16.20

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Damen und Herren im Haus und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Anders als gerade von der SPÖ dargestellt muss ich Ihnen sagen: Das Weisungsrecht ist begründet und transparent. Mein Kollege, der öffentliche Notar Mag. Harald Stefan, hat das und unseren Standpunkt ja schon klargemacht. Was da passiert oder passieren soll, ist, dass einige, gewollt oder aus Nichtwissen, das Weisungsrecht mit der sogenannten Berichtspflicht vermischen. Von der Berichtspflicht zu unterscheiden ist aber die Leitung der Verwaltung durch oberste Organe des Bundes gemäß Art. 20 B-VG und die dadurch bestimmte ministerielle Verantwortung.

Es wird sehr oft von der Schönheit der Verfassung gesprochen. (Abg. Voglauer: Ja, dass es Sie stört, dass wir Berichtspflichten abgeschafft haben, versteh ich schon!) Die Verfassung sagt: Der Gesetzgeber darf ja gar nicht Verwaltungsbehörden derart einrichten, dass die Erteilung von Weisungen durch die obersten Organe der Vollziehung ausgeschlossen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist keine Weisung durch einen Minister, sondern das ist eine Form der demokratischen Kontrolle durch das Volk und daher durch die Staatsbürger dieser Republik. Sonst könnten wir ja gleich einen Kaiser wiederbeleben oder einen Tyrannen einsetzen. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Michael Hammer: Den Vokaki!)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Weisungsrecht ist auch kein Privileg des Justizministers. Nein! In gleicher Weise ist dieses für die gesamte Verwaltung eingerichtet, jeder Minister hat ein Weisungsrecht gegenüber den ihm untergeordneten Beamten. Laut Verfassungsgerichtshof begründet die Befugnis zur Leitung der Verwaltung auch ein Aufsichtsrecht der vorgesetzten Organe, denn – und das ist, glaube ich, jedem klar – eine Leitung ohne Aufsicht ist nicht denkbar.

„Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Übertragung von Hoheitsgewalt [...] nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist“, das heißt, man dürfte das eigentlich gar nicht so einfach an einen Bundesstaatsanwalt – oder wie immer man diesen benennen will – auslagern. Damit nämlich der Gesetzgeber den Anforderungen des Art. 20 B-VG entspricht, sei, weiterhin laut Verfassungsgerichtshof, „ein angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe vorzusehen“. Daher: Der einzelne Staatsanwalt wäre niemals weisungsfrei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Volk, dessen Herrschaft in der Demokratie durch die Verfassung garantiert wird, kann durch seine Minister von oben Kontrolle ausüben. Die Abschaffung dieser ministeriellen Aufsichtspflicht wäre eine wesentliche Änderung unserer Verfassung. Sie würde – und nur das passiert – die Kontrolle durch das Volk beschränken und damit das demokratische Element unseres Rechtsstaates in Frage stellen. Vielleicht ist das von den verschiedenen Parteipolitikern aber genau so gewollt. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber Entschuldigung, das ist ja Legendenbildung! Legistische Legendenbildung!) – Na ja, Frau Kollegin, nachschauen in der Verfassung und überlegen, dann wissen Sie es! (Zwischenruf der Abg. Voglauer.)

Generell verfehlt wäre es auch, die Staatsanwaltschaft ähnlich der richterlichen Gewalt frei von wirksamer Kontrolle walten zu lassen (Abg. Voglauer: Nicht alles, was gescheit ... will, ist auch ein gescheiter ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Ja! Das ist ja nicht das Thema!), denn die politische Besetzung von Ministerposten, insbesondere des Justizministers, ist eben ein Teil der demokratischen Rechte des Volkes. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht der Weisungskette ...! – Zwischenruf der Abg. Prammer.) Das Volk soll dadurch vor einer beamteten Willkür geschützt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes, Eckart Ratz, der wirklich nicht der FPÖ zuzurechnen ist, hat das in einem Artikel in der „Kleinen Zeitung“ auf den Punkt gebracht. (Abg. Schwarz: Ihr seid ... Transparenz!) Er sagte damals: Es geht nicht an, dass Staatsanwälte einen Staat im Staat bilden können. – Ich, sehr verehrte Damen und Herren, gehe sogar noch weiter. Ich sage: Es spricht überhaupt kein Argument dafür, den Beamten der Staatsanwaltschaft die Bestimmung der Interessen des Staates alleine zu überlassen. In diesem Punkt stimme ich übrigens wieder mit jemandem überein, von dem Sie es nicht glauben würden, nämlich mit den Rechtsanwälten Alfred Noll und Georg Zanger, die wohl auch nicht den Freiheitlichen zuzurechnen sind.

Ich komme zum Schluss: Weisungen des Justizministers sind schriftlich zu erteilen und zu begründen, sind also transparent, und der Minister hat über diese Weisungen jährlich dem Parlament zu berichten. (Abg. Voglauer – in Richtung Abg. Kassegger –: Axel, bist auch schon ausgestiegen? – Heiterkeit des Abg. Kassegger.)

Wieso die von diesem Volksbegehren, Grünen und SPÖ geforderte Bundesstaatsanwaltschaft unpolitisch agieren soll und eine bessere Lösung als das ministerielle Weisungsrecht begründen soll, ist nicht nur mir nicht ersichtlich. Im Gegenteil, dadurch wäre die Abschottung der Anklagebehörde von der politischen und damit auch wieder der demokratischen Kontrolle einzementiert.

Es mag wohl den einen oder anderen Politiker verlocken, das Weisungsrecht abzuschaffen. Ja – aber nur weil er parteipolitisch denkt und einen parteiischen Bundesstaatsanwalt einsetzen will und nicht dem Volk mittels der Nationalratswahl die Entscheidung über die Justiz überlassen möchte.

Ich möchte – auch das ist ein Novum für einen freiheitlichen Abgeordneten – mit einem Zitat von Georg Zanger schließen (Abg. Voglauer: Mah bitte! Sie müssen aber ...! – Abg. Schwarz: Es ist eh schon rot! – Abg. Leichtfried: Es reicht eh schon länger!), und zwar schreibt er im „Standard“: „Auch wenn er“ – die Abschaffer des justiziellen Weisungsrechts – „sich der Claqueure“ – des Applauses – „aus der Staatsanwaltschaft und der Journaille sicher sein kann: Es ist der falsche Weg!“ – Sagt er; und ich sage: Es ist der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25