9.53

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Aktuelle Stunde hat einen sehr, sehr ernsthaften Titel, einen wichtigen Fokus, nämlich unseren Staatsschutz. Es war aber klar, dass die ÖVP dieses Format dafür nützt, sich hinzustellen und darüber zu reden – und das ist auch inhaltlich richtig –, dass Herbert Kickl unseren vorherigen Verfassungsschutz zerstört hat.

Aber Herr Kollege Stocker, wenn Sie ganz richtig nachzeichnen, welche gefährlichen Umtriebe der FPÖ aus der Zeit von Innenminister Kickl nun bekannt sind, und wenn Sie, Herr Kollege Lopatka, ganz empört das Foto von Karin Kneissl hier hinstellen, als sie als Außenministerin vor Putin ihren Knicks gemacht hat, dann ist es doch unfassbar, für wie dumm Sie uns verkaufen wollen, denn wer hat mit der FPÖ koaliert? Wer hat denn zugelassen, dass die FPÖ das Sicherheitsressort erhält? Wer hat sogar Herbert Kickl als Person zugelassen, als Innenminister? (Zwischenrufe der Abgeordneten Stocker und Michael Hammer.) Wollen Sie uns glauben lassen, dass Ihnen damals nicht bewusst war, wes Geistes Kind Herr Kickl ist?

Was Sie hier betreiben, ist Kindesweglegung. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strasser: Das ist Ihr größtes Problem?)

Wenn Sie auf die Zeit, in der sich Marsaleks verlängerter Arm in unserem Verfassungsschutz über Weiss und Ott ausbreiten konnte, referenzieren, über welche Zeit reden wir denn da? Wer war denn da Innenminister? – Das waren alles Innenminister:innen der ÖVP, und es ist deren politische Verantwortung, dass sich eine derartige Zelle bilden konnte, weil nicht entsprechend kontrolliert wurde und der Verfassungsschutz unseriös aufgestellt war. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist unfassbar, wie Sie die Geschichte umschreiben und sich aus der Verantwortung ziehen wollen. Kollege Stocker, Sie behaupten sogar in Diskussionen, dass man die Koalition nicht wegen des Ibizavideos beendet hätte, aber zufälligerweise zeitnah sehr knapp danach, weil man besorgt um die Sicherheit Österreichs war, weil man sich in einer Koalition mit der FPÖ befand, dann finally besorgt war! (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.)

Wir haben bis dahin und auch in der Zeit danach nichts in die Richtung gehört, sondern bis hinauf zu Generalsekretär Karl Nehammer damals, dass die BVT-Razzia rechtmäßig war et cetera, et cetera. Verdrehen Sie nicht die Wahrheit und beweihräuchern Sie sich hier nicht wahrlich unredlich selbst! (Beifall bei den NEOS.)

Nun zur Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst: Die ÖVP kann eine Werbeeinschaltung gebrauchen, das verstehe ich, aber sie macht es sich sehr leicht, eine zu einem Produkt zu machen, das man sich nicht ansehen kann, zu dem der Verkäufer Werbejingles texten kann, wie er will, denn der Inhalt, der Wahrheitsgehalt bleibt einem verschlossen, sogar Ihnen, den ÖVP-Kollegen, die so wie ich im Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten sitzen, und eben auch uns. Was soll ich daher dazu sagen? Wie toll ist die DSN? Da kann man schon einiges entzaubern, was offensichtlich ist.

Herr Innenminister, Ihre Liste an Ermittlungserfolgen der DSN war auch höchst unredlich, denn in vielen von Ihnen genannten Fällen waren es Informationen aus dem Ausland, die sehr wohl geholfen haben, zu den Ergebnissen zu kommen – weil im Terrorismusbereich die Kooperation noch funktioniert. In den anderen Bereichen habe ich meine Sorgen. Wenn Sie dann noch dazu explizit den Fall Ott nennen, ist das wirklich anmaßend, weil da ja nicht einmal die DSN ermittelt hat, aus gutem Grund, denn es handelt sich um eine potenzielle Zelle im Verfassungsschutz.

Hier kam die Dynamik nach Jahren der Ermittlungen in Österreich ohne Ergebnis aus London, aus dem Strafverfahren dort und den Beweisen, die dort generiert wurden. Also bitte, korrigieren Sie Ihre Aussagen in Zukunft, bisher war das der Wahrheit äußerst widersprechend.

Nun zur DSN selbst: Wie bekannt ist, ist viel Personal aus dem ehemaligen Verfassungsschutz gegangen, und damit auch viel Know-how, das man nicht herzaubern kann; schwierig daher, das aufzubauen. Damit wurde auch viel zu spät begonnen. Mit Blick auf die Geschehnisse Ott und Co kann man sich denken, gut, man möchte eh nicht zu viele Alte behalten, aber schließlich ist das doch wichtig für eine Institution.

Die Frage ist aber noch dazu: Wer sind die Neuen? Da haben wir auch zu wenig Einblick, um sagen zu können, da wird wirklich seriös danach ausgesucht, die kompetentesten Menschen in unseren Verfassungsschutz zu setzen. Ich wage auch, zu bezweifeln, dass die ÖVP das zulässt, denn in jeder anderen Behörde im BMI macht sie das nicht. Selbst im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung wird Postenkorruption betrieben.

Welche Maßnahmen – das wissen wir auch nicht – werden gesetzt, um die mangelnde Integrität bis hin zu kompromittierendem Verhalten festzustellen? Das ist eine Sorge, die wir mit Blick auf Ott und Co haben müssen, wie läuft es nämlich jetzt in der Gegenwart? Wie läuft heute die Kontrolle, um Missbrauch zu entdecken, wie sie einmal betrieben werden konnte? Das mit den Stichproben hat ja nicht so gut funktioniert.

Das sind nur ein paar offene Punkte, wo ich sagen muss: Das Werbeprodukt ist doch potenziell noch eines, an dem man sich verschlucken kann. Wer könnte seriös kontrollieren und diesem Produkt ein Gütesiegel aufdrücken, dass es unser Vertrauen verdient? – Die Kontrollkommission. Die haben wir mit der letzten Reform eingerichtet, war uns NEOS auch ein großes Anliegen; die Frage ist: Wo ist sie? Jetzt, zweieinhalb Jahre, nachdem die DSN zu arbeiten begonnen hat, ist sie noch immer nicht aktiv. Sie wurde jetzt endlich eingerichtet und besetzt, aber sie beginnt jetzt erst endlich ihre Kontrollarbeit. (Abg. Maurer: Ja, sollte man sagen, warum!)

Als unser verlängerter Arm aus dem Unterausschuss heraus werde ich auf das Ergebnis dieser Kommission in Sachen Kontrolle warten und weiterhin versuchen, diese Kommission und ihr Engagement für den Verfassungsschutz zu stärken, und darum kämpfen, dass er das wird, was Österreich verdient, was die Bürgerinnen und Bürger verdienen, nämlich bester Schutz ihres Landes, unseres Landes. Daran gilt es über alle Parteigrenzen hinweg seriös zu arbeiten, aber ohne Selbstbeweihräucherung, ohne Unredliches und die Verantwortung dafür von sich zu weisen. So werden wir weiter unsere Arbeit tun. (Beifall bei den NEOS.)

09.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte. (Abg. Deimek: Da wird sich „Die Tagespresse“ wieder aufregen!)