflichten verbunden. Dazu gehört der Ausbau der umfassenden Landesverteidigung in moderner Prägung. Unsere Neutralität muss als Mehrwert für Sicherheit und Frieden in Europa anerkannt werden und sie muss glaubwürdig und nützlich sein. Das vereinte Europa braucht eine glaubwürdige Diplomatie, ernsthafte Konfliktverhütung und effektive vertrauensbildende Maßnahmen, um Frieden zu sichern.

Dank der strategisch weitsichtigen Außenpolitik von Bruno Kreisky hat gerade Österreich im Rahmen der aktiven Neutralitätspolitik auch am Frieden in Europa mitgewirkt. Das dürfen wir nie vergessen!

Auf diese Tradition und die Stärke des neutralen Österreich kann das Friedensprojekt EU zählen. Auf das neutrale Österreich ist Verlass, meine Damen und Herren – auf das neutrale Österreich muss Verlass sein! Allfällige Panikmache der Nochregierung sorgt jedoch nicht für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sie erzeugt Angst. Angst macht wiederum anfällig für Desinformation – und Angst macht sicher nicht resilienter. Seit dem Beginn des Milleniums ist die Demokratie global auf dem Rückzug, nur militärisch hochzuschrauben macht die Welt nicht sicherer.

Seit der ersten Sicherheitsstrategie der EU sind zwei Dekaden vergangen. Sicherer ist Europa leider nicht geworden. Europa braucht eine neue Sicherheitsarchitektur; wir als Europäer müssen die Balance zwischen militärischer Abschreckung einerseits und Diplomatie andererseits schaffen, um das großartige, einzigartige Friedensprojekt zu erhalten.

Österreich gilt als das fünftfriedlichste Land der Welt. Wir sollten daher unsere Ambitionen dahin gehend lenken, dass wir zukünftig auf das Stockerl der Friedenssieger auf dieser Welt kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.