11.01

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Stocker, der überall manisch auf der Suche nach den Freunden Russlands unterwegs ist! – Ich kann Ihnen sagen, wo die sind. (Ruf bei der ÖVP: Na, hallo!) Es waren nicht Frau Dagmar Belakowitsch oder ich (Zwischenruf der Abg. Ribo), die Seite an Seite mit Putin, aufgemascherlt in russischen Nationalfarben (Bezug nehmend auf die von der FPÖ in die Höhe gehaltenen Tafeln mit den bereits beschriebenen Fotos – Oh-Rufe bei der ÖVP), stolz lächelnd hier entlanggeschritten sind. Das war schon Frau Minister Edtstadler, die, glaube ich, Ihrer Partei zuzurechnen ist. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Ribo.) Ich glaube, auch Wolfgang Schüssel, der vom Bundeskanzleramt zu einem russischen Mobilfunkkonzern und dann zum russischen Ölkonzern Lukoil gewechselt ist, ist nicht unbedingt uns zuzurechnen. Ich glaube, auch Hans-Jörg Schelling, der Finanzminister, der direkt vom Ministerium zu Gazprom gewechselt ist, ist der ÖVP zuzurechnen. Ich nehme an, es war keine ehrenamtliche Tätigkeit, sondern dafür wird schon Geld ausbezahlt worden sein. Bleibt bitte sachlich! Schauen wir, wo die Freunde Russlands sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Volksbegehren Nehammer muss weg: Ja, normalerweise sollten Volksbegehren sachliche Titel haben. Man muss aber sagen, in diesen Zeiten hat man Verständnis für diesen Titel, der einfach ganz kurz sagt: Nehammer muss weg. Wenn man sich alleine die Tätigkeiten unseres Bundeskanzlers in den letzten Tagen ansieht, kann man nur sagen: Das Volksbegehren und die Initiatoren, denen man für ihre Mühe danken muss, haben recht.

Unser Bundeskanzler reist mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nach Ägypten, um dort ein Migrationsabkommen abzuschließen. Nehammer lässt uns wissen, er sei ganz stolz auf die enge Zusammenarbeit im Kampf gegen die illegale Migration – wir bekommen auch die entsprechenden Bilder: entschlossene Miene, Schulterklopfen – und er sorgt jetzt für mehr Sicherheit in Österreich, in Europa und auch vor Ort in Ägypten und er setzt sich ja schon seit Jahren für effektive Migrationsabkommen ein.

Nun, was ist dran an diesen drei Aussagen, die er vom Bundeskanzleramt verlauten lässt? Wie sieht das Migrationsabkommen mit Ägypten aus? – 7,4 Milliarden Euro an europäischem Steuergeld fließen nach Ägypten. Wir sind wieder überproportional dabei, weil wir Nettozahler sind. Das Geld bekommt der ehemalige Feldmarschall und nunmehrige Langzeitpräsident al-Sisi. Der nimmt es einmal; er ist ja ein bekannter Philanthrop und wird es also auch wirklich entsprechend verteilen. Mit 7,4 Milliarden Euro könnte man jetzt die Grenzen sicher schützen, wenn man denn will. Was verrät uns der Herr Bundeskanzler allerdings nicht? Oder weiß er es nicht? – Ich weiß es nicht. Von den 7,4 Milliarden Euro werden ganz offiziell, schwarz auf weiß, 5 Milliarden Euro als Kredit an Ägypten vergeben – ich bin wirklich guten Mutes, dass wir das mit Zinsen zurückbezahlt bekommen! (Ruf bei der FPÖ: ... alles zurück!) –, 1,8 Milliarden Euro für Investitionen – vielleicht wird der Palast von al-Sisi ausgebaut –, 400 Millionen Euro für bilaterale Projekte für was auch immer und ganze 200 Millionen Euro für die Bekämpfung der illegalen Migration. 200 Millionen Euro von 7,4 Milliarden Euro europäischem Steuergeld – und von der Leyen und Nehammer erzählen uns, dass diese Milliarden für die Bekämpfung der illegalen Migration ausgegeben werden! Das sind 2,7 Prozent.

Ja, so sieht es aus, wenn diese Geschäfte gemacht worden sind. Aber nichtsdestotrotz erzählt uns Bundeskanzler Nehammer im EU-Hauptausschuss unverdrossen, auf diese Weise, mit diesem Abkommen, wird das EU-Asylsystem repariert. Er sei ein Gegner von Abkommen, die von oben herab mit Nordafrika abgeschlossen werden, es soll schon auf Augenhöhe sein. Ich kann nur sagen: Keine Angst, Herr Bundeskanzler Nehammer, al-Sisi redet sicher nicht auf Augenhöhe mit von der Leyen und Nehammer, sondern er redet von oben herab, weil er weiß, dass er am längeren Ast sitzt – und er sagt auch: Gebt mir die Milliarden, sonst schicke ich noch mehr Flüchtlinge! Nehammer meint trotzdem, das Abkommen muss auch Vorteile für Ägypten bringen. – Keine Angst, es bringt nur Vorteile für Ägypten! Es soll eine Win-win-Situation für Europa und Ägypten sein. – Nein, es ist Win-win für Ägypten, weil die das Geld bekommen und die Leute trotzdem schicken. (Beifall bei der FPÖ.)

Dritte Behauptung von Nehammer: Er setzt sich ja schon seit Jahren für effektive Migrationsabkommen ein. Ich erinnere nur ganz kurz an das Tunesien-Abkommen vor ein paar Monaten, welches auch abgeschlossen wurde. Es gab wieder die Bilder mit von der Leyen mit entschlossenem Gesicht im Kampf gegen die illegale Migration. 900 Millionen Euro europäisches Steuergeld wandern nach Tunesien, der vertrauenserweckende Präsident dort nimmt es. Was ist die Folge? – Es kommen mehr denn je aus Tunesien. Der tunesische Präsident schickt dann noch 120 Millionen Euro wieder zurück und verweigert einer EU-Delegation die Einreise. Er sagt, er lässt sich von Europa überhaupt nichts erzählen. Das ist wieder ein Abkommen auf Augenhöhe mit Nehammer und Co!

Österreich hat unter Bundeskanzler Nehammer auch schon ganz erfolgreiche Abkommen geschlossen: mit Marokko – und Indien war auf einmal letzten Sommer das große Thema. Ersteres hatte ebenfalls zur Folge: Es kommen mehr denn je aus Marokko. Es hat sich nichts geändert, und es wäre naiv zu glauben, dass in irgendeinem dieser Abkommen auch von Rückführungen die Rede ist, dass man sagt: Wenigstens nehmt ihr für das Geld die Leute wieder zurück, bei denen der Asylbescheid abgelehnt worden ist. Na, na, na! Rückführungen sind nirgendwo das Thema, weil nämlich al-Sisi und Co die Devisen gerne nehmen, die zurückgeschickt werden.

Ja, gestern war der Besuch der EU-Parlamentspräsidentin Metsola, sie wurde empfangen von Nehammer. Die Präsidentin meinte, es geht um viel. Das ist richtig. Sie kämpft ja gegen den Rechtsruck in der Europäischen Union bei der anstehenden Europawahl. Bundeskanzler Nehammer steht daneben – und man könnte jetzt irgendwie glauben: Na ja, gegen rechts würde ich so nicht sagen; ich meine, die ÖVP, war ich eigentlich der Meinung, definiert sich als rechte konservative Partei. Dann ist mir aber eingefallen: Nein, sie ist ja jetzt natürlich nur mehr für die Mitte da (Abg. Leichtfried: Hat das mit dem Volksbegehren noch was zu tun?), nur mehr für die Mitte im Nirgendwo, kein Profil, keine Kante, keine Meinung. Sie steht für nichts, irgendwo im mittlerweile linken Nirgendwo. (Beifall bei der FPÖ.) Dafür ist er ein echtes Schwergewicht im Verhandeln auf Augenhöhe. (Beifall bei der FPÖ.)

11.08

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Muna Duzdar. – Bitte.