12.52

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! An sich wollte ich zu etwas ganz anderem Stellung nehmen, nämlich zur brandgefährlichen Situation, die wir gerade im Nahen Osten erleben, wo eine sehr neue Situation entstanden ist, da ein Staat einen anderen mit über 300 Marschflugkörpern, Raketen angegriffen hat. Nach dem, was ich hier gehört habe, gerade vonseiten der FPÖ, kann ich das aber nicht einfach so im Raum stehen lassen.

Frau Abgeordnete Steger! Herr Abgeordneter Reifenberger! Ich kann nur eines sagen: In Wirklichkeit blamiert sich die FPÖ seit 1994 – ich habe das schon als junger Mann, als Student miterlebt –, seit Jörg Haider, in der EU-Politik, wir erinnern wir uns alle noch an das Schildlausjoghurt, an die Blutschokolade, und in Wirklichkeit – sagen Sie die Wahrheit! – wollen Sie einfach austreten. (Abg. Hauser: Jetzt kriegen wir Laborfleisch!)

Sie wollen einfach aus der Europäischen Union austreten und glauben tatsächlich als Anti-EU-Schwurbler, dass wir dann sicherer sind (Zwischenrufe bei der FPÖ), dass wir dann wohlhabender sind, dass wir dann im geopolitischen Konzert irgendwie besser aufgehoben sind. Das ist in Wirklichkeit eine Selbstverunsicherungspolitik und eine Selbstverarmungspolitik. (Abg. Steger: Propaganda von der Regierungsbank!)

Wir haben ja schon vorhin von Reinhold Lopatka gehört, was der EU-Beitritt gebracht hat. Ich denke nur daran: Von 1,3 Milliarden Euro Investition im Jahr 1995 sind wir auf durchschnittlich 7 Milliarden Euro gekommen. Jeder Österreicher hat aufgrund des Beitritts fast 1 600 Euro mehr auf dem Konto. (Abg. Schnedlitz: Und wie viel bezahlt als Nettozahler?) Österreichische Unternehmen ersparen sich jährlich 5 Milliarden Euro durch das Wegfallen der Binnengrenzen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das alles wollen Sie aufgeben? – Ich kann das nicht nachvollziehen. (Abg. Steger: Deutschland hat allein aufgrund dieser Politik im letzten Jahr 200 Milliarden an Wirtschaftseinbußen gehabt!)

Die Europäische Union als Kriegstreiber zu bezeichnen, ist außerdem eine Chutzpah, denn in Wirklichkeit ist das die Friedensmacht schlechthin, denkt man an den indopazifischen Raum, an den Nahen Osten, denken wir an die europäische Nachbarschaft. Gehen Sie bitte nach Serbien oder sonst wohin, man wird Ihnen das eine bestätigen: Wir als Europäische Union setzen uns mit aller Macht von New York über Genf und Brüssel überall ein, um zu deeskalieren (Abg. Steger: Aufrüstung!), und wir werden das auch jetzt im Nahen Osten machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Neutralität: Ich habe das im außenpolitischen Ausschuss schon wiederholt versucht, zu erklären: Es ist ein völliges Missverständnis, Österreich hat nicht, Österreich wird nicht Kriegsmaterial an die Ukraine liefern oder ein solches finanzieren. (Abg. Kassegger: Sie liefern nur das Geld, womit das dann gekauft wird!) Das ist klare Linie der Bundesregierung und dabei bleiben wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum letzten Punkt: Was die Sanktionen betrifft, bin ich doch etwas erstaunt, wenn man zu den Russlandsanktionen erstens sagt: Aha, die führen keinen Frieden herbei! Bitte, keine einzige Sanktion ist dazu da, Frieden zu schaffen. (Abg. Steger: Das haben Sie im Ausschuss am Anfang behauptet! Ihr Bundeskanzler Nehammer ... !) Das ist eine klare Reaktion der internationalen Gemeinschaft – sei es der Vereinten Nationen, sei es der Europäischen Union – auf ein Fehlverhalten. Worum es uns geht, ist, die Kriegswirtschaft in Russland zu treffen, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Das ist ein großer Unterschied.

Ich frage mich, ehrlich gesagt, wenn man Sanktionen vonseiten der FPÖ als Wirtschaftskrieg bezeichnet: Ist die FPÖ auch gegen Sanktionen gegen den islamistischen Terror, gegen Hisbollah, gegen Hamas oder Huthi? (Abg. Steger: Sanktionen, die unseren Wohlstand vernichten!) Ist man da auch dagegen? Das ist nicht Neutralitätspolitik, so wie ich sie verstehe, das ist nicht Neutralitätspolitik (Abg. Steger: Wo sind Ihre Sanktionen gegen alle kriegsführenden Staaten?), wie die Bundesregierung sie versteht, und das ist nicht konform mit unseren Werten. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

12.56

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli zu Wort. – Bitte.