17.01

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Die Bevölkerungsgruppe der Hoch­betagten – das sind die über 85-Jährigen in unserem Land – steigt bis 2040 auf etwa 450 000 Personen. Das stellt uns vor enorme Herausforderungen in der stationären, aber auch in der häuslichen Pflege. Ja, eigentlich müssten wir in Österreich schon längst einen Pflegenotstand ausrufen, denn abgesehen von der SPÖ wurde auch in den vergangenen fünf Jahren trotz allem zu wenig getan, um diese Pflegemisere zu entschärfen.

Ganze Stockwerke stehen leer – wir alle wissen das –, weil das Pflegepersonal oder die ärztliche Versorgung dafür fehlen. Viele Pflegekräfte kündigen in den Betrieben nach vielen, vielen Jahren, verzichten auf Abfertigung, weil sie das ganze Rundherum nicht mehr aushalten – weder psychisch noch körperlich –, weil etwa eine Diplomschwester pro Stock im Nachtdienst auf sich allein gestellt ist; weil man zum wiederholten Mal einspringen muss; weil die Dienstpläne nicht halten und passen; weil man vielleicht zusammengepfiffen wird, weil das Stationshandy nicht aufgeladen ist. Dann reicht es einfach oft: Man schmeißt das Handtuch und verlässt den Beruf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in der mobilen Pflege gibt es immer mehr Dokumentationsarbeit, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu betreuende Personen – das geht sich für die Pflegekräfte nicht mehr aus: keine Zeit für ein Gespräch, keine Zeit für aufmunternde Worte oder für einen zusätzlichen Handgriff. Das ist aber oft der einzige Draht nach außen, den ältere Personen haben.

Pflege ist weiblich. – Dieses Schlagwort kennen wir auch. Zu 80 Prozent erfolgt die Pflege zu Hause, und die Anforderungen an die Frauen werden immer mehr. Nehmen wir die Vollzeitdebatte, nehmen wir das Pensionsantrittsalter mit 65 Jahren: Die Frauen sehen, dass sich das alles nicht mehr ausgehen wird. Es wird schwerlich Zeit bleiben, um für die Eltern einzukaufen, um Arzttermine zu koordinieren und Pflege zu mobilisieren, zu organisieren, zu ersetzen.

Sehr geehrter Herr Minister Rauch! Ja, es ist ein zersplittertes System der Zu­ständigkeiten, es gibt in Österreich aber auch keine zentralen Anlaufstel­len, die bei Fragen umfassend Auskunft geben oder unterstützen. Wenn man Infos zu Heimplätzen, zur Kurzzeitpflege, zur Pflegefreistellung, zu Kos­ten, zu Wartelisten, zur mobilen Pflege, zu alternativen Wohnformen, zu Essen auf Rädern, zur mobilen Fußpflege oder zum Friseur braucht, muss man sich alles selber suchen. Viele ältere oder kranke Menschen schaffen das oft nicht mehr selbst.

Dazu kommen all die Anträge – wir haben das heute auch schon gehört –, wenn es um Menschen mit Behinderung geht: vom Pflegegeld über Umbaumaß­nahmen bis zum Angehörigenbonus und so weiter. In Österreich bedeutet es, wenn man Anträge stellt, dass man zum Bittsteller wird und man warten, warten, warten muss. Ich habe Ihnen einen passenden Beitrag aus der „Tiroler Ta­geszeitung“ mit dem Titel „Wie lange ist ‚noch a bissl‘?“ mitgenom­men (einen Ausdruck des Zeitungsartikels in die Höhe haltend): Im August wurde ein Antrag auf Angehörigenbonus abgegeben; im Oktober ist die Eingangsbestätigung mit dem Vermerk, man bemühe sich um rasche Erledigung, gekommen; im Dezember wurde nachgefragt, einige Wochen später dann noch einmal. Die Antwort ist immer: Es dauert „noch a bissl“! – Erst als der Ombudsmann der BVAEB nachfragte, wurde der Antrag erledigt – nach sechs Monaten! – Danke, liebe ÖVP, und danke, liebe Grüne, denn das kann es doch wirklich nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Pflegegeld wurde nur inflationsangepasst, es wurde nicht evaluiert. Es muss dringend erhöht werden, um häusliche Pflege abzusichern. Wir haben es gehört: Der Pflegeschlüssel im stationären Bereich muss dringend aufgewertet und vereinheitlicht werden. Der Pflegeberuf muss attraktiviert werden – aber mit tatsächlicher Wertschätzung und finanziell, nicht mit Place­bos. In Oberösterreich gibt es ein Vorzeigemodell: die Fachkräftestrategie Pflege. Bildlich gesprochen: Bürokratie in den Heimen abbauen und Menschen statt Akten pflegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Ältere wollen auch kein Pflegepersonal aus Kolumbien, von den Philippinen oder von wo auch immer. Wir haben gut ausgebildetes heimisches Personal. Wenn wir attraktive Rahmenbedingun­gen gestalten, werden viele wieder einsteigen. Wenn wir Pflege als Schwer­arbeit anerkennen, wenn wir geblockte Altersteilzeit ermöglichen, dann werden wir auch wieder entsprechend Neueinsteiger gewinnen.

Herr Gesundheitsminister – ich weiß schon, dass Sie dann wieder nicht mehr zu­ständig sind, da es ein Datum, an dem so manches abläuft, gibt –, wir müssen in Österreich unbedingt dafür sorgen, dass die Menschen mehr gesün­dere Lebensjahre haben und nicht zu Pflegefällen werden. Da geht es um die Vorsorge. Dafür sind wir alle verantwortlich. Wir hier im Haus sind dafür verantwortlich, Rahmenbedingungen zu sichern. Wir geben in Österreich im EU-Vergleich sehr, sehr, sehr viel mehr als andere Länder für die Gesundheit aus, haben aber im EU-Vergleich im Ranking weit nicht so viele gesunde Lebensjahre. Das heißt, es läuft im Gesundheitswesen einiges schief, das wird damit auch bestätigt, und die Pflege muss das dann wieder ausbaden. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Dro­bits. – Bitte.