15.26

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Also Herr Abgeordneter Marchetti, über Sie wurde immer gesagt, Sie gehören zu den wenigen Seriösen in der ÖVP. Ich muss sagen, das muss revidiert werden. Was Sie jetzt von sich gegeben haben, ist an Populismus kaum zu übertreffen. Unwahrscheinlich! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Nur weil er die Wahrheit über die SPÖ Wien sagt! Seid ihr empfindlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie werden mir auch zuhören. Frauen und Mädchen sind keine Objekte. Frauen und Mädchen und Kinder sind keine Sexobjekte. (Abg. Amesbauer: Sagen Sie das den Afghanen!) Bei sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen darf und wird es keine Toleranz geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Gewalttaten der vergangenen Wochen haben uns ausnahmslos alle erschüttert. Wir sind uns auch alle einig, dass es Konsequenzen wird geben müssen, Herr Innenminister. Sie sind aber nicht der einzige Adressat. Mein Appell geht auch an das Justizministerium, und da sind wir schon beim Thema. Wenn wir gut funktionierende Strukturen zerschlagen, Herr Minister, brauchen wir uns nicht zu wundern, was die Konsequenzen sind.

Sie haben jetzt eine Statistik zitiert, wonach in den letzten zehn Jahren eine Verdoppelung der Straftaten oder – besser gesagt – Anzeigen für unter 14-Jährige erfolgt ist. Wissen Sie, was fast auf den Tag genau vor zehn Jahren passiert ist, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Schwarz-Blau hat den funktionierenden Jugendgerichtshof zerschlagen. Stellen Sie sich das vor! (Abg. Schnedlitz: 2014 wart ... in der Regierung!) Schwarz-Blau hat ihn zerschlagen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Wissen Sie, was der Jugendgerichtshof war? – Eine Zusammenführung der Pflegschaftsgerichte mit den Strafgerichten. Die haben geschaut und festgestellt: Junge Menschen – auch junge Erwachsene – in Gefängnisse zu stecken, verhindert keinen Rückfall. Jeder Rückfall bedeutet ein Opfer mehr und weniger Sicherheit, daher wurde der Jugendgerichtshof in Wien erfolgreich installiert, den Sie, damals die ÖVP mit der FPÖ(Abg. Hauser: ... in der Regierung!), zerschlagen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Konsequenz ist jetzt eine etwas kopflose Strategie und Ratlosigkeit bei der ÖVP und bei der FPÖ. Wieder nach mehr Strafen zu rufen, die Strafmündigkeit unter 14 Jahre zu senken (Abg. Schnedlitz: Na, tun wir sie belohnen für die Straftaten!): Glauben Sie, dann ist das Problem gelöst? Sind dann das Bildungsproblem, das Integrationsproblem gelöst und die Frauen und Männer sicherer, können die sich jetzt am Reumannplatz oder in Favoriten sicherer bewegen? – Nein! (Abg. Zarits: ... die Lösung?)

Herr Minister, Sie haben eine Arbeitsgruppe installiert, die international nach Lösungen sucht. Ja warum sind Sie denn nicht im Inland geblieben? Warum schauen Sie denn nicht zurück in die Vergangenheit? (Abg. Schmuckenschlager: In die Vergangenheit schaut nur ihr!) Was hat denn gut funktioniert? Wo sind Fehler passiert? Warum Expertise im Ausland suchen, wenn die Antwort eh jetzt schon klar ist?

Ich kann Ihnen sagen, was diese Arbeitsgruppe als Ergebnis herausarbeiten wird. (Abg. Michael Hammer: Hellseherei jetzt auch noch!) Die wird sagen, es nützt nichts, unter 14-Jährige unter Strafe zu stellen. (Zwischenrufe bei den Abgeordneten Amesbauer und Schnedlitz.) Es nützt auch nichts bei unter 20-Jährigen, denn diese schrecklichen Vorfälle, diese Gruppenvergewaltigungen sind ja überwiegend auch von Strafmündigen verübt worden. Die wissen, dass das verboten ist, tun es aber trotzdem.

Was sagt uns das? (Abg. Michael Hammer: Dass ihr da nichts verstanden habt!) – Das Ergebnis wird sein: Sie werden niemanden finden, der sagt, Haft schützt uns alle. – Haft schützt uns nicht! Es braucht die Jugendgerichtshöfe wieder (Beifall bei der SPÖ), es braucht eine besser aufgestellte Justiz. (Abg. Steinacker: Also das diskutieren wir aber in Ruhe, was wie wirkt, und generalpräventiv wirkt ...!)

Die Justiz wurde ausgehungert. Sie haben den Vollzugsbeamten im Strafvollzug ihre Möglichkeit der Arbeit mit Tätern genommen. Die braucht es aber. Es braucht wieder die Fallkonferenzen, die Sie so sehr missachten, es braucht diesen Lückenschluss im Opferschutz – nur dann haben wir eine sicherere Gesellschaft – und nicht diese ewige Law-and-order-Politik von ÖVP und FPÖ, die sich immer wieder im Kreis dreht und keine Lösungen herbeiführt.

Daher: Kommen Sie zur Vernunft! Bleiben wir seriös, bleiben wir lösungsorientiert, und tun wir etwas für eine wirksame Sicherheit dieser Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

15.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte. (Abg. Kickl: ... Vorzeigeresozialisierungsprojekt heißt Unterweger! – Abg. Michael Hammer: Jetzt wundert uns nicht mehr, dass es in Wien so ist! – Der Präsident gibt das Glockenzeichen. – Abg. Martin Graf: Straffreiheit für Kurz, weil ...!)