15.45

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren der Pensionist:innengruppe der Gewerkschaft PRO-GE, in Begleitung des Metallerchefs Reinhold Binder, herzlich willkommen im Hohen Haus! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zugang zum Recht, zu fairen Verfahren und die Einhaltung von Grundrechten, all das sind zentrale Säulen unserer Rechtsstaatlichkeit – die sind wichtig und sollten wir auch hochhalten.

Die EU-Kommission hat nun bemerkt, dass bei der Richtlinienumsetzung – Frau Ministerin, das haben wir eigentlich im Justizausschuss schon behandelt – das nicht ganz korrekt umgesetzt wurde. Das wird hiermit entsprechend korrigiert. Wir werden dem auch zustimmen, diese Klarstellung begrüßen wir.

Ein Teil davon betrifft das Jugendgerichtsgesetz. Und weil ich, bevor ich hier ans Rednerpult getreten bin, geschaut habe: Zu diesem Thema haben sich interessanterweise fünf FPÖ-Abgeordnete zu je 5 Minuten zu Wort gemeldet. Interessant! Könnte das damit zusammenhängen, dass Sie jetzt im Wahlkampf diese Gruppe beziehungsweise das Thema der Jugendkriminalität für sich entdeckt haben (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ) und hier Szenarien zeichnen (Zwischenruf des Abg. Kaniak), Verunsicherung schüren, statt eine Lösung der Probleme, mit denen wir es zu tun haben, aufzuzeigen? (Abg. Schrangl: Sie regen sich darüber auf, dass wir zu einem Gesetz sprechen? Das mache ich das nächste Mal auch, wenn die SPÖ zum Thema Wohnen spricht!)

Der Umgang mit unmündigen Straftätern beschäftigt uns seit Wochen und beschäftigt uns auch seit gestern im Hohen Haus. In der politischen Diskussion erfolgt Ihrerseits, also seitens der FPÖ-Politiker, auf allen Ebenen, in allen Bundesländern eine Schwerpunktsetzung darauf, als wäre jetzt generalstabsmäßig ausgerufen worden: Thematisiert das, wo es Sitzungen gibt! – Wenn Sie finden, dass das ein guter Zugang ist, um Probleme zu lösen – es bleibt Ihnen unbenommen. (Ruf bei der FPÖ: Danke!)

Was mich aber wirklich wundert, ist, dass die ÖVP auch auf diesen Zug aufspringt. Ganz ehrlich, ich möchte das hier an dieser Stelle unterstreichen: Jede Form von Gewalt verabscheuen wir und lehnen wir ab, und wir werden auch entschieden dagegen auftreten, mit allen nach dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip uns zur Verfügung stehenden Mitteln. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber wir werden den Rechtsstaat nicht verlassen, nur, weil es Ihnen in Ihrem Wahlkampf jetzt vielleicht nutzen würde. Das tun wir nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin überrascht, dass jetzt auch die ÖVP – im Chor mit der FPÖ – die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf zehn oder zwölf Jahre diskutiert und es Arbeitsgruppen gibt; das hat uns ja gestern wiederum Innenminister Karner bestätigt. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich wundere mich deswegen, da vor drei, dreieinhalb Jahren – es ist keine dreieinhalb Jahre her – Abgeordnete Kugler gemeinsam mit Abgeordneter Plakolm und grünen Kolleginnen einen Entschließungsantrag an die Justizministerin gestellt hat – an Sie, Frau Ministerin – und an die Verfassungsministerin, Karoline Edtstadler – die jetzt prüfen soll, ob sie sie herabsetzen kann. Und dieser Antrag beinhaltet nicht weniger, als dass sich die Republik beziehungsweise die Mitglieder der Bundesregierung dafür starkmachen sollen, dass innerhalb der EU und darüber hinaus, weltweit, das Strafmündigkeitsalter auf zumindest 14 Jahre angehoben wird. (Ruf bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Interessant, dass Sie das wollten, und jetzt im Wahlkampf weichen Sie plötzlich davon ab und wollen das herabsetzen. Damals beriefen Sie sich auf die UN-Kinderrechtskonvention, damals haben Sie noch vernünftig argumentiert, dass das menschenrechtswidrig ist; Heranwachsende, die kriminell sind, gehören außerhalb des Strafrechtes sehr wohl auch sozial und psychologisch betreut.

Es kann nicht sein, dass da keine Regeln sind. Es braucht aber angemessene Maßnahmen und nicht irgendwelche Falschinformationen, die Schweiz würde Kinder schon ab zehn Jahren in Strafhaft nehmen, was nicht stimmt. (Abg. Lausch: Das haben wir nie gesagt! Nein!) Mit Halbwahrheiten Stimmung erzeugen, Unsicherheit schüren und nicht seriös auf Sicherheitsprobleme eingehen: Das werfe ich Ihnen schon vor, weil es notwendig ist, gerade in einem so wunderschönen und sicheren Land, die Sicherheit durch Präventionsarbeit, Integrationsarbeit, Bildungsarbeit auch weiterhin aufrechtzuerhalten, und zwar unter Rechtsstaatlichkeitsprinzipien. Das ist es. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit möchte ich meine Rede beschließen. Wir, die SPÖ, stehen für die Verhinderung von Gewalt, für Opferschutz. Dieser Opferschutz muss ausgebaut werden. Ausbauen! Nicht nur die häusliche Gewalt gehört stärker in den Fokus gerückt, sondern auch die Gewalt im öffentlichen Raum. Dafür haben wir Konzepte, die Sie Tag für Tag, Jahr für Jahr vertagen, anstatt sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. (Abg. Höfinger: Die Stadt Wien hat wenige Konzepte! –Abg. Lausch: Seien Sie nicht so nervös! ... im Ausschuss waren Sie so nervös!)

Wir sind dafür, dass Täterkarrieren, Kriminalitätskarrieren gestoppt und nicht durch Haft verlängert werden. Das ist ein echter, seriöser Lösungsansatz.

Sie brauchen aber das Thema, um Ängste zu schüren (Abg. Kickl: Nein, da braucht es uns leider nicht dafür!), um in den Umfragen und in den Wahlen wieder die Nummer eins zu sein. Das ist unwürdig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

15.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stefan. –Bitte.