12.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren, auch Zuseherinnen und Zuseher, sei es auf der Galerie oder vor den Bildschirmen! Normalerweise sollten solche Themen, wie wir sie jetzt haben, sagen wir einmal, nicht so spannend sein. Wir leben aber in Zeiten multipolarer Krisen und Kriege, und da ist zugegebenermaßen genau diese Frage, wie man sich da verhalten soll, nicht so einfach zu lösen.

Wir können ein bisschen aus der Geschichte lernen. Wie kann Österreich in dieser komplexen Situation einen positiven Beitrag leisten?

Wenn man sich ein bisschen an die Geschichte zurückerinnert, sieht man: Es gab schon einige Meilensteine, bei denen das passiert ist. Ich hatte gestern die Gelegenheit zu einer Aussprache bei der US-Botschafterin in ihrer Residenz in Wien, im Raum mit der Plakette, in dem sich der damalige US-Präsident Kennedy – nicht zufällig namensgleich mit der Botschafterin – mit Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow getroffen hat. Das war die Grundlage für Salt I, für eine Beschränkung des Wettrüstens. (Abg. Brandstätter: Chruschtschow hat keinen Krieg geführt!)

Wieso hat das in Wien stattgefunden? Wie konnte es dazu kommen, dass in Zeiten der größten Anspannung des Kalten Krieges – ich erinnere an die Kubakrise – Österreich jener Ort war, an dem der richtige Weg eingeschlagen wurde, nämlich in Richtung Entspannung, keinen Krieg haben zu wollen und alles zu tun, um einen heißen Krieg zu vermeiden? – Die Antwort darauf ist: eine als neutraler Staat mögliche aktive Außenpolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Um das zu machen, gilt aber Folgendes: Unser Einfluss als Österreich wird nicht daher rühren, dass wir mit besonderen militärischen Mitteln andere einschüchtern können, unser Beitrag kann nur der eines ehrlichen Maklers sein, und da müssen wir uns die Grundsätze dafür vor Augen halten:

An erster Stelle stehen die Menschenrechte und die Menschenrechtskonvention – die steht nämlich sogar noch vor dem Völkerrecht –, und daher haben wir uns eingemischt: Als es in Südafrika die Apartheid gegeben hat, sind wir aufgetreten und haben Maßnahmen bis zu Sanktionen gesetzt, weil es nicht sein kann, dass Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert werden. Wir haben uns eingemischt, als es um Genitalverstümmelungen ging, wir haben uns eingemischt, als im Iran Frauen kujoniert worden sind, als Frauen gestorben sind, die nicht einmal entscheiden können, wie sie auf die Straße gehen. Das ist richtig so, weil der erste Grundsatz die Unteilbarkeit der Würde des Menschen ist; und der zweite ist die Einhaltung des Völkerrechts.

Weil die FPÖ da jetzt immer herumtut: Denkt doch einmal nach! Ein kleines Land wie das unsere kann niemals zur Kenntnis nehmen, dass Supermächte und andere Bewaffnete hergehen und die Souveränität einfach wegwischen (Abg. Brandstätter: So ist es!) und dass andere darüber entscheiden wollen (Ruf: Das ist zigmal so passiert!), was die machen und wie die leben. (Beifall bei der SPÖ.) Das werden wir im Interesse unseres Landes (Ruf: Das ist zigmal passiert!), Herr Kollege, nie – niemals! – dulden können. (Ruf: Irak, Afghanistan zigmal passiert! – Abg. Kassegger: Jetzt auf einmal sind wir aufgeregt!) Wir müssen uns jedes Mal laut beschweren.

Ich bin bei anderen Dingen möglicherweise auch dort. Ich glaube nämlich, dass wir, um ein ehrlicher Makler zu sein und wieder die Chance zu haben, Platz und Ort der Verständigung zu sein, das nicht wie bei Fußballmannschaften tun dürfen: Wir gehören zur einen Mannschaft, und was die machen ist immer gut, und was die anderen machen ist immer schlecht. – So geht es nicht! Wir werden diese Prinzipien jedes Mal laut sagen müssen und wir werden sie auch bei Freundinnen und Freunden, die wir haben und die sagen, dass sie für dieselben westlichen Werte stehen, fast noch strenger einfordern müssen. Das ist das, was ich mir von der Außenpolitik erwarte: Auch wenn es Freunde und verbündete Staaten sind, ihnen klar zu sagen: Wenn wir Vorbild sein wollen, müsst ihr euch daran halten!

Wenn wir das machen, werden wir auch gehört werden und dann werden wir die Chance haben, wiederum als ehrlicher Makler zu agieren, weil man dann auch zu den Despoten dieser Welt gehen und sagen kann: Wir sind immer dagegen! Dann kann man das denen laut ins Gesicht sagen, sonst nicht. Das ist eine Chance, die wir nützen sollten.

In der Europäischen Union ist, glaube ich, die Solidarität, sie wurde schon angesprochen, ein wichtiger Punkt. Das funktioniert nur gemeinsam, und daher sei der FPÖ Folgendes ins Stammbuch geschrieben. Wenn ihr raus der Europäischen Union wollt, sagt es! Ihr werdet keine Mehrheit finden (Abg. Brandstätter: Genau!), weil das österreichische Volk davon profitiert hat. Wir wollen in dieser Gemeinschaft dafür sorgen, dass unsere Kinder und Enkelkinder in einer friedlichen Welt leben (Abg. Schnedlitz: ... Kriegstreiberei, oder?), in der Menschenrechte akzeptiert werden und es Rechtsstaatlichkeit gibt. (Zwischenruf des Abg. Kassegger. – Abg. Schnedlitz: ... Kriegstreiberei!)

Mit einer Außenpolitik, bei der eine Partei versucht, einseitig Kriegsparteien zu unterstützen, wird es nicht gehen. Fügt euch wieder ein, versuchen wir einen Konsens! Menschenrechte, Völkerrecht und solidarische Mitbürger in der Europäischen Union: Das wünsche ich mir, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.44

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michel Reimon zu Wort. – Bitte.