18.26

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht noch via Livestream! Ich freue mich ganz besonders, heute darüber zu sprechen, dass Österreich bei der künstlichen Intelligenz und auch bei der Umsetzung des AI-Acts vorangeht.

Bei der Digitalisierung – das fällt uns insgesamt auf – ist es auch für uns Politikerinnen und Politiker immer schwierig, wirklich Beispiele zu bringen, auch genau zu sagen, worum es eigentlich geht: Digitalisierung per se, der Begriff des Übergangs vom Analogen ins Digitale und das Thema der künstlichen Intelligenz. Wenn wir uns ehrlich sind, wurde wahrscheinlich auch hier im Hohen Haus in den vergangenen Jahren bis vor einem guten Jahr relativ wenig über künstliche Intelligenz diskutiert. Mir ist es genauso gegangen, als ich auf meinen ersten Europäischen Rat im Juni 2022 gefahren bin. Auch dort war der AI-Act ein allgemeiner, kleiner Punkt, und als ich in den Medien darüber gesprochen habe, hat das niemanden interessiert.

Diese Situation hat sich aber dann schlagartig geändert, als im November 2022 das erste wirklich Tool für die Menschen herausgekommen ist, mit dem jeder ausprobiert konnte, was wirklich künstliche Intelligenz ist. Sie kennen es, es war Chat-GPT, und plötzlich konnte jeder etwas damit anfangen. Davor haben vielleicht viele noch an den Terminator oder an Knight Rider gedacht, und plötzlich konnte jeder selbst auf seinem Handy ausprobieren, was eben genau diese künstliche Intelligenz ist.

Da sind wir bei der ersten großen Diskrepanz, wenn wir über künstliche Intelligenz sprechen. Seit Jahrzehnten bald haben sich die österreichische Wirtschaft und Industrie mit künstlich intelligenten Lösungen als integraler Bestandteil der Digitalisierung beschäftigt. In der Bevölkerung haben wir es jedoch nicht geschafft, dieses Thema auf den Boden zu bringen, bis es leider wieder einmal – und das ist schon zu kritisieren – einen amerikanischen Hyperscaler gebraucht hat, der das Ganze auf den Boden gebracht hat.

Die Europäische Union hat aber in dieser Zeit nicht geschlafen und hat bereits seit einigen Jahren den AI-Act diskutiert. Dann sind einmal zwei Meinungen aufgekommen. Die eine Meinung war: Wahnsinn! Während die anderen innovativ sind, reguliert Europa schon wieder!, und die anderen haben aufgerufen: Jetzt kommt die künstliche Intelligenz, und ihr habt es noch nicht reguliert!

Die Europäische Union hat sich aber mit dem AI-Act als erstes multinationales Konstrukt genau dieses Themas angenommen, weil wir an der Schwelle einer Technologie stehen, an der wir klar sagen müssen: Wir müssen zwar die Chancen nützen, aber gleichzeitig gibt es Dinge bei einer neuen Technologie – ähnlich wie wir es zum Beispiel bei der Genforschung gesehen haben –, die wir nicht wollen.

Deshalb ist der Ansatz des AI-Acts ein risikobasierter Ansatz, was, glaube ich, von allen Parteien – so zumindest mein Kenntnisstand – geteilt wird, dass man KI nicht prinzipiell reguliert, sondern auf einer Pyramide zwischen niedrigem Risiko, mittlerem Risiko, hohem Risiko und unannehmbarem Risiko einteilt. Wir wollen aufgrund unserer Einstellung in Europa, weil wir – insbesondere auch in Österreich – mit einem stark verhafteten digitalen Humanismus den Menschen im Mittelpunkt der Digitalisierung sehen, dass gewisse Dinge eben nicht möglich sind.

Ein Beispiel ist Social Scoring oder dass künstliche Intelligenz nicht uneingeschränkt in der Versicherungswirtschaft oder in AR-Prozessen eingesetzt werden darf – und dafür habe ich auch, nicht zur Freude aller, gekämpft.

Allerdings muss das natürlich irgendjemand vollziehen, und da sind wir bei einem Punkt, der für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs bei der künstlichen Intelligenz entscheidend wird. Wer gibt unseren Unternehmerinnen und Unternehmern Rechtssicherheit? Ich rede wiederum nicht von großen Hyperscalern, die Hundertschaften an Anwältinnen und Anwälten haben werden, die diese Rechtssicherheit für sie zumindest vermeintlich herstellen, sondern ich spreche von den kleinen und mittleren Unternehmen in Österreich und wie diese Rechtssicherheit erlangen können, dass die künstlich-intelligenten Lösungen, die sie einsetzen, auch wirklich verwendet werden dürfen.

Da haben wir diesen Ansatz gewählt, eine KI-Behörde beziehungsweise eine vorgelagerte KI-Servicestelle zu schaffen, die genau diese Rechtssicherheit schafft. Herr Abgeordneter Hoyos: Ja, das machen wir, bevor der AI-Act in Kraft ist; er wird nächste Woche abgestimmt. Sie haben zu Recht in Ihrer Rede kritisiert, dass wir in Österreich manchmal bei der Umsetzung europäischer Regulatorien hinterherhinken. Sie haben auch zu Recht den Data Governance Act ins Rennen geführt, über den ich noch sprechen werde. Diesmal ist das aber nicht der Fall. Warum? – Weil wir jetzt eine KI-Servicestelle einsetzen wollen, um in Österreich schnellstmöglich fähig zu sein, KI-Lösungen nach dem AI-Act zu zertifizieren. Wir werden damit neben Holland und Spanien das einzige Land sein, das eine solche Einrichtung hat, um den Wettbewerbsvorteil für die österreichischen Unternehmen zu schaffen, dass hier in Österreich für ganz Europa gültige KI-Lösungen in Verkehr gebracht werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Darum geht es bei der KI-Servicestelle. Es geht um die Beratung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmerinnen und Unternehmer, damit sie Rechtssicherheit haben. Dafür braucht man einen wissenschaftlichen Beirat, der das auf Basis der Ethik, des digitalen Humanismus sowie der technischen und juristischen Voraussetzungen bewerten kann und dann die KI-Servicestelle dementsprechend richtig berät, damit auch die Unternehmerinnen und Unternehmer richtig beraten werden – deshalb dieser Ansatz.

Nein, es geht dabei nicht um die vollinhaltliche Umsetzung der KI-Strategie. Ich verstehe den Ruf nach der Sozialpartnerschaft in diesen Gremien als Missverständnis. Es ist absolut notwendig, dass wir alle Stakeholder und natürlich auch die österreichische Sozialpartnerschaft in die Erstellung der KI-Strategie einbinden. Die KI-Servicestelle ist ein Bereich unserer Vorgangsweise bei der KI. Wir haben mehrere Dinge präsentiert: Wir überarbeiten die KI-Strategie zusätzlich und wir schaffen ein breites Bildungsangebot in der digitalen Kompetenzoffensive – da sind die Sozialpartner komplett eingebunden. Die digitale Kompetenzoffensive bietet alleine in diesem Jahr 4 500 Workshops, in denen künstliche Intelligenz ein absoluter Fokus ist – unter enger Einbindung der Sozialpartnerschaft.

Auch bei der KI-Strategie wird es aufgrund der neuen Voraussetzungen innerhalb der künstlichen Intelligenz notwendig sein, die Sozialpartnerschaft und alle Stakeholder einzubinden. Ich habe mir deshalb gestern noch erlaubt, das angesprochene Organigramm mit allen überblickbaren Informationen zur Verfügung zu stellen, damit Sie sehen, was wir in diesem Bereich wirklich vorhaben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf zum Schluss noch auf den Antrag, der von Abgeordnetem Hoyos eingebracht wurde, zu sprechen kommen. Ja, bei der Umsetzung des Data Governance Acts sind wir im Rückstand. Ich habe diese Aufgabe vor ein paar wenigen Monaten übertragen bekommen. Wir sind jetzt so weit, dass wir auch das erfüllen werden. Wir werden bis Ende dieses Quartals auch eine neue Datenstrategie mit den entsprechenden Benennungen präsentieren können. Es geht – wie von Ihnen richtigerweise angesprochen wurde – darum, dass wir unsere Register und unsere Datenschätze der Wissenschaft, Forschung, aber auch den Unternehmerinnen und Unternehmern zur Verfügung stellen. Wir haben bereits zahlreiche Initiativen dazu gestartet, zum Beispiel in der Gesundheitsreform von Bundesminister Johannes Rauch was die Gesundheitsdaten betrifft.

Am Ende des Tages wird es bei der künstlichen Intelligenz darum gehen, die Chancen für die Österreicherinnen und Österreicher zu nützen – und damit beschäftige ich mich inzwischen seit zwei Jahren. Uns muss bewusst sein, dass die Art und Weise, wie wir zwar die Risiken ansprechen, aber die Chancen von Innovation, künstlicher Intelligenz und Digitalisierung nützen, entscheidend für den österreichischen Standort sein wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.35

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.