14.30

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Haftungsrechts-Änderungsgesetz – das klingt ein bisschen sperrig, ist aber in Wirklichkeit etwas ganz Großartiges. Was wir hier machen, ist etwas ganz Seltenes, denn wir ändern das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch. (Abg. Einwallner: Ministerin ist keine da, oder?) Das ist nicht alltäglich und das ist auch etwas, das man immer mit besonderer Sorgfalt machen muss, weil dieses Gesetzeswerk die Basis unseres Zivilrechts bildet.

Darin gibt es einen Teil, der sich mit Haftungsrecht, also mit Schadenersatz, beschäftigt. (Abg. Einwallner: Wo ist die Ministerin?) Da gibt es einen Grundsatz, der besagt: Wenn mir ein Schaden passiert, dann bin ich grundsätzlich selbst dafür verantwortlich. Ich muss diesen Schaden tragen, es sei denn, es ist jemand anderer dafür verantwortlich, es hat mir jemand diesen Schaden schuldhaft zugefügt. Das ist das Grundprinzip beim Schadenersatzrecht, und da gibt es dann einige Spezialbestimmungen, die in bestimmten Sonderfällen gesonderte Regelungen erwirken. (Abg. Einwallner: Wo ist die Bundesministerin für Justiz? – Ruf bei den Grünen: Im Lift! Im Lift ist sie!)

Es gibt einen Teil, der bisher keine eigene Regelung hatte, und zwar folgender: Was passiert, wenn jemandem ein Schaden dadurch entsteht, dass zum Beispiel etwas von einem Baum herunterfällt? Was passiert, wenn dadurch ein Gegenstand beschädigt oder man dadurch am Körper verletzt wird? Kriege ich so einen Schaden ersetzt oder nicht? Gibt es jemanden, der dafür verantwortlich ist, oder nicht? Muss ich selbst für diesen Schaden aufkommen?

Weil dieser Teil noch nicht geregelt war, haben wir das jetzt gemacht. Man hat sich früher damit beholfen, dass man gesagt hat: Ein Baum gehört jemandem, und derjenige, dem der Baum gehört, soll für den Schaden haften. Da es aber keine eigenen Regelungen dafür gibt, hat man sich an den Regelungen betreffend Gebäude orientiert und gesagt: Ein Baum ist so ähnlich wie ein Gebäude, das ist auch etwas, das aus der Erde herauskommt, das auf der Erde draufsteht, und wenn von einem Baum etwas herunterfällt, dann behandelt man es so, als würde etwas von einem Gebäude herunterfallen.

Ein Baum ist aber logischerweise etwas anderes als ein Gebäude, weil er nicht von Menschen gemacht wurde. Wenn ein Mensch etwas macht, wenn ein Mensch ein Gebäude errichtet, ist es nachvollziehbar, dass ich ihn dafür in die Verantwortung nehme, wenn vom Gebäude etwas herunterfällt und jemand davon getroffen wird. Wenn ein Baum natürlich wächst, sich immer wieder natürlich erneuert, fallen immer wieder einmal Teile herunter. Das muss ich natürlich auch bewerten, aber eher so, als sei niemand dafür verantwortlich.

Es kann aber auch nicht sein, dass ich, wenn ich einen Baum habe, an dem viele Menschen vorbeigehen, mich nicht darum kümmern muss, dass dieser Baum auch in Ordnung ist. Deshalb ist es wichtig, dass man diese Regelungen so trifft, dass man sagt: Wenn durch einen Baum ein Schaden verursacht wird, dann schaue ich mir an: Wurde von demjenigen, dem der Baum gehört, alles dafür getan, diesen Schaden von anderen Menschen abzuhalten?

Da gibt es mehrere Möglichkeiten: Erstens muss ich mir natürlich immer anschauen, in welchem Zustand dieser Baum ist – wie muss ich für diesen Baum sorgen? –, und vor allem: Wo steht dieser Baum? Wie hoch ist die Wahr­scheinlichkeit, dass Menschen oder Gegenstände Schaden erleiden, wenn mit dem Baum irgendetwas passiert, wenn zum Beispiel ein Ast herunterfällt, wenn Zweige herunterfallen? All das sind Themen, mit denen man sich befassen muss.

Wir haben ein Haftpflichtrecht geschaffen, eine eigene Haftungsregelung geschaffen, mit der wir das regeln. Das Prinzip ist Folgendes: Wenn ich einen Baum habe, dann muss ich dafür sorgen, dass niemand anderem etwas passiert, und ich muss Vorkehrmaßnahmen treffen, die für den Bereich, in dem der Baum steht, angemessen sind. Wenn ich das gemacht habe, dann hafte ich nicht mehr dafür. Ich hafte nur so lange dafür, solange ich diese Pflicht ver­letze.

Ich denke, wir haben hiermit ein gutes Gesetz geschaffen, eine faire Lösung für Menschen und für Bäume. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bundesministerin Zadić betritt den Saal. – Abg. Martin Graf – in Richtung Abg. Prammer –: Können Sie das noch einmal wiederholen? Die Frau Bundesministerin hat nichts mitgekriegt!)

14.34

Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Frau Bundesministerin Zadić sehr herzlich im Parlament willkommen heißen.

Zu Wort gelangt nun Mag. Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.