16.44

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Die Medienlandschaft in Österreich hat einen ganz klaren Auftrag: unabhängig zu berichten, ohne Einfluss von außen. Das ist die Prämisse, unter der Journalistinnen und Journalisten, Redakteurinnen und Redakteure arbeiten.

Beim ORF heißt das, dass Parteivorsitzende aller Fraktionen durchaus nicht mit Samthandschuhen angefasst werden, dass Klubvorsitzende im „Morgenjournal“ allumfassend um Auskunft gebeten werden – ob es genehm ist oder eben manchmal auch nicht. Auch mit Nachdruck wird nachgefragt, zu Recht, und das gleichermaßen bei allen Politikerinnen und Politikern. Das ist gut so, denn das bedeutet Unabhängigkeit.

Was wir nicht wollen, sind Verhältnisse wie in Ungarn, wo ein Staatsfunk zentral gesteuert wird, wo Messagecontrol direkt in die Berichterstattung einfließt, ja sogar die Berichterstattung bestimmt. Aber das ist das, was die FPÖ möchte: FPÖ-TV überall – handzahm, zurechtgebügelt, keine unangenehmen Fragen für Kickl und Co., keine unangenehmen Fragen, die sich beispielsweise auch heute während der Sitzung aufgetan haben: Ist die FPÖ nun für einen Austritt aus der Europäischen Union oder nicht? Schenken Sie der Bevölkerung endlich reinen Wein ein und sagen Sie es einfach klar, dass Sie für einen Öxit sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Das wiederum traut sich die FPÖ ja nicht: klar zu sagen, dass Sie aus der Europäischen Union herauswollen, weil Sie wissen, das würde einen Wirtschaftseinbruch und vor allem Arbeitsplatzverluste bedeuten. So ehrlich ist die FPÖ da nicht. (Abg. Michael Hammer: Sie wollen sie ja von innen zerstören!) Da ist man dann in Wahrheit eigentlich ein bisschen ein Angsthase. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich durchaus der eine oder andere freiheitliche Abgeordnete schon an Champagnerpartys gewöhnt hat und das die Partys sind, denen Sie sich doch irgendwie gerne hingeben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Martin Graf: Herr Präsident, Ruf zur Sache! – Abg. Wurm: ... Wodka, Frau Kollegin! Wodka! Wodka und Kaviar!)

Transparenz und Ehrlichkeit, das sind keine Werte der FPÖ, und schon gar nicht von Herbert Kickl und seinem politischen Tun. Seien wir ehrlich: Wenn wir hier über Gehälter reden, dann muss man durchaus FPÖ-Klubobmann Kickl darauf hinweisen, dass er ab und zu bei Transparenzlisten vergessen hat, seine Gehälter anzugeben; vergessen, dass irgendwie ein Zehner brutto zusätzlich pro Monat auf seinem Konto eingelangt ist – nicht aufgefallen. Also ich frage mich, welcher Person nicht auffällt, dass zusätzlich ein Gehalt von 10 000 Euro brutto im Monat am Konto landet? (Zwischenruf des Abg. Litschauer.) Sicherlich nicht dem kleinen Mann. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber Fragen zu den Nebeneinkünften findet Herbert Kickl ganz, ganz unangenehm, deshalb ist er auch jetzt nicht im Saal: weil er das mitbekommen hat. Vorhin bei der Sitzung war er doch sehr aufgeregt und hat sehr viel reingerufen. Die FPÖ weiß: Dieser wirklich sehr angestrengte Herbert Kickl, der so Angst hat, seine Nebeneinkünfte offenzulegen, der wird einfach auch ein bisschen grantig. Deswegen schickt man ihn lieber aus dem Saal, damit er sich dieser Diskussion nicht stellen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Untersuchungsausschuss ist das leider nicht möglich, da müssen Auskunftspersonen im Saal bleiben und Fragen ehrlich beantworten, ob sie wollen oder nicht; und auch der x-te Energydrink, den Herr Kickl mitgehabt hat, hat die Nervosität nicht wegwischen können bei Fragen zu Treuhandverträgen, zu Nebeneinkünften, zu Kooperationspartnern der FPÖ, wie der „Ideenschmiede“, heute „Signs“, zu anderen Agenturen und vor allem den Personen, die dahinterstehen. Man will ja nicht das Bild des kleinen Mannes zerstören. Das wäre für die FPÖ schon sehr unangenehm, wenn dieses Bild des kleinen Mannes auf einmal ersetzt wird durch das des Big Spenders, des gut betuchten Herbert Kickl. Das würde nicht in die Erzählung der FPÖ passen.

Damit hier einmal Transparenz walten kann (Abg. Lausch: Sind Sie noch beim ORF oder schon woanders?), wäre es wichtig, diese Verträge transparent offenzulegen, werte FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Anstatt zu schweigen und diese Transparenz bei anderen zu verlangen, wie beim ORF in dieser Debatte – um auch den Bogen zu spannen, da die FPÖ schon wieder recht nervös wird –, wäre wichtig, dass Sie einmal transparent Ihre Verträge offenlegen! (Abg. Wurm: Wir sind null nervös!) Da reden wir natürlich von Verträgen mit Russland, aber auch jenen von Herbert Kickl, Treuhandverträgen, die eigentlich verschleiern, was er nebenbei so verdient.

Gut, dass es unabhängige Berichterstattung in Österreich gibt, wie beispielsweise beim „Falter“ (Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Belakowitsch: Oh mein Gott!), wo dieser Fall Herbert Kickl heute wieder allumfassend dargelegt wurde; allumfassend.

Was ist in dieser Berichterstattung neben dubiosen Treuhandverträgen des Herbert Kickl auch aufgekommen? – Geldkoffer, die weggetragen wurden, die Unterdrückung weiterer Ermittlungen per Weisung (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz), mögliche dokumentierte Kickbackzahlungen, durch Aufträge bezahlt von der öffentlichen Hand für die FPÖ, für Herbert Kickl, den großen Big Spender Herbert Kickl, der den Hals ja gar nicht voll bekommen kann. (Abg. Belakowitsch: Wahrscheinlich!)

All das klingt wirklich nicht nach Politik für den kleinen Mann, sondern vielmehr nach Politik – wie Kollegin Duzdar schon gesagt hat –, die geprägt ist von Gier, die geprägt ist davon, den Hals nicht voll bekommen zu können.

Natürlich gibt es auch Reformbedarf beim ORF, das ist auch uns klar: Der klaffende Genderpaygap beim öffentlichen Rundfunk darf ehrlicherweise nicht sein. Das ist ein klarer Auftrag für die ORF-Geschäftsführung, den auch wirklich mit Blick auf Frauenförderung zu dezimieren, in die Geschichtsbücher zu verbannen. Lohnungleichheiten dürfen nicht sein.

Wir wollen, dass der ORF auch gut funktioniert und ein öffentliches Vorzeigeunternehmen in Bezug auf Genderpay, faire Bezahlung und vor allem faire Arbeitsverträge wird. Das ist ganz klar. Wir wollen den ORF auch reformieren. Er muss transparent agieren, insbesondere gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Er muss unabhängig ohne Druck von außen berichten können. In vielen Chatnachrichten der FPÖ ist ja auch klar dargelegt worden, wie sie den ORF umbauen wollen: mit wirklich vollkommenem Durchgriffsrecht von Herbert Kickl direkt in die Stuben, in die Studios hinein.

Was die FPÖ will, ist klar: mehr FPÖ-TV, mehr Einheitsbrei, mehr Druck auf unabhängige Berichterstattung. Ihre Gesinnung haben Sie wirklich klar in Chats dargelegt, offengelegt, klare Beschneidungen von Journalistinnen und Journalisten in ihren Rechten haben Sie in diesen Chats gefordert.

Für uns ist aber klar: Das Einzige, was offengelegt werden muss, sind die Treuhandverträge von Herbert Kickl, dass da wirklich einmal bei seinen Gehältern, bei seinen Einkommen Licht ins Dunkel gebracht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss darf ich noch einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ORF-Finanzierung sozial gestalten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien wird aufgefordert, ehestmöglich dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Ausweitung der Befreiungen vom ORF-Beitrag vorzulegen. Abgestellt werden soll dabei nur auf die Einkommenshöhe, um Geringverdiener:innen in Zeiten der Teuerung zu entlasten und zu mehr Gerechtigkeit beizutragen. Wohnkosten sollen auch nach dem 1.1.2026 auf die Einkommensgrenzen angerechnet werden. Darüber hinaus sollen junge Menschen bis zum 24. Lebensjahr vom ORF-Beitrag ausgenommen werden, wenn sie im eigenen Haushalt wohnen.“ (Abg. Belakowitsch: Warum?) „Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden.“

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es wäre sehr wichtig gewesen, dass sich Klubobmann Kickl die gesamte Diskussion angehört hätte. Er hätte durchaus auch daran erinnert werden können, dass nach wie vor nicht transparent offengelegt ist, was er nebenbei so verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

16.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner,

Genossinnen und Genossen

betreffend „ORF-Finanzierung sozial gestalten“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abg. Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ORF-Zwangssteuer!“

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022 das Finanzierungsmodell des ORF über die GIS-Gebühr als verfassungswidrig erkannt und eine Neuordnung aufgetragen. Diese wurde vor dem Sommer 2023 im Nationalrat beschlossen. Sie trat mit 1.1.2024 in Kraft, die Rundfunkgebühr wurde durch den ORF-Beitrag abgelöst. Pro Haushalt sind 15,30 Euro pro Monat fällig.

Laut Erläuterungen zum Gesetz erweitert sich durch die Neukonzeption des ORF-Beitrages der beitragspflichtige Adressatenkreis um rd. 525.000 Privathaushalte, sodass insgesamt rd. 4,1 Mio. Haushalte den ORF-Beitrag grundsätzlich zu entrichten haben werden. Unter Berücksichtigung einer Befreiungsquote von rd. 8% ergeben sich rd. 3,7 Mio. Haushalte. Zudem sind voraussichtlich rund 238.000 Unternehmen beitragspflichtig, wovon rund 100.000 durch die Umstellung auf die Haushaltsabgabe erstmals zahlungspflichtig werden. Gerechnet wird mit 340.000 ORF-Beiträgen seitens der Unternehmen.

Die SPÖ steht für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine gesicherte Finanzierung desselben. Seit Beginn der Diskussion um eine neue ORF-Finanzierung haben wir darauf gepocht, dass diese sozial gerecht gestaltet wird und den ORF zur Sparsamkeit verpflichtet. Die türkis-grüne Regierung hat es jedoch in mehr als einem Jahr nicht geschafft, ein sozial gerechtes Modell vorzulegen. Daher haben wir gegen die Haushaltsabgabe gestimmt, vor allem auch, weil sie alle gleich zur Kasse bittet, egal ob ein Haushalt finanzstark ist oder armutsgefährdet. Ob in einem Haushalt eine Alleinerzieherin mit geringem Einkommen wohnt, eine Studentin oder ob es sich um eine Millionärsvilla mit mehreren sehr gut verdienenden Personen handelt, es wird jeweils nur ein ORF-Beitrag fällig. Ein von der SPÖ unterstütztes Finanzierungsmodell müsste fair nach den jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Haushalte gestaltet sein. Diese Chance wurde mit der aktuellen Konstruktion der Haushaltsabgabe verpasst.

Während also ÖVP und Grüne den Konzernen mit der Körperschaftssteuersenkung ein Milliarden-Steuergeschenk gemacht haben, werden die Menschen mit der Haushaltsabgabe seit 1. Jänner inmitten der Teuerung zusätzlich belastet – und das vor dem Hintergrund einer unzureichenden Gebührenbefreiung. Aktuell ist vorgesehen, dass für eine Gebührenbefreiung zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Erstens muss ein Bezug von beispielsweise Pflegegeld, Arbeitslosengeld, Pension oder Sozialhilfe vorliegen. Zweitens darf das Haushalts-Nettoeinkommen den Richtsatz für die Gewährung einer Ausgleichszulage nur um maximal 12% übersteigen. Abgezogen werden können dabei der Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten oder andere anerkannte außergewöhnliche Belastungen und monatlichen Kosten für die 24h-Betreuung. Die Richtsätze pro Monat betragen seit 1.1.2024 EUR 1.364,12 bei einer Person und EUR 2.152,03 bei zwei Personen. Für jede weitere Person sind EUR 210,48 vorgesehen.

Diese Vorgaben bedeuten, dass Personen mit geringem Einkommen, die jedoch keine Anspruchsgrundlage wie Pension oder Pflegegeld vorweisen können, nicht von der Rundfunkgebühr befreit sind. Die Befreiungsmöglichkeiten vom ORF-Beitrag bleiben bis 31.12.2025 unverändert bestehen. Dass die Beitragsbefreiung nur für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld, Mindestsicherung, Pension etc. gilt, während Geringverdiener:innen volle Beiträge leisten müssen, kann zu Recht als ungerecht kritisiert werden. Hier muss eine Ausweitung der Befreiungen für mehr Gerechtigkeit sorgen. Positiv zu beurteilen ist lediglich, dass durch die Novelle auch Lehrlinge einen Anspruch auf Befreiung haben.

Eine weitere Verschlechterung des ohnehin ungerechten Zustandes tritt mit 1.1.2026 in Kraft. Ab dann sind die Befreiungstatbestände und das Verfahren über Befreiungsanträge direkt im ORF-Beitrags-Gesetz geregelt. Durch die mit 2024 in Kraft tretende Möglichkeit zur Abfrage aus der Transparenzdatenbank sollen Befreiungsverfahren in weitem Maß automatisiert erfolgen. Von dort an können Wohnkosten nicht mehr auf die Einkommensgrenze angerechnet werden. Dadurch werden viele aus dem Kreis der Beitragsbefreiten herausfallen.

Da die Haushaltsabgabe mit 1.1.2024 in Kraft getreten ist, ist aktuell kurzfristig nicht mit einer weiteren Systemumstellung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu rechnen. Um trotzdem die soziale Ausgewogenheit zu verbessern, soll die Haushaltsabgabe umgehend so umgestaltet werden, dass zumindest die schlimmsten sozialen Härten abgefedert werden. Dafür braucht es eine Ausweitung der Gebührenbefreiung. Diese soll sich ausschließlich an der Einkommenshöhe orientieren und keine weiteren Voraussetzungen verlangen.

Darüber hinaus sollen generell alle jungen Menschen bis zum 24. Lebensjahr vom ORF-Beitrag befreit werden, wenn sie nicht mehr bei den Eltern wohnen. Gerade diese Altersgruppe hat ein niedriges Einkommen. Studierende sind zumeist auch während des Studiums gezwungen einer Erwerbarbeit nachzugehen und ehemalige Lehrlinge gehören, auch wenn sie ausgelernt sind, beim Berufseinstieg zu den unteren Einkommensklassen. Es wäre auch demokratiepolitisch ein wichtiges Signal, dass junge Menschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kostenlos nutzen können. Es gilt, sie von der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überzeugen und so auch eine breite Basis für die zukünftige Nutzung der Angebote des ORF zu schaffen. Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden. Mittelfristig soll die ORF-Finanzierung dann auf ein sozial gerechtes Finanzierungssystem umgestellt werden, das unter Einbindung aller Parteien gemeinsam mit Expert:innen in einem breiten Prozess erarbeitet werden soll. Klare Vorgabe jedoch ist: Gutverdiener:innen sollen mehr und Personen mit geringerem Einkommen wenig bis nichts bezahlen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien wird aufgefordert, ehestmöglich dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Ausweitung der Befreiungen vom ORF-Beitrag vorzulegen. Abgestellt werden soll dabei nur auf die Einkommenshöhe, um Geringverdiener:innen in Zeiten der Teuerung zu entlasten und zu mehr Gerechtigkeit beizutragen. Wohnkosten sollen auch nach dem 1.1.2026 auf die Einkommensgrenzen angerechnet werden. Darüber hinaus sollen junge Menschen bis zum 24. Lebensjahr vom ORF-Beitrag ausgenommen werden, wenn sie im eigenen Haushalt wohnen. Die dadurch fehlenden Mittel sollen dem ORF aus dem Budget refundiert werden.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Deimek. Bei ihm steht das Wort. – Herr Abgeordneter, bitte.