21.29
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! 80 Prozent der Trans- und nicht binären Personen, die für diesen Gesundheitsbericht befragt wurden, geben an, bereits einmal Suizidgedanken gehabt zu haben – 80 Prozent!
Ich halte es für kein besonders ermutigendes Zeugnis dieser Republik, dass es bis zum Jahr 2022 und bis zum ersten grünen Gesundheitsminister dauern musste, bis wir in dieser Republik endlich diese Zahl schwarz auf weiß vor uns haben, bis wir einen Gesundheitsbericht über die Lage der LGBTIQ-Community vorgelegt bekommen, bis wir uns zum ersten Mal in diesem Haus seriös mit den Beschwerden, Anliegen und Sorgen der Community auseinandersetzen können, ja diese Beschwerden und Sorgen überhaupt erstmals erhoben und auch erfasst werden.
Wir wissen nun vor allem und haben jetzt zumindest auch klar quantifiziert vorliegen – denn gewusst hat es die Community ja schon immer –, dass Trans- und queere und intergeschlechtliche Personen nicht nur quer durch die Bank mit mehr physischen und psychischen Leiden zu kämpfen haben, sondern dass auch viele Mitglieder der Community sich seit Jahren mit strukturierter, internalisierter Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtsmerkmale oder ihrem Lifestyle auseinandersetzen müssen.
Beides hat dieser LGBTIQ-Gesundheitsbericht nämlich jetzt klar festgehalten. So zeigt er zum Beispiel, dass vor allem junge queere Menschen, Personen häufig mit gesundheitlichen Problemen kämpfen und lediglich 60 Prozent der Community ihren Gesundheitszustand als gut oder auch sehr gut einschätzen – im Vergleich zu drei Vierteln der Gesamtbevölkerung –, dass sage und schreibe 50 Prozent der Befragten, jede und jeder Zweite, angaben, im letzten Quartal an Depression gelitten zu haben, und ein gutes Drittel meldete noch obendrauf, von medizinischem Personal bereits Erniedrigung, Demütigung oder Beleidigung erfahren zu haben – ein Drittel!
Es ist klar, dass es da noch ordentlicher Sensibilisierung bedarf, nicht nur gesamtgesellschaftlich – das sollte uns weniger überraschen –, sondern klarerweise auch im Gesundheitsbereich.
Eine besondere Zahl möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten, weil sie mich doch sehr überrascht hat: Ein Drittel der befragten intergeschlechtlichen Personen, also Personen mit Variationen der Geschlechtsmerkmale, gaben an, ohne deren Zustimmung einen medizinischen Eingriff erlitten zu haben. Ein Drittel dieser Personen – das ist eine unglaublich hohe Zahl. Werte Kolleginnen und Kollegen, das darf nicht sein! Das darf im 21. Jahrhundert nicht mehr passieren. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner.)
Angesichts dieser Zahlen bin ich umso beruhigter, dass dank grüner Regierungsbeteiligung und dank der Arbeit all der Kolleginnen und Kollegen, die da unterstützt haben, endlich dieser Bericht entstanden ist. Damit haben wir jetzt schwarz auf weiß vor uns, wie groß hier der Handlungsbedarf noch ist, wie viel wir in diesem Haus noch leisten müssen, um endlich Gleichheit und auch Fairness im Gesundheitsbereich herzustellen, von der Gesellschaft ganz zu schweigen. Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir nämlich keine Ausrede mehr, um das Problem zu ignorieren. Diese Zahlen liegen uns schwarz auf weiß vor, und sie sind schockierend.
Vielleicht wiederhole ich es zur Sicherheit noch einmal, auch für alle hier im Haus, auch für alle Fraktionen: LGBTIQ-Rechte sind keine Nice-to-have- oder keine Minderheitenrechte, kein Mascherl oben drauf, sondern ganz einfach Menschenrechte.
Wer da der Meinung ist, dass diese zweitrangig seien oder dass man da Kompromisse eingehen möchte, dem empfehle ich jetzt, diesen Raum zu verlassen, hinaus vor das Hohe Haus zu gehen und die dort in die Wand gemeißelten Worte noch einmal genau zu lesen, denn das sind die Menschenrechte, und dafür werden wir einstehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner.)
21.33
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte.