9.45

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Budget- und Steuerpolitik nach den Freiheitlichen – ich glaube, da schließe ich jetzt am besten nicht an, sondern beginne woanders.

Die Partei, die ständig neue Ideen hat, wie sie mehr Geld ausgeben kann, hat gleichzeitig ein Problem mit dem Budgetdefizit und möchte auch die Steuern senken. Wie Sie das zusammenbringen wollen, würde ich gerne wissen; aber gut, Sie wollen die Steuern senken, das wollen auch die NEOS. Sie meinen, die Steuern in Österreich müssen reduziert werden; das haben auch wir gemeint, und die Koalition hat das auch gemacht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Nein!)

Insbesondere im Zusammenhang mit der ökosozialen Steuerreform wurden die Eingangssteuersätze bei der Einkommensteuer von 25 auf 20, von 35 auf 30, von 42 auf 40 Prozent gesenkt, und das ist nicht nichts: Das spart bis zu 1 000 Euro, je nach Einkommen der Steuerzahler:innen. Das wurde auch von allen Fraktionen grundsätzlich unterstützt, aber es wurde behauptet: Die kalte Progression frisst das innerhalb kürzester Zeit wieder auf! – Das war damals schon falsch, ist mittlerweile aber auch egal, weil wir ja die kalte Progression abgeschafft haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Jetzt war das nicht so mir nichts, dir nichts, sondern es wurde seit Jahrzehnten gefordert, war in verschiedenen Plänen enthalten, hat auch einige Regie­rungsprogramme geschönt – und ist nicht passiert. Wir haben es in dieser Koali­tion zustande gebracht. Es ist umgesetzt.

Weil diese zwei sehr großen, milliardenschweren Steuersenkungsmaß­nahmen grundsätzlich relativ breit bekannt sind, möchte ich mich jetzt auf ande­re konzentrieren. Wir haben ja so viele Steuersenkungsmaßnahmen, so viele Ausweitungen von Steuerbegünstigungen beschlossen, dass den NEOS dabei ganz schwindlig wird: Wir haben den Ökoinvestitionsfreibetrag eingeführt, wir haben jetzt den Ökosanierungsbonus hinaufgesetzt, wir haben die degressive AfA eingeführt, die Unternehmensteuer generell gesenkt, die Klein­unternehmerumsatzgrenze ausgeweitet, die Arbeitsplatzpauschale für Selbstständige eingeführt, die Homeofficepauschale, die Lohnnebenkosten über den Flaf gesenkt.

Wir haben die Steuerfreigrenze für Urlaubs- und Weihnachtsgeld angeho­ben, den Verkehrsabsetzbetrag erhöht. Wir haben die automatische Valorisierung von allen negativsteuerfähigen Absetzbeträgen beschlossen. Wir haben den Familienbonus und den Kindermehrbetrag mehrfach angeho­ben. Wir haben die Spendenabsetzbarkeit ausgeweitet. Wir haben die Umsatz­steuer auf Hygieneprodukte gesenkt, die sogenannte Tampontax abge­schafft, die Umsatzsteuer für Fotovoltaikanlagen ausgesetzt, die USt auf interna­tionalen Bahnverkehr gesenkt, Sachbezugsbefreiungen ausgeweitet und, und, und, und, und. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Steuern mussten runter, und genau das hat die Koalition auch ge­macht. Nur, da gebe ich Kollegin Herr recht: Es greift natürlich viel zu kurz. Das eine ist Steuern senken; aber die Steuern sind ja kein Selbstzweck, son­dern da geht es darum, dass man wichtige staatliche Leistungen finanzieren muss: Spitäler, Universitäten, Forschung, Sozialleistungen, auch die Zu­schüsse zum staatlichen Pensionssystem, die oft Menschen mit geringen Ein­kommen zugutekommen, und insbesondere Investitionen in die Infra­struktur der Zukunft, beispielsweise das Schienennetz: Wir haben Jahr für Jahr einen Rekordausbau im Bahnnetz, der sogenannte Rahmenplan liegt jetzt bei 21 Milliarden Euro, das wurde alles in den letzten Jahren entsprechend angehoben, und das kommt natürlich der gesamten Bevölkerung zugute. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Selbst die NEOS müssen zugeben, und sie wissen das auch: Solche – Stichwort: natürliches Monopol – Investitionen sind beim Staat besser aufgehoben als in der Privatwirtschaft, und dementsprechend ist es auch sinnvoll, dass es Steuern gibt, die so einen Ausbau finanzieren. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)

Jetzt wollen die NEOS natürlich auch den Ausbau des Bahnnetzes, würde ich einmal vermuten, und gleichzeitig hätte man natürlich gerne möglichst geringe Steuern, wie auch alle anderen. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja! Reformen! Ausgabenseitig was tun! Das tut weh, das weiß ich!) Diese Wasch-mir-den-Pelz-aber-mach-mich-nicht-nass-Politik hat halt ihre Probleme, und da kommt dann in diesem Wunschszenario oft das Beispiel Schweiz ins Spiel – Abgeordneter Loacker hat dann nach mir eh die Möglichkeit, darauf einzugehen –, wo die staatlichen Leistungen ungefähr vergleichbar mit Österreich sind, aber die Abgabenquote wesentlich geringer ist.

Jetzt fragt man sich natürlich: Wie geht das? Ich kann Sie beruhigen, meine Damen und Herren: Auch die Schweizer Regierungen können nicht zau­bern, sondern da werden halt gewisse Ausgaben, beispielsweise für die private, aber doch verpflichtende Gesundheitsversicherung, nicht in die Abga­benquote eingerechnet, und machen wir das, kommt man auf eine Abga­benquote von 40 Prozent in der Schweiz, also eh sehr ähnlich wie in Österreich. (Rufe bei den NEOS: Aber das ist ein Unterschied! 40 Prozent wäre eh schon gut!)

Was allerdings stimmt, ist, dass es in Österreich immer noch ein massives Un­gleichgewicht zwischen der Besteuerung von Einkommen, das ich durch Arbeit erwirtschafte, und der Besteuerung von Einkommen, das mir quasi durch Schenkung oder Erbschaft einfach in den Schoß fällt, gibt. Das ist unfair, deshalb wollen wir Grüne da auch mehr Gerechtigkeit schaffen. Wir wollen einer­seits weiter die Steuern auf den Faktor Arbeit senken – da kann man durchaus auch bei einigen Aspekten der Lohnnebenkosten reinschauen – und gleichzeitig aber eine Erbschaftssteuer für Millionenerben einführen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter – schon angesprochen: Schweizer Expertise – Loacker. – Bitte.