20.01

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Der 18. Geburtstag, endlich volljährig, ein Grund zu feiern. Also ich habe meinen 18. Geburtstag zum Leidwesen meiner Eltern sehr groß gefeiert. Vielleicht erinnern Sie sich jetzt auch an Ihren 18. Geburtstag, ich glaube, für viele war das ein sehr schöner Tag.

Doch der 18. Geburtstag, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist nicht für alle Jugendliche in Österreich ein schöner Tag: „Ich hatte keine Familie, ich bin von einem Heim ins nächste geschoben worden. An meinem 18. Geburtstag kam in der Früh der Betreuer und hat mir meine Dokumente, Geburtsurkunde und Staatsbürgerschaftsnachweis, eine Bankkarte und mein Sparbuch mit selbst ersparten 3000 Euro überreicht. Dann ist mir gesagt worden: alles Gute und auf Wiederschauen.“ So hat eine heute 25-jährige Kärntnerin ihren 18. Geburtstag geschildert. Ihr Schicksal ist kein Einzelschicksal. Sie gehört zur Gruppe der sogenannten Careleaver. Ich wurde heute schon gefragt, was diese Careleaver – nicht zu verwechseln mit den Caretakern – sind.

Auf Deutsch kann man es mit Fürsorgeverlasser oder Fürsorgeverlasserinnen übersetzen. Das sind Jugendliche, die nicht in der Herkunftsfamilie, sondern beispielsweise in betreuten Wohneinrichtungen der Jugend- und Kinderhilfe leben.

Ihnen wird mit dem 18. Geburtstag – anders als ihren Alterskollegen und -kolleginnen, die durchschnittlich bis 24 zu Hause wohnen – dann plötzlich das Auffangnetz zerrissen. Das muss man sich, glaube ich, einmal vorstellen, denn es ist tatsächlich brutal, wenn es kein Zurück mehr gibt, wenn man von einem Tag auf den anderen abrupt in die Selbstständigkeit geworfen wird. Das führt leider ganz oft zu Wohnungslosigkeit, Gesundheitsproblemen, Ausbildungsdefiziten, finanziellen Problemen und sozialem Rückzug. Da ist eben schon ein Grund, weil man nicht auf dieses: Ich kann wieder nach Hause kommen!, zurückgreifen kann.

Viele denken sich jetzt – hoffentlich oder zu Recht –: Das darf nicht sein, warum ist das so?

Warum ist das so? – 2018 wurde unter Türkis-Blau die Verländerung der Kinder-und Jugendhilfe beschlossen, es kam also die Zuständigkeit vom Bund zu den Ländern. Vor diesem Schritt haben sämtliche Experten und Expertinnen eindrücklich gewarnt. Sie haben gewarnt, weil es zu massiven Verschlechterungen führen wird. Diese massiven Verschlechterungen sind eingetroffen. Wir haben jetzt die absurde Situation, dass die Chancen und die Betreuung von diesen Jugendlichen von der Postleitzahl abhängig sind.

Genau deshalb beschließen wir heute diesen Antrag, weil die Studie endlich Licht ins Dunkel bringen soll, weil wir ehrlicherweise nicht einmal wissen, wie die Betreuungssituation in den Bundesländern jeweils ausschaut. Wir schauen uns ganz genau an, wie viele Jugendliche einen Verlängerungsantrag gestellt haben, damit sie nach wie vor Hilfe bekommen. Wir schauen uns an, wie es mit der Betreuung insgesamt ausschaut, und wir schauen uns an, wo es dringend Verbesserungen braucht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für uns ist auch ganz klar, dass die Lösung langfristig nur sein kann, dass der Pfusch bei der Verländerung der Kinder- und Jugendhilfe wieder umgekehrt gehört und die Zuständigkeit auf Bundesebene zurückkehren muss, denn alle Kinder und Jugendlichen – und vor allem diese Kinder und Jugendlichen, die es ohnehin schon nicht einfach haben – verdienen die bestmöglichste Unterstützung.

Deshalb haben alle Kinder, alle Jugendlichen die gleiche Chance verdient. Diese Jugendlichen – ich habe es gesagt –, die es ohnehin schon nicht einfach haben, dürfen uns ganz sicher nicht wurscht sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger – Bitte, Frau Abgeordnete.