10.38

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einmal mehr besprechen wir hier das Volksbegehren betreffend Neutralität. Ich sage es gleich vorweg: Es mangelt mir nicht an Respekt gegenüber diesem Volksbegehren und ganz vielen, die es unterschrieben haben, die sich dafür einsetzen, Neutralitätspolitik voranzu­treiben – vielen Dank dafür.

Ich möchte aber ein paar Punkte anbringen, die wir in diesem Volksbe­gehren nicht so toll finden. Das eine ist, dass eins zu eins das Gleiche, was bereits in der Verfassung steht, in Form eines Volksbegehrens eingebracht wird. Das sieht auch der Verfassungsdienst eher kritisch, dass man quasi komplett das Gleiche wieder einbringt. Es ist sehr unüblich und auch nicht anzuraten, ein Volksbegehren umzusetzen, durch das genau das Gleiche wieder in Gesetzesrang kommen soll.

Der zweite Punkt – da lassen wir die Stilfrage einmal beiseite –, das hat man jetzt auch sehr gut bei Kollegin Fürst gesehen: Man legt bewusst oder auch unbewusst dieses Thema genau jenen in die Hände, die die größten Ge­fährder unserer Neutralität sind. Jene sind die größten Gefährder, die den Neutralitätsbegriff viel öfter, viel unverschämter instrumentalisieren und unseren demokratischen, verfassungsrechtlichen Rahmen auch viel regel­mäßiger mit Füßen treten. – Das ist einmal ein Punkt.

Unserer Neutralität wäre wirklich besser geholfen, wenn wir die Debatten denen überlassen, die nicht auf der Seite jener stehen, die zu den Russen stehen, die diesen Krieg antreiben, die Kinder töten, die Frauen vergewaltigen, die Men­schen töten, die diesen Krieg angefangen haben. Das ist die Partei, die hier heraußen steht, die hier Kinder als Opfer von Minen rechtfertigt und sagt: Das sind jene, die die Armen sind, auf deren Seite müssen wir stehen, die dür­fen wir nicht sanktionieren! – Schämen Sie sich für das, was Sie hier heraußen gesagt haben, Frau Kollegin Fürst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Sie halten diese Hilfsleistungen für einen Verfassungsbruch, andererseits stehen Sie aber auf der Seite derer, mit denen Sie Freundschaftsverträge unter­schreiben – das finden Sie absolut okay. Freundschaftsabkommen mit Russland zu unterschreiben ist für Sie okay; wenn Sie nach Afghanistan fliegen, um irgendwelche Bündnispartner zu suchen und zu finden, finden Sie das okay. Das sind die neutralen Länder in Ihrem Kopf. Tut mir leid, aber in Ihrer Partei läuft etwas mehr als falsch! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Wir müssen eine Neutralität finden, die im 21. Jahrhundert angekommen ist, mit der wir den Herausforderungen dieser Zeit begegnen können. Das können wir nur, wenn wir Schulter an Schulter mit unseren europäischen Bündnispartne­rinnen und -partnern solidarisch eine aktive, moderne und menschenge­rechte Neutralitätspolitik betreiben, oder – und das ist ja immer die Frage – sol­len wir sie bei der FPÖ irgendwo im Kerker suchen und mauern wir uns ein und schauen wir nur auf uns? – Das ist nicht der Weg, den wir Grüne gehen wollen. Wir wollen gemeinsam mit der Europäischen Union und gemeinsam mit diesen Ländern eine Sicherheitsstruktur bauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Michael Hammer. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte sehr.