15.47

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wer den heutigen Plenartag bisher verfolgt hat, der durfte Zeug:in von einer hochnervösen freiheitlichen Partei und auch Zeug:in davon werden, wie weit sich die FPÖ mittlerweile von der Demokratie und demokratischen Prozessen entfernt hat. (Abg. Lausch: Habts euch das ausgemacht?) Ich erinnere, der Tag hat mit einer Aktuellen Stunde begonnen, gerichtet an den Innenminister, aber es wurde einzig und allein über die zahlreichen Verbindungen der Freiheitlichen Partei zum diktatorischen Regime von Putin gesprochen. (Abg. Wurm: Na Sdorowje!)

Ich möchte dazu noch einmal sagen: Wer seine Heimat liebt, verrät sie nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Steger: Die Partei, die ...!)

Eines ist klar, Herr Kickl und liebe Mandatar:innen der Freiheitlichen Partei: Sie lieben diese Heimat nicht. Sie lieben Österreich ganz sicher nicht. (Abg. Kickl: Politischen Heimatverrat begehen Sie jeden Tag! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt will die FPÖ über den ORF diskutieren, genauer gesagt über den ORF-Beitrag. Man wundert sich da ja schon ein bisschen, denn eigentlich hat man bei den Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei eher den Eindruck, dass sie außer FPÖ-TV, Russia Today und Radio Moskau eigentlich kaum andere Medien konsumieren. (Abg. Wurm: Netflix! Netflix schauen wir auch!) Eine demokratische Gesellschaft braucht eine starke, unabhängige und vielfältige Medienlandschaft wie die Luft zum Atmen. (Abg. Belakowitsch: Woher wissen Sie das ...?) Nach Jahrzehnten des medienpolitischen Stillstands fördert diese Bundesregierung die privaten Medien in Österreich stärker als jemals zuvor, und für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben wir ein Paket beschlossen, mit dem wir die Zukunft auf sichere Beine stellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die alte GIS-Gebühr war veraltet und ungerecht. Deswegen ist sie vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden, und der neue ORF-Beitrag ist fair und wird für jede und jeden Einzelnen günstiger, weil mehr Menschen und Unternehmen sich gerecht daran beteiligen. (Abg. Wurm: Das erzählen Sie der Bevölkerung, Frau Kollegin!) Haushalte mit wenig Einkommen, Menschen mit Behinderungen, Studierende und Lehrlinge bleiben selbstverständlich wie bisher befreit. (Abg. Belakowitsch: Das erkennen die Leute, die sind alle so zufrieden! Wieso gibt es eigentlich keine Bescheide?)

Außerdem sorgen wir dafür, dass der ORF mit seinem digitalen Angebot den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Wir wollen qualitätsvollen Journalismus, der uns mit gesicherten und geprüften Informationen versorgt. Das ist in Zeiten von Fakenews und in Zeiten von Ihrer Putin-Kriegspropaganda wichtiger denn je. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es ist die zentrale Aufgabe von unabhängigen Medien, die Arbeit der Politik zu kontrollieren. (Abg. Wurm: Ah! – Abg. Belakowitsch: Unabhängig!) Ich möchte in einem Land leben, in dem ich mich den kritischen Fragen eines unabhängigen Journalismus, wie er auch im ORF praktiziert wird, stellen muss. (Abg. Wurm: Das hätten wir auch gern! – Abg. Belakowitsch: Ich würde auch gern in so einem Land leben! – Abg. Kassegger: Welches Land ist denn das?) Ja, das ist nicht immer lustig.

Sie, Herr Kickl, wollen das nicht(Abg. Wurm: Wohl, ja! – Abg. Belakowitsch: Oh ja, genau so ein Land hätten wir gern!), Sie entziehen sich den kritischen Fragen der Journalist:innen. Sie fürchten den kritischen Journalismus, genauso wie Sie eine offene und liberale Gesellschaft fürchten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Bogner-Strauß und Steinacker.)

Sie gehen ja nicht einmal hin (Abg. Amesbauer: ... Coronaregime!), Sie sind ja zu feig, um sich in ein Bürgerforum zu setzen und sich tatsächlich den Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu stellen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Ich hab’ eine bessere Quote gehabt als ihr alle zusammen! – Abg. Amesbauer: Vielleicht ... Europagemeinderätin!)

Sie stellen sich gerne den Fragen von Ihrem eigenen Sender FPÖ-TV, einem Sender, der - - Hm, von wem wird der eigentlich bezahlt? – Von uns allen, den Steuerzahler:innen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hauser und Steger.) Damit finanzieren Sie Ihre Fakenews, Ihre Propaganda und Ihre völlig unkritischen Fragen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß. – Abg. Amesbauer: Wer zahlt denn ...? – Abg. Belakowitsch: Wer zahlt denn das Rezept für den Rhabarberkuchen via Tiktok?)

Was bieten Sie den Menschen? – 100 Prozent ungefilterte, Putin-freundliche, Angst schürende und vor Unwahrheiten strotzende Propaganda und Desinformation – das ist Ihr Programm, das ist Ihr Zugang zu Journalismus. Da können Sie noch so treuherzige Briefchen an Chefredakteure schicken (Abg. Hauser: Warum trauen euch die Leute nicht? – Abg. Kickl: Das haben Sie noch nicht zusammengebracht!) – es wird Ihnen niemand glauben, dass Ihnen tatsächlich irgendetwas an den Medien liegt, und schon gar nicht am kritischen Journalismus. (Beifall bei den Grünen.)

Ihr Kanal auf Youtube ist sogar zeitweise für neue Videos gesperrt gewesen. Dafür muss man mehrfach gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen, zum Beispiel durch die wiederholte Verbreitung von Fakenews. (Abg. Lausch: Sie kennen sich aber gut aus!)

In einer Demokratie missbraucht die Regierung nicht den unabhängigen Rundfunk und regiert auch nicht in ihn hinein. (Abg. Kickl: Nein! Der Herr Lockl und der Herr Strobl – nein!) Da setzt man nicht – unter Anführungszeichen – „seine Leute“ auf irgendwelche Posten und chattet mit Mitarbeiter:innen, damit zu den eigenen Gunsten berichtet wird. Wer hat das dann gemacht? Was lesen wir denn die ganze Zeit in den Chats? (Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP!) – Na die Freiheitliche Partei rauf und runter! Das haben wir in den letzten Wochen gesehen. In den Chats ist zu lesen: Die FPÖ will im ORF „ausmisten“ (Rufe bei der FPÖ: Ja!), sie will „sie abschießen“, sie will „auf den Tisch hauen“. – Das ist Ihr Umgang mit kritischem Journalismus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stefan: ... kritisch!)

Das ist eins zu eins der Sprachgebrauch eines Diktators und nicht eines Demokraten. Ich muss jetzt schon sagen: Die unglaubliche Wehleidigkeit, mit der hier heraußen gestanden wird – es mag schon sein, dass der ORF hin und wieder Fehler macht, es gehört dazu, dass man auch eine gute Fehlerkultur hat (Zwischenruf des Abg. Amesbauer) –, mit der Sie sich hierhinstellen und ganz traurig sind, dass etwas Kritisches über Sie berichtet wird (Abg. Amesbauer: Wer hat denn das gesagt?) – das ist doch geradezu obszön. – Na ja, Sie haben das gerade gesagt. Sie sind nicht Manns genug, sich den kritischen Fragen der Journalistinnen und Journalisten zu stellen (Abg. Schwarz: Sehr gut!), dabei ist das für Sie doch auch so ein ganz ein zentrales Anliegen. (Abg. Kickl: Jössas na! – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Die Spielregeln einer Demokratie sind klar: Die Politik hat sich in den unabhängigen Journalismus nicht einzumischen, sie hat nichts zu bestellen (Abg. Kickl: Dann soll der Lockl zurücktreten! Dann soll der Lockl als Erstes zurücktreten! Ihr kühner Lockl! Der ist Chef von diesem Laden!), sie hat nichts zu wünschen, sie hat nichts auszumisten, sie hat sich nicht einzumischen. – Sie haben diese ganzen Chats, Herr Kickl. Na ich verstehe schon, dass Sie aufgeregt sind, den ganzen Tag schon (Abg. Wurm: Er ist ja gar nicht aufgeregt!), denn es ist ja ein bisschen peinlich, was Sie hier aufführen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Der Lockl ist der oberste Chef dort oben, und Ihr grüner Herr Strobl ist der Bestverdiener! – Abg. Belakowitsch: Wie viel kriegt der Herr Strobl jeden Monat? Mehr als der Kanzler!)

Wir haben die Rahmenbedingungen für einen unabhängigen, einen starken ORF geschaffen, der unabhängigen, kritischen, vielfältigen Journalismus ermöglicht. Sie, Herr Kickl, Sie und Ihre FPÖ wollen genau das Gegenteil: Sie wollen Medienberichterstattung wie in Ungarn und in Russland, wo es überhaupt keine kritischen Medien mehr gibt, wo Journalist:innen fliehen müssen, wenn sie kritisch berichten. Das ist Ihr Programm. Stehen Sie doch dazu! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie haben Coronapolitik gemacht wie Putin! – Ruf bei der FPÖ: Ihr habt ein Unrechtsregime aufgezogen!)

15.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. –Bitte sehr, Frau Abgeordnete.