20.23

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Rechnungshofpräsidentin! Herr Präsident! Ich möchte schon noch einmal auf die nicht auffind­bare Patientenmilliarde zurückkommen beziehungsweise auf das, was damit einhergegangen ist: Unter dem Deckmantel Reform der Sozialversiche­rungsträger wurde nämlich der größte Anschlag auf die Selbstverwaltung der Gebietskrankenkasse vollzogen, den es in der Geschichte der Kassen jemals gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: He, übertreib nicht so!) – Dass das wirklich so ist, Kollege Hörl, zeigt uns ein Blick in die Vergangenheit.

Die Selbstverwaltung durch die Versicherten mit einer klaren Mehrheit der Ar­beitnehmer:innenvertretung war stets ein Kernstück der Sozialversiche­rung. Österreich hat sich dieses Kernstück mit einer historischen Unterbrechung im Nationalsozialismus bis zur türkis-blauen Reform beibehalten.

Schauen wir uns das Verhältnis der Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter im Vergleich zu den Arbeitgebervertretungen in der Vergangenheit an: 1888, in der Monarchie, da galt noch das Zensuswahlrecht: zwei Arbeitneh­mervertreter, ein Arbeitgebervertreter; 1927, Erste Republik: vier Ar­beitnehmervertreter, ein Arbeitgebervertreter; im Austrofaschismus, 1935: zwei Arbeitnehmervertreter, ein Arbeitgebervertreter; Zweite Republik: vier Arbeitnehmervertreter, ein Arbeitgebervertreter; schwarz-blaue Reform, türkis-blaue Reform, 2019: ein Arbeitnehmervertreter, ein Arbeitgebervertreter.

Selbstverwaltung bedeutet, dass die Versicherten ihre Kasse selbst verwalten können. Das können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrer Kasse bei einem Verhältnis von eins zu eins nicht mehr. Was bei den Bauern und Selbstständigen selbstverständlich ist, nämlich dass sie ihre Kasse selbst verwalten, hat man den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weggenommen. Um das umzusetzen, habt ihr die Betriebsrätinnen und Betriebs­räte, die sich in der Selbstverwaltung engagiert haben, schlechtgemacht, als Bonzen und Abkassierer hingestellt. Ihr habt den Menschen eine Patientenmilliarde vorgegaukelt, die es nie gegeben hat, wie jetzt auch der Rechnungshofbericht zeigt. (Abg. Kaniak: Ihr hättet sie nur heben brauchen!)

Übrig geblieben ist: 215 Millionen Euro an Mehrausgaben für die Fusionie­rung; dubiose versiegelte Privatakten der Ministerin Hartinger-Klein; gestiegene Kosten für die Versicherten, vor allem durch mehr Wahlarztbesuche, weil eure Ankündigung, das Gesundheitssystem zu verbessern, nicht nur nicht einge­treten ist, sondern weil sich unsere Befürchtung, dass durch die türkis-blaue Kassenzerschlagung die Versorgungssicherheit in Gefahr ist, bewahrheitet hat.

Es braucht daher ganz klar eine Rückkehr zur echten Selbstverwaltung in der Gebietskrankenkasse. Dazu stehen wir. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.