20.57

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Werter Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Mit dieser Novelle des Psychotherapiegesetzes wird nicht einfach ein Berufsgesetz nach 30 Jahren ein bisschen erneuert. Wir als Parlament setzen einen Schritt, der gut zehn Jahre lang gefordert wurde. Es freut mich auch besonders, dass wir mit unserem Antrag der Akademisierung dabei ein Stück weit mitarbeiten konnten.

Psychotherapie ist ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung. Aktuell bekommt nur ein Viertel der Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen diese Versorgung – ein Viertel! Dazu kommt noch, dass ein Drittel der Frühpensionen aus psychischen Gründen angetreten werden und damit verbunden Kosten in Höhe von 1 Milliarde Euro im Jahr entstehen. – Kollege Silvan, das ist kein neues Phänomen, auch das gibt es schon seit zehn Jahren.

Dass die Ausbildungen dann auch noch teuer bezahlt werden müssen, ist den Therapeuten gegenüber einfach unfair. Deshalb sind wir aus mehreren Gründen froh über die Änderungen in dieser Reform. Die Verschiebung an die Universität ist zwar noch nicht das Nonplusultra im Hinblick auf das Problem der psychischen Gesundheit, aber ein wichtiger Schritt, um den Kostenaufwand und auch die Qualität zu verbessern.

Als zweiter Schritt fehlt aber noch die direkte Verbesserung für die Patientinnen und Patienten. Die Wartezeiten für Therapieplätze sind viel zu lange und oft bleibt ein großer Teil der Kosten einfach bei den Patienten selbst hängen; genau gesagt sind es 43 Millionen Euro im letzten Jahr, und das, obwohl wir alle seit 1992 – 1992! – erhöhte Sozialversicherungsbeiträge zahlen. – Das ist zu viel. (Abg. Stöger: Da haben wir aber die Kosten ...! Das Geld ist verwertet worden, das wir da ...! Wenn, dann zitieren Sie richtig!)

Man muss fairerweise aber zugeben, dass sich fast alle um eine bessere Situation bemühen: Gesund aus der Krise wurde schon angesprochen; das ist ein Erfolgsprojekt und hilft nachgewiesenermaßen, das belegen auch die Statistiken. Die Versicherungen bieten Mehrstunden an, und auch das ist gut. Wir brauchen aber mehr Bewegung in der Versorgung. Wie die abgewickelt wird und wie leicht der Zugang ist, muss nicht nur lang-, sondern auch mittelfristig besser werden.

Deswegen möchte ich noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Psychotherapie auf Versicherungskosten ermöglichen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Sozialversicherungsträgern weitere Schritte zu setzen, um eine bessere finanzielle Abdeckung der notwendigen psychischen Versorgung der Bevölkerung durch die Versicherungsträger sicherzustellen.“

*****

Ich bitte um Zustimmung und sage (den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

21.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Psychotherapie auf Versicherungskosten ermöglichen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 259. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2503 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Psychotherapiegesetz 2024 (PThG 2024) erlassen sowie das Musiktherapiegesetz und das Psychologengesetz 2013 geändert werden sowie über den Antrag 2935/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian  Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen und über den Antrag 2515/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Akademisierung der Psychotherapie (2525 d.B.) – TOP 15

Psychische Gesundheit ist durch die Pandemie mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Leider aus ist der Grund dafür ein erhöhter Bedarf, gleichzeitig ist dies ein wichtiger Türöffner für überfällige Reformen - wie die Akademisierung der Psychotherapie. Gut 15 Jahre nach Beginn der Diskussion über eine Ausbildungsänderung (1) wird nun der Grundstein für die Ausbildungsänderung gesetzt. Wie bei jeder Gesetzesvorlage gibt es an Einzelaspekten nach wie vor Verbesserungspotenzial und eine vollständige Umsetzung wird Jahre dauern, doch der Anfang ist gemacht.

Ein Motiv für die Änderung ist die Vereinheitlichung der Ausbildung und damit eine bessere Basis, um zwischen verschieden Schulen der Psychotherapie einheitliche Qualitätsstandards in der Ausbildung sicher zu stellen. Damit soll ein zusätzlicher Anreiz für den Abschluss eines Gesamtvertrags mit den Sozialversicherungsträgern geschaffen werden. Dieser Gesamtvertrag war schon 1992 das Motiv für die Aufnahme von Psychotherapie in das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz die Absicht (2), im Gegenzug wurden auch die Sozialversicherungsbeiträge zur Finanzierung von Psychotherapie auf Versicherungskosten angehoben. Wie bei anderen Gesundheitsdiensten wurde davon ausgegangen, dass das eine vollständige Kostenübernahme für Psychotherapie ermöglicht und diese damit von der Bevölkerung nicht länger als Luxusgut betrachtet werden muss. Denn trotz aller Bemühungen der Versicherungsträger und eines beständigen Ausbaus der Sachleistungen, wird der Bedarf an Psychotherapie nicht ausreichend gedeckt. Das zeigt beispielsweise die Kinder- und Jugendliga auf, die in den Bundesländern einen zusätzlichen Bedarf von bis zu 57 Prozent der angebotenen Stunden verortet (3). Auch die Abrechnungen der ÖGK zeigen, dass Versicherte trotz der gesteigerten Sachleistungen 43 Millionen Euro privat für Psychotherapie zahlen und damit weitaus mehr Versorgung nötig ist, als die Kasse anbietet (4).

Die Auswirkungen des Mangels an psychischer Gesundheit wirken sich direkt in unserem Sozialsystem aus. 2022 gab es knapp 144.524 Krankenstandsfälle aus psychischen Gründen. Mit einer durchschnittlichen Dauer von 38,5 Tagen sind dies nach Krebserkrankungen die längsten - und damit auch teuersten - Krankenstände (5). Rechnet man noch hinzu, dass pro Monat rund 6.000 Personen aus psychischen Gründen Rehabilitationsgeld beziehen (6) und mehr als ein Drittel der Invaliditätspensionen auf psychische Krankheit zurückzuführen sind (7), ist klar, dass psychische Krankheiten nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für den Staatshaushalt einen enormen Kostenfaktor darstellen. Gemessen an Teuerung, Arbeitskräftemangel und der Schieflage des Pensionssystems stellt ein weiterer Ausbau von Psychotherapie als Kassenleistung die effizienteste Lösung zur Entlastung von Bevölkerung und Staatsbudget dar.

1.         https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150309_OTS0008/neuer-praesident-beim-bundesverband-fuer-psychotherapie

2.         https://www.statistik.at/fileadmin/pages/338/Sozialbericht2015-2016.pdf

3.         https://www.kinderjugendgesundheit.at/site/assets/files/1237/web_jb_liga_2023.pdf

4.         https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/17213/imfname_1621243.pdf

5.         https://www.statistik.at/statistiken/arbeitsmarkt/arbeit-und-gesundheit/krankenstaende

6.         https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12734

7.         https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid=10008.781985&version=1698241161

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Sozialversicherungsträgern weitere Schritte zu setzen, um eine bessere finanzielle Abdeckung der notwendigen psychischen Versorgung der Bevölkerung durch die Versicherungsträger sicherzustellen."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.