18.08

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Der Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin und das Berufskrankheiten-Modernisierungs-Gesetz sind zwei gesundheitspolitische Highlights, die wir heute einstimmig gemeinsam beschließen. Ich danke auch wirklich der Opposition für die konstruktiven Gespräche – es geht ja, wenn man nur will! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Das ist ein lange gehegter Wunsch, der nun endlich in Erfüllung geht. Ziel ist es, junge Medizinabsolventen einfach für diesen Berufszweig zu interessieren, den Beruf attraktiver zu machen und natürlich schlussendlich die Versorgung in diesem Bereich zu verbessern. Die Stärkung des niedergelassenen Bereiches ist ja eine der wesentlichen Forderungen auch bei der aktuellen Gesundheitsreform.

Wir haben auch das Berufskrankheitengesetz modernisiert. Das war überfällig, die letzte Aktualisierung war 2006. Experten haben es überarbeitet, erweitert und ergänzt – Kollege Koza hat schon einige Details zu den Krankheiten erwähnt.

Auch ganz kurz: Es gibt ein Hammersyndrom bei Handwerkern im Handbereich, eine Gefäßschädigung an Händen. Dann gibt es eine neurologische Erkrankung bei Instrumentalmusikern. Für mich als Hautarzt besonders wichtig: UV-Exposition-Schaden, Hautkrebs bei Outdoorworkern, Bauarbeitern, Dachdeckern, Landwirten; oder Eierstockkrebs durch Asbest. Diese Neuaufnahme – das ist auch ganz wichtig – erfolgte durch eine umfassende Prüfung und nach dem aktuellen Forschungsstand.

Eine Frage, die sich aber schon stellt, ist: Können auch Erkrankungen, die nicht in dieser Berufskrankheitenliste enthalten sind, als Berufskrankheiten gelten? – Da gibt es die Generalklausel mit einem eindeutigen Ja. Das ist auch die Antwort auf Kollegen Silvan: Wenn es berufsbedingt ist und durch schädigende Stoffe oder Strahlen hervorgerufen wird, gilt es auch als Berufskrankheit.

Gestatten Sie mir noch ein paar Worte zu einer gesundheitspolitischen SPÖ-Forderung, die mir seit Wochen im Magen liegt. Es ist eigentlich eine Unforderung, nämlich die Termingarantie beim Facharzt innerhalb von zwei Wochen. Diese Forderung verursacht bei mir als Hautarzt einen juckenden Ganzkörperausschlag und ist eigentlich ein Schlag ins Gesicht für alle im Gesundheitsbereich Tätigen. Wer so etwas fordert, liebe SPÖ, hat unser Gesundheitssystem nicht verstanden. Ich gebe Ihnen also eine kleine Nachhilfe – passen Sie auf.

Die Sozialversicherung funktioniert nach dem Solidarprinzip, das heißt, ich bekomme eine Leistung, die ich benötige, und nicht die, die ich subjektiv als mein Recht empfinde. Ich wiederhole: Ich bekomme eine Leistung, die ich benötige, aber nicht eine, die ich subjektiv als mein Recht empfinde. Darunter leidet unser Gesundheitssystem, weil es nämlich mittlerweile eine Vollkaskomentalität und auch eine Alles-gratis-und-jederzeit-Mentalität gibt. Mit dieser Forderung nach zwei Wochen Garantie forciere ich nämlich diese Forderung und das Anspruchsdenken.

Wir haben im Vergleich mit anderen europäischen Staaten ein tolles Gesundheitssystem, aber – das muss man ganz ehrlich sagen – wir sind an der Decke angelangt. Diese Ehrlichkeit muss sein. Wenn jetzt die SPÖ eine Termingarantie beim Facharzt innerhalb von zwei Wochen fordert, dann hat man das System nicht verstanden oder versteht es bewusst falsch. Es tut mir leid. Man weckt damit auch falsche Bedürfnisse. (Beifall bei der ÖVP.)

Am meisten schadet man eigentlich den im Gesundheitsbereich tätigen Menschen, die mit vollem Einsatz arbeiten, die das Werkel am Laufen halten und die jetzt schon an der Grenze sind. Der Weg ist ganz klar vorgezeichnet: nicht noch mehr Stress in das System geben, sondern einfach 1450 anrufen, dann niedergelassen, dann stationär-ambulant und dann stationär. Ich glaube, wir sollten unsere Bevölkerung, das Gesundheitspersonal und unser Gesundheitssystem vor solchen absurden SPÖ-Ideen im Sinne einer effizienten, guten Versorgung schützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte noch einen Abänderungsantrag einbringen: Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Antrag 3865/A, ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird.

Es werden ein paar Fristen geändert, bei der neuen Sprachprüfung wird die Frist geändert; dann zum Erwerb und der Bezeichnung zum Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin und bei der Anrechnung des Klinisch-Praktischen Jahres.

*****

Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 3865/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (2437 d.B.) (TOP 8)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag (3865/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird, wird wie folgt geändert:

a) Es wird nach Z 4 folgende Z4a eingefügt:

„4a. In § 4 Abs. 3a wird vor dem Wort „mündlichen“ die Wortfolge „schriftlichen und“ eingefügt.“

b) In der Z 13 wird in § 5a Abs. 3 Z 2 lit. b das Wort „besondere“ durch das Wort „besonderen“ ersetzt.

c) In der Z 23 wird in § 9 Abs. 1 Z 4 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt, in Abs. 3c Z 1 wird der Ziffernnummer ein Punkt angefügt, und in Abs. 9 die Wort- und Zeichenfolge „Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft“ durch die Wort- und Zeichenfolge „Bildung, Wissenschaft und Forschung“ ersetzt sowie ein Punkt am Satzende angefügt.

d) In der Z 71 lautet § 117b Abs. 2 Z 6:

„6. Verordnung über die fachärztliche Prüfung (§ 7 Abs. 5 und § 8 Abs. 5),“

e) In der Z 72 wird die Zeichenfolge „§ 117b“ durch „§ 117c“ ersetzt.

f) In der Z 73 lautet der Einleitungsteil des § 120:

„§ 120. Organe der Österreichischen Ärztekammer sind insbesondere“

g) In der Z 79 wird in § 129 Abs. 3 Z 2 der Schrägstrich nach dem Wort „eine“ durch ein Leerzeichen ersetzt.

h) In der Z 85 wird dem § 262 folgender Abs. 6 angefügt:

(6) Auf Personen, die die Berechtigung gemäß Abs. 1 erworben haben, sind bis 31. Mai 2026 die berufsrechtlichen Bestimmungen für Ärzte/Ärztinnen für Allgemeinmedizin anzuwenden.

i) In der Z 85 lautet § 263 samt Überschrift:

„Inkrafttretens- und Außerkrafttretensbestimmung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 263. (1) § 6b Abs. 2 Z 1, § 10 Abs. 5, § 11a Abs. 3, § 12 Abs. 2 Z 7 und Abs. 6, § 12a Abs. 2 Z 7, § 14 Abs. 1 Z 7, § 120, § 128a Abs. 5 Z 2 und 3, § 249 Abs. 2, § 250, § 235 Abs. 3, die Bezeichnung und Überschrift des 8. Hauptstücks, §§ 255 und 256 samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024, treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Gleichzeitig tritt § 128a Abs. 5 Z 1 außer Kraft.

(2) § 262 Abs. 1, 2, 4, 5 und 6 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024, tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.

(3) § 1 samt Überschrift, § 3 Abs. 1 und 4, § 4 Abs. 3 Z 2 und Abs. 6, § 5 Z 1 bis 3, § 5a Abs. 1 bis 3 und 6, die Überschrift zu § 6a, § 6a Abs. 1 und 6, § 6b Abs. 2 Z 1 lit. c, § 7 samt Überschrift, § 8 samt Überschrift, § 9 samt Überschrift, die Überschrift zu § 10, § 10 Abs. 4b Z 2, § 10 Abs. 9, 11 und 13, § 11 Abs. 1 bis 5, 8 und 9, § 12 Abs. 1 und 2 Z 5, § 12a Abs. 1, § 12a Abs. 2 Z 5, § 12a Abs. 4 und 7, § 13 Abs. 1 und 2 Z 1 und 7, § 13 Abs. 6 bis 8, § 13a Abs. 2 und 3, die Überschrift zu § 13c, § 13c Abs. 1, 3 und 6 bis 8, § 13e Abs. 1 und 8, § 14 Abs. 1 Z 6, § 24 Abs. 1 Z 2, 3 und 8, § 24 Abs. 2, § 26 Abs. 1, § 27a Abs. 3, § 27b Abs. 3, § 72 Abs. 1 und 2, § 75b Abs. 2 Z 1 lit. c, § 84 Abs. 1 und 2, § 94 Abs. 1, § 117b Abs. 2 Z 6, § 117c Abs. 2 Z 2, § 126 Abs. 1 und 6, § 129 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und 2, § 129 Abs. 4 Z 2, § 196, sowie § 257 samt Überschrift, §§ 258 bis 261 samt Überschrift und § 262 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024, treten mit 1. Juni 2026 in Kraft.

(4) § 4 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 195/2023 tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag außer Kraft. § 4 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/2016 tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2024 außer Kraft. § 4 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit 1. Juli 2024 in Kraft.“

Begründung

Allgemeiner Teil

Es handelt sich überwiegend um notwendige redaktionelle und technische Änderungen und Klarstellungen. Zusätzlich zu dem vom Gesundheitsausschuss beschlossenen Antrag sollen darüber hinaus Regelungen betreffend Sprachprüfung und Erwerb der Bezeichnung Fachärztin/Facharzt aufgenommen werden.

Besonderer Teil

Zu §§ 5a Abs. 3 Z 2 lit. b, 9 Abs. 1 Z 4, Abs. 3c Z 1 und Abs. 9, 117b Abs. 2 Z 6, 117c Abs, 2 Z 2, 120, 129 Abs. 3 Z 2,

Dabei handelt es sich um redaktionelle Anpassungen.

Zu § 4 Abs. 3a:

Die derzeitige Bestimmung sieht lediglich eine mündliche Prüfung vor. Die Beherrschung der mündlichen Sprache allein reicht jedoch in der Medizin nicht aus, da die schriftliche Kommunikation und Dokumentation in der Praxis eine ebenso wichtige Rolle spielen. Der schriftliche Prüfungsteil bei der Sprachprüfung Deutsch ist daher elementar, um die Sprachqualifikation der Prüfungskandidatinnen und -kandidaten zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf folgende Aspekte:

Medizinische Dokumentation: Die schriftliche Dokumentation in Patientenakten ist ein wichtiger Bestandteil in der täglichen Praxis. Sie dient nicht nur der Niederschrift der Patientengeschichte, Diagnosen und Behandlungspläne, sondern auch der Kommunikation mit anderen Behandelnden. Genauigkeit in der schriftlichen Dokumentation ist entscheidend, um eine kontinuierliche und kohärente Patientenversorgung zu gewährleisten.

Rechtliche Anforderungen: Die medizinische Dokumentation hat auch eine rechtliche Dimension. Sie kann als Beweismittel in juristischen Auseinandersetzungen dienen, insbesondere bei Fragen der Haftung oder des Behandlungserfolgs. Eine präzise schriftliche Dokumentation ist daher essentiell, um rechtliche Risiken zu minimieren.

Verordnungen und Verschreibungen: Verschreibungen für Medikamente müssen schriftlich erfolgen. Fehler bei der Verschreibung können zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen. Die Fähigkeit, Medikamente korrekt zu verschreiben, setzt voraus, dass die  Ärztin/der Arzt die schriftliche Sprache beherrscht, um Dosierungen, Anweisungen und Warnungen klar und deutlich anzugeben.

Kommunikation mit anderen Fachkräften: Ärztinnen/Ärzte müssen oft Berichte schreiben oder Korrespondenz mit anderen Medizinerinnen/Medizinern und anderen Systempartnern führen, sei es für Überweisungen, Fachmeinungen, im Rahmen von Forschungsprojekten usw. Die schriftliche Kommunikationsfähigkeit ist entscheidend für die effektive Zusammenarbeit und den fachlichen Austausch.

Um ein umfassendes Bild über die notwendigen Sprachkompetenzen in einer Prüfungssituation gewinnen zu können, ist daher die ausgewogene Bewertung mündlicher und schriftlicher Aufgabenstellungen zu gewährleisten, auch um den Kandidatinnen/Kandidaten die Möglichkeit zu geben, in beiden Teilaspekten ihre Kenntnisse unter Beweis zu stellen.

Zu § 262:

Der neue Abs. 6 soll verhindern, dass sich bis zum umfassenden Inkrafttreten der Bestimmungen über das Sonderfach betreffend Allgemeinmedizin und Familienmedizin vorübergehende Lücken (etwa betreffend der kammerrechtlichen Zugehörigkeit) auftun. Bis 31. Mai 2026 sollen damit Personen, die die Bezeichnung zur Führung des neuen Sonderfachs gemäß den Bestimmungen des § 262 erworben haben, berufsrechtlich wie Ärztinnen/Ärzte für Allgemeinmedizin zu beurteilen sein.

Zu § 263:

Abweichend von den sonstigen Bestimmungen zur Einführung des neuen Sonderfaches Allgemeinmedizin und Familienmedizin soll der Erwerb der Bezeichnung Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin bereits ab 1. Juni 2025 möglich sein (Abs. 2).

Aus Gründen der Vorbereitung des Vollzugs sowie auf ausdrücklichen Wunsch der § 6b-Kommission soll auch die Anrechnung vom Klinisch-Praktischen-Jahr (§ 14 Abs. 1 Z 6) erst mit 1. Juni 2026 in Kraft treten. Weiters wird für die praktische Umsetzung der neu gestalteten Prüfung zum Nachweis ausreichender Sprachkenntnis eine bestimmte Anlaufzeit benötigt, sodass die bis zur Novelle des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 195/2023 geltende Rechtslage vorübergehend bis 1. Juli 2024 wieder in Kraft gesetzt werden soll (Abs. 4).

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an alle Abgeordnete verteilt, auch in den Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Silvan zu Wort. – Bitte.