14.32

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erstens einmal bedanke ich mich, wie immer, bei denen, die dieses Volksbegehren initiiert haben, sich darum gekümmert haben und auch diese Debatte aufgerissen haben. Es ist schon gesagt worden, es gibt bei diesem Volksbegehren drei Themen: Es wird eine Bundesstaatsanwaltschaft gefordert, es wird gefordert, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft in die Verfassung kommt, und drittens, dass der Untersuchungsrichter wieder eingeführt wird.

Ganz kurz: Hinsichtlich Etablierung der Staatsanwaltschaft, nämlich der Korruptionsstaatsanwaltschaft, in der Verfassung waren wir, glaube ich, alle einig – alle Parteien –, dass das dort nicht hineinpasst. Darüber werde ich jetzt auch nicht weitersprechen.

Das zweite Thema ist die Bundesstaatsanwaltschaft. Wir haben schon oft darüber debattiert, und ich halte heute wieder ganz bewusst fest: Wir als FPÖ sind gegen diese Bundesstaatsanwaltschaft. Wir sind überzeugt, dass es richtig ist, dass die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaft beim Justizminister angesetzt ist. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Da wird immer wieder etwas vermischt, es werden immer das Richteramt und der Staatsanwalt vermischt. Das sind unterschiedliche Zugänge: Der Richter ist unabhängig, weisungsungebunden und wird wiederum durch Richter im Rechtssystem geprüft. Der Staatsanwalt ist weisungsgebunden. Der Staatsanwalt ist zur Pflege der Interessen des Staats und des Strafrechts berufen und ist daher auch der parlamentarischen Kontrolle unterworfen, weil er ja für den Staat die Anklage führt. Daher muss er auch parlamentarisch kontrolliert werden können.

Das sind zwei ganz verschiedene Zugänge. Wenn man das jetzt zur Kenntnis nimmt, weiß man, dass man, wenn man eine Weisung braucht, dann auch eine Weisungsspitze braucht, und die muss wiederum kontrolliert werden. Wer bitte in Österreich glaubt, dass eine Bundesstaatsanwaltschaft politisch völlig ungebunden wäre? Das ist der Realität völlig fremd. Man kann sich in etwa vorstellen, woher ein Bundesstaatsanwalt politisch käme, wenn in den nächsten drei, vier Monaten einer etabliert werden würde. Ich habe gesagt, es wäre undenkbar, dass man dem eine FPÖ-Nähe zuweisen könnte. Es wäre undenkbar, dass so einer in den nächsten Monaten bestellt wird – und da nicken alle, weil Sie genau wissen, so ist die Realität in Österreich.

Daher bitte nicht irgendwie Sand in die Augen streuen und glauben, es würde damit parteipolitisch unabhängig werden, dass wir jetzt plötzlich einen Bundesstaatsanwalt hätten, der eben angeblich völlig unabhängig ist! Daher ist diese Idee abzulehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Punkt, der damit auch zusammenhängt: Wir haben die Ermittlungstätigkeiten 2008 vom Untersuchungsrichter zu den Staatsanwälten geschoben. Damit hat man genau dieses Problem, dass man jetzt bereits im ersten Teil des Verfahrens, in der Voruntersuchung, einen Weisungsgebundenen hat. Früher hatte man das nicht. Wenn man jetzt also in diese Richtung gehen würde – insofern verstehe ich auch dieses Anliegen –, den Untersuchungsrichter wieder einzuführen, oder zumindest mehr in die Richtung gehen würde, dass es echte Instrumente der Rechtsdurchsetzung im Vorverfahren gibt, dann würde man auch etwas gewinnen und würde dieses Problem der Weisungsgebundenheit tatsächlich beseitigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Als der Untersuchungsrichter entfernt und stattdessen der Staatsanwalt eingesetzt wurde, sollten einige Instrumente des Rechtsschutzes eingeführt werden. Man hat sich das anders vorgestellt. Die sind völlig zahnlos. Es gibt keine Konsequenz, wenn festgestellt wird, dass eine Tätigkeit der Staatsanwaltschaft rechtswidrig ist; das hat keinerlei Folgen. Auch das, was dann dabei als Ermittlungsergebnis herauskommt, kann verwertet werden. Da ist also etwas schiefgelaufen, das gehört korrigiert – insofern hängen die beiden Punkte zusammen.

Bundesstaatsanwaltschaft: striktes Nein. – Untersuchungsrichter oder jedenfalls etwas, das in diese Richtung geht: Ja, da wären wir eindeutig dafür. (Beifall bei der FPÖ.)

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter (in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Stefan), wollten Sie noch einen Entschließungsantrag einbringen? – Bitte schön. (Abg. Leichtfried: Ja, das habt ihr heute nicht so drauf!)

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (fortsetzend): Vor lauter Leuchten habe ich das vergessen.

Die Staatsanwaltschaft hätte eigentlich die Aufgabe, so, wie sie der Untersuchungsrichter auch hatte, zu ermitteln, und zwar sowohl das Belastende als auch das Entlastende. Es zeigt sich aber immer stärker die Tendenz, dass praktisch nur das Belastende ermittelt wird. Der Staat hat noch dazu bei seiner Anklage keinerlei Risiko, kein Kostenrisiko, anders als bei Zivilverfahren. Daher haben wir schon länger gefordert – und es wurde ja jetzt auch aufgegriffen, aber es geht da nichts weiter –, dass es einen echten Kostenersatz für all jene gibt, die freigesprochen werden oder deren Verfahren eingestellt wird.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenersatz bei Verfahrenseinstellungen und bei Freispruch im Strafverfahren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage, die den Kostenersatz bei eingestellten Ermittlungsverfahren und bei Freisprüchen in Strafverfahren beinhaltet, zuzuleiten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Kostenersatz bei Verfahrenseinstellungen und bei Freispruch im Strafverfahren

eingebracht im Zuge der Debatte über den TOP 5, Bericht des Justizausschusses über das Volksbegehren (2078 d.B.) "Unabhängige JUSTIZ sichern" (2412 d.B.), am 31. Jänner 2024, in der 249. Sitzung des Nationalrates.

Aktuell haben Beschuldigte, die freigesprochen werden oder mit Einstellung der Ermittlungen gar nicht vor Gericht kommen, Anwaltskosten de facto selbst zu tragen. Im Strafverfahren ist, anders als im Zivilverfahren, kein allgemeiner Kostenersatz vorgesehen. Für Verfahrenseinstellungen gibt es gar nichts.

Im Sinne eines fairen Verfahrens, ist es nicht tragbar, dass Angeklagte, die nach einem kostenintensiven Verfahren freigesprochen werden, auf den Verfahrens- und Verteidigungskosten, die über den derzeit geltenden maximalen Kostenersatz von bis zu 10.000 Euro hinausgehen, sitzenbleiben.

In einem kleinen Schöffenverfahren mit sieben Verhandlungstagen können schnell 30.000 Euro an Anwaltskosten zusammenkommen, in einem großen Verfahren (mit zwölf Verhandlungstagen) an die 60.000 Euro plus Erfolgshonorar.

Dies kommt einer entschädigungslosen Enteignung gleich. Der freigesprochene Angeklagte, der das ihm zustehende Recht bekommt, für welches der Staat zu garantieren hat, hat dafür nicht auch noch sein Eigentum zu opfern. In dem Wissen, dass ein Strafverfahren trotz Freispruch die wirtschaftliche Existenz kosten kann, verlässt der Staat den Weg des fairen Verfahrens und macht aus der Strafrechtspflege eine Mehrklassengerichtsbarkeit.

Im Zivilprozess wird der obsiegenden Partei ein angemessener Kostenersatz zugesprochen. Im Strafrecht, so könnte man vermuten, deshalb nicht, weil bei einem Freispruch der Staat der Kostenpflichtige wäre.

Auch wenn der VfGH dies nicht so sieht, kann ein Freispruch ohne Ersatz der Verfahrens- und Anwaltskosten eine Verletzung des Art 5 StGG (Eigentumsfreiheit) und des Art 1 1. ZP EMRK darstellen.

Obwohl der Kostenersatz für Freisprüche im Justizministerium in Höhe von € 70 Mio. vorgesehen ist, ist die entsprechende Novelle für den Kostenersatz bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens sowie bei Freispruch noch immer nicht dem Nationalrat zugeleitet worden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage, die den Kostenersatz bei eingestellten Ermittlungsverfahren und bei Freisprüchen in Strafverfahren beinhaltet, zuzuleiten.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag.a Corinna Scharzenberger. – Bitte, Frau Abgeordnete.