11.20

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Weidinger, zur linken Mehrheit im Europäischen Parlament: Die stärkste Fraktion ist die Europäische Volkspartei. (Abg. Kickl: Man muss nicht alles wissen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das brauchen Sie sich aber nicht mehr zu merken, denn damit wird es nach der Wahl eh vorbei sein, Herr Weidinger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Aber die sehen sich selber, glaube ich, ...!)

Worüber wir uns aber wahrscheinlich einig sind, ist Folgendes: Die Europäische Union ist eine Demokratie, ein demokratisches System, und da muss man nicht und braucht man nicht mit allem einverstanden zu sein, das ist vollkommen klar. Mehrheiten beschließen etwas, andere Teile sind dagegen. Da kann ich etwas, das gerade heute aktuell geworden ist, auch ganz klar sagen: Wenn ein Herr Schlegelmilch von der Europäischen Kommission meint, mit dem Mercosur-Abkommen ist es nicht vorbei, dann sage ich ihm eines: Da wird es den massiven Widerstand der europäischen Sozialdemokratie und der SPÖ geben, weil es für uns mit dem Mercosur-Abkommen vorbei ist (Beifall bei der SPÖ), und da brauchen wir keinen Bürokraten aus der Kommission, der erzählt, wie es weitergehen soll.

Wichtig in dieser Debatte ist aber schon, dass klar herausgestrichen wird, welche Haltung man bei europapolitischen Entscheidungen hat. Es geht nicht um Plakate, es geht um das, was man im Europäischen Parlament tut, und da ist schon ganz interessant, welche Position die Freiheitliche Partei dort eigentlich ständig einnimmt. Sie tut nämlich das Gegenteil von dem, was sie immer plakatiert und immer behauptet.

Was ist bei der Frage der Mindestlöhne passiert? Was ist bei Schutz vor Arbeits­losigkeit passiert? Was ist beim gerechtfertigten Schutz von Journalistinnen und Journalisten passiert? Was ist mit dem Recht auf eine gesunde Umwelt, weniger Plastikmüll? Was ist mit der Klimawende? (Zwischenruf der Abg. Steger.) Bei all diesen Themen war die FPÖ im Europäischen Parlament entweder dagegen oder hat sich enthalten. Die FPÖ steht da immer auf der falschen Seite der Geschichte! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie steht nicht für die Menschen, die jeden Tag in der Früh aufstehen und hart arbeiten, sie steht für die Menschen, die ihr Geld für sich arbeiten lassen! Das ist die Politik der FPÖ im Europäischen Parlament. Das wollen Sie mit Ihren Plakaten verschleiern, aber das wird Ihnen nicht gelingen! Nie und nimmer wird Ihnen das gelingen, das sind nämlich Ablenkungen (Abg. Belakowitsch: Genau! Plastiksackerl!), die Sie da versuchen. (Abg. Kassegger: Dinge zu Ende denken!)

Dann reden Sie über Festungen. (Abg. Belakowitsch: O ja! Es geht ...!) Wissen Sie, was noch mit jeder Festung in der Menschheitsgeschichte passiert ist? – Sie ist zu einer Ruine geworden. Es geht aber nicht um Festungen, sondern es geht darum, wie man insgesamt zur Europäischen Union steht, wie man zu diesem Zukunftsprojekt steht, wie man zur Einbindung Österreichs in der Europäischen Union, zu den Auswirkungen unserer Mitgliedschaft steht. Da hat sich eines als ganz klar herausgestellt: Das Einzige, das die FPÖ wirklich möchte – das sie wirklich möchte! –, ist der Austritt Österreichs aus der Europäischen Union.

Dafür treten Sie an: Dafür machen Sie Ihren Wahlkampf, dafür propagieren Sie das, was Sie propagieren – und das wäre schlecht für Österreich. Das wäre schlecht für unseren Arbeitsmarkt, das wäre schlecht für unsere Wirtschaft, das wäre schlecht für die Menschen in Österreich. Das, was Sie vorhaben, dient nicht unserem Lande, das dient Ihren Interessen, von denen heute eh schon geschildert wurde, wo sie herkommen: Das dient einzig und allein Herrn Putin.

Ich kann das belegen: 2016 gab es einen Entschließungsantrag der FPÖ zum EU-Austritts-Volksbegehren. Oder Herr Vilimsky, der da ganz rechts im Eck sitzt (Abg. Kickl: Neben Herrn Karas!), sagt: Es wäre ratsam, ein Referendum über Österreichs Austritt einzuleiten. Oder: „Es war ein fataler Fehler, Teil dieser EU zu werden.“ Oder was sagt Herr Kickl? Na, Herr Kickl, was sagen Sie? (Abg. Kickl: Lesen Sie es vor! – Zwischenruf der Abg. Steger.) Herr Kickl: Es wäre unverant­wortlich, zu sagen, es gibt keinen EU-Austritt. (Abg. Kickl: Das ist ja gescheit! – Abg. Kassegger: Als Möglichkeit! – Abg. Kickl: Das ist ja gescheit! Das ist ja gescheit!)

Das ist das, was Sie wollen. Gebt es einfach zu, seid einfach ehrlich! (Abg. Kickl: Wenn Sie sich das Recht nehmen lassen, dann sollten Sie sich ... setzen und ihr Mandat zurücklegen!)

Einer von euch hat einmal plakatiert: „Einfach ehrlich, einfach Jörg“. Das war damals falsch – heute würde es vielleicht passen –, aber sagen Sie einfach einmal die Wahrheit: Sie wollen, dass Österreich aus der Europäischen Union austritt, und wahrscheinlich wollen Sie auch, dass Österreich dann der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit beitritt. Das habt ihr wahrscheinlich heimlich vor. Weiß jemand, was das ist? – Das ist die neue Sicherheitsorganisation Russlands und seiner Verbündeten. Das ist das, was Sie wirklich wollen. Und sparen Sie sich auch Ihren Neutralitätsschmäh, den nimmt Ihnen nämlich überhaupt niemand ab! Die FPÖ ist nicht neutral, die FPÖ ist auf der Seite Russlands, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Wurm.)

Wir als Sozialdemokraten stellen uns gegen den Rechtsruck und gegen die Spaltung Europas. (Abg. Loacker: Ich glaube, ... 5 Minuten!) Wir treten für ein soziales, demokratisches Europa ein, wir wollen ein gerechtes Europa. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Wir wollen Europapolitik mit Herz und Hirn. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Wieso macht ihr es dann nicht?)

11.26

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte, Herr Abgeordneter.